laut.de-Kritik
Energiegeladen und bodenständig. Ein starkes Debüt!
Review von Jens BalkenborgMarkus Nikolaus und Julien Bracht spannen ihre Fans gern auf die Folter. Seit über einem Jahr spuken sie als Lea Porcelain durch die sozialen Medien und füttern ihre Follower mit kleinen Häppchen an. Bereits für die ersten EPs "Similar Familar" und "Out is In" heimste das Duo dermaßen viel Lob ein, dass Gigs im In- und Ausland folgten, Tickets gab es meist nur an der Abendkasse. Das für Ende 2016 versprochene Album erschien dann doch nicht. Stattdessen weitere EPs, darunter eine geniale Coverversion von Bruce Springsteens Evergreen "Streets Of Philadelphia" mit einem sympathischen Video, in dem Bracht und Nikolaus durch die Einöde Arizonas gurken.
Jetzt ist "Hymns To The Night" endlich da. Und das Warten hat sich gelohnt. Mit ihrem satten Sound, in dem immer auch eine Spur Post-Punk à la Joy Division und New Order mitweht, präsentieren die Wahlberliner ein Debüt, das vor Kraft und Emotionen strotzt. Die zwölf Songs, die im denkmalgeschützten Funkhaus in Berlin aufgenommen wurden, zelebrieren die große Geste und kommen doch bodenständig und schnörkellos daher. "Out Is In" öffnet die Tür ins Lea Porcelain-Universum mit seinem wummernden Bass, den Synthie-Arrangements und Nikolaus' halligem Gesang – und damit jener Mixtur, die den Sound der Band ausmacht. Ab da heißt es nur noch: Zuhören und fallen lassen.
Auf dem Debüt warten epische Klanglandschaften wie im zurückhaltenden "Bones" oder dem bittersüßen "Remember". Im minimalistisch-rhythmusbetonten "Loose Life", das Roman Flügel übrigens mit einem wunderbaren Remix geadelt hat, ist Brachts Technovergangenheit deutlich zu hören, in "A Year From Here" entwickelt sich aus zarten Ukulele-Sounds eine breite melancholische Melange. Bei aller Melancholie, die den Songs anhaftet, verliert sich die Platte jedoch nie in der düsteren Nacht, sondern lebt im Halbdunkeln mit Lichtsprenkeln. Ein Highlight ist "Warsaw Street", das mit Brachts Gänsehaut-Bassline und einem sphärischen Synthie-Teppich von der Begegnung zweier Gleichgesinnter in einem Berliner Club erzählt.
Wenn das Duo seine Musik im Interview als atmosphärisch, filmisch und melancholisch beschreibt, trifft das den Nagel auf den Kopf. Filmisch in dem Sinne, dass Bilder im Kopf entstehen und viele Songs auch Filmsoundtrack-Potential haben. Das wutgeladene "The Love" oder die Klangwand von "A Far Away Land" würden einem neuen Film von Xavier Dolan sicher gut stehen. Am Ende wartet mit dem U2-angehauchten "Endlessly" ein Finale, dem man nur zustimmen kann: Einfach weitermachen, bitte!
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