laut.de-Kritik

Volle Punktzahl für Einsatz und Dynamik.

Review von

Vor rund zwei Jahren holte die Frauengesangsgruppe Laing mit einer Neuauflage von Trude Herrs "Morgens Immer Müde" den zweiten Platz beim "Bundesvision Song Contest". Daran kann man sich noch erinnern. An die paar Wochen Albencharts und gut besuchten Konzerte, die der Überraschungserfolg den Berlinerinnen bescherte, eher nicht mehr. Deswegen kommt "Wechselt Die Beleuchtung", Album Nummer zwei, ebenfalls nicht ohne einen neu interpretierten Schlager aus: "Sei Doch Bitte Wieder Gut" von Heintje.

Das Prinzip greift erneut: Refrain übernehmen und mit augenzwinkernder Strophe versetzen. Die Geschichte, die Laing erzählen, klingt allerdings so, als sei der junge Heintje ins Jahr 2013 gereist und habe sich, inspiriert von Alligatoah, in einem ironischen Blick auf Frau-Mann-Beziehungen versucht, dem es aber im Vergleich an Biss fehlt: "Auf dem Teppich hab' ich Wein verkleckert und allein war ich dabei nicht / mit deinen Freunden geschäkert, das Wachs kommt vom Kerzenlicht, die Miete hab ich nicht überwiesen, das Geld brauchte ich dringend für mich / Ich weiß, ich schuld' dir zwanzig Riesen / Sei doch bitte wieder gut / Weißt du nicht, wie weh es tut, wenn du böse bist auf mich? / Ich bin doch auch nicht böse auf dich."

Vorgetragen im mehrstimmigen Gesang und unterlegt mit ein paar Beats bekommt man hier einen regelrechten Prototyp des Albums vorgeführt. Denn mal abgesehen von der einen oder anderen A-capella-Einlage ("Das Letzte Lied"), Ausflügen in Fivas Hip Hop-Gefilde ("Natascha") oder ruhigen Balladen ("Dein, Deine, Am Deinsten") schlägt "Wechselt Die Beleuchtung" instrumental in die gleiche Kerbe wie "Paradies Naiv": "Electric Ladysound" nennen Laing selbst das: Klatschen, schnörkellose Bässe, stylische Beats, Keyboard, repetitiver Electro-Pop, wo man hinschaut. Die meisten Songs beginnen eher zurückgenommen, beim Refrain darfs dann auch mal quietschen und poltern ("Karneval Der Gefühle").

Obwohl die Platte musikalisch gefährlich nah an der Grenze zur Banalität tanzt: Dank ihren perfekt aufeinander abgestimmten Gesangsmelodien hört man trotzdem gerne hin. Egal ob Kanon, Chor, Hintergrund-Geschuhe oder Lautmalereien wie "Nanananatascha" und "Ich kau kau kau kau Kaugummi Kaugummi" die mal unschuldigen, mal lasziven, mal lässigen Lyrics von Frontfrau Nicola Rost begleiten: Im Bereich Vocalpop gibt es volle Punktzahl für Einsatz und Dynamik.

Die frechen, görenhaften Züge des Debüts sind verblasst, allerdings wanken die Texte, aus denen das Quartett so geschmeidige Ohrwürmer zaubert, zwischen guter Unterhaltung und platter, kitschiger Bildersprache: "Ich schreib' die Regeln der Grammatik in allen Schulbüchern um / ich ergänze die fehlende Steigerungen / Ich bin dein, deine, am deinsten, du bist mein, meiner, am meinsten." ("Dein, Deiner, Am Deinsten")

Spaß macht es dagegen, den Frauen an der Bar zu lauschen, die ein Mensch-Tier-Vergleichssystem entwickeln ("Safari"). Im Anschluss werfen sie mit anatomischen Fachbegriffen um sich, um den im Fitnessstudio optimierten Körpern zu huldigen ("Zeig Deine Muskeln"). Über zunehmend laxe Umgangsformen sinnieren Rost und Co. in "Sagen Sie Sie".

In "Natascha" zeichnen sie das gar nicht so realitätsferne Bild der modernen Großstädterin: "Ich leb' anonym in 'ner großen Stadt, sag' nicht mal den Nachbarn guten Tag / Das hat Mama mir nicht beigebracht, ich weiß gar nicht, wie man das macht / Ich bin schüchtern, werd' nie dazu gehören, ich sehs nüchtern."

"Wechselt Die Beleuchtung", der Albumtitel steht für Nicola Rost für Perspektivenwechsel und Neubewertung. Die große Neupositionierung bleibt allerdings aus. Rein musikalisch verweilen Laing zu oft im belanglosen Electro-Pop, auch wenn die Untermalung dieses Mal weniger aufdringlich ausfällt. Lyrisch haben sie zu Recht einer Ladung Alltagsbeobachtungen und Ironie Platz gemacht, statt es mit berechnender Provokation zu versuchen. Die Entwicklungsrichtung stimmt schon, nächstes Mal sollten sie sich aber vielleicht ein paar größere Schritte von ihrem Debüt wegtrauen. Sonst bleiben die größte Talente Laings visuelle Gestaltung und Performances.

Trackliste

  1. 1. Safari
  2. 2. Zeig Deine Muskeln
  3. 3. Schwächen
  4. 4. Sei Doch Bitte Wieder Gut
  5. 5. Sagen Sie Sie
  6. 6. Wechselt Die Beleuchtung
  7. 7. Natascha
  8. 8. Karneval Der Gefühle
  9. 9. Dein, Deine, Am Deinsten
  10. 10. Punkt Punkt Punkt
  11. 11. Kaugummi
  12. 12. Das Letzte Lied

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