laut.de-Kritik
Soundcloud hat den nächsten Hype startklar.
Review von Yannik GölzInzwischen bewegen sich die Trends der Soundcloud-Rapper in einem derartigen Affenzahn, dass man das Gefühl bekommen möchte, die Musiker selbst wissen schon gar nicht mehr so recht, was gerade eigentlich passiert. Bestes Beispiel Lil Skies: Der sitzt nun mit gerade einmal 19 Jahren etwas verloren im No Jumper-Interview und erzählt, wie Kooperationen mit Cole Bennett und ein paar YouTubern ihm und Landon Cube quasi von heute auf morgen den ganz großen Hype ermöglicht haben.
"Life Of A Dark Rose" kommt auch prompt mit Label-Backing daher, markiert das erste große Mixtape im Aufschwung des Erfolgs und illustriert deutlich, was diesen neuen Lil-Rapper interessant macht: Zeitgenössischer Trap-Sound, hungrig und unverbraucht - und dazu ein charismatischer Protagonist, der nicht nur ein beeindruckendes Gehör für Produktion und griffige Hooks besitzt, sondern im Kontrast zu vielen Kollegen sogar einen ziemlich deutlichen Hang zu klaren Rap-Parts mitbringt.
Nichts Mumble-Rap also, um diesen bescheuerten Kampfbegriff einmal vorwegzunehmen, auch wenn auf den ersten Blick einiges danach aussieht. Die Produktion von Menohbeats, Taz Taylor und einer ganzen Riege Anderer bedient sich nämlich recht ungeniert bei den besten Elementen der zeitgenössischen Trap-Szene. Dominant finden sich die schillernden, neonfarbenen Synthesizer, wie sie prominent bei einem Lil Uzi Vert, Trippie Redd oder vereinzelt auch bei den Migos auftauchen könnten. Angereichert wird das dann noch durch verträumte, analogere Samples, die sich eher in der Spielart der Lil Peeps oder XXXTentacions befänden.
Diese Soundkulisse kann man natürlich am Besten an den beiden Singles "Nowadays" oder "Red Roses" ablesen. Besonders interessant wird die Musik aber auf Tracks wie "Cloudy Skies" oder "Garden" gespielt. Gerade Letzterer kombiniert verschiedene Ästhetik-Pole so problemlos, dass der entstandene Sound gleichzeitig vertraut und doch erfrischend klingt.
"Cloudy Skies" beherbergt dabei eine der interessantesten Vocal-Performances von Lil Skies: Unaufdringlich melodisch, klar intoxicated, aber ohne die Verständlichkeit darunter leiden zu lassen und allen voran überraschend raplastig. Der Trick an "Life Of A Dark Rose" scheint zu sein, dass hier keine großen Innovationen aufgefahren, sondern schlicht die besten Elemente der letzten ein oder zwei Rapjahre nach belieben zusammengesetzt werden.
Und weil der Protagonist sich zumeist um exzentrischere Vocal-Stunts scheut, kommen auch die beiden Gastbeiträge von Sänger Landon Cube jeweils an den genau richtigen Stellen. Logischerweise wurden die beiden dadurch deutlich melodischer und psychedelischer geratenen Nummern "Red Roses" und "Nowadays" dann auch prompt zu Singles auserkoren. Vielleicht ein kleiner Stolperstein für das erste Hören, denn auf keinem anderen Track taucht etwas wie Landon oder ein anderer Gast auf, um aufbrausendere Akzente zu setzen.
Wenn man sich aber erst einmal an Skies' Gangart akklimatisiert hat, funktioniert das Mixtape dank dessen Stimmfarbe und Delivery in Kombination mit den durch die Bank bärenstarken Beats einwandfrei. Titel wie "Welcome To The Rodeo" oder "Big Money" bauen deutlich mehr Tempo auf, als man es von einem Rapper dieser Sparte erwarten würde, Letztgenanntes streut sogar ein Shoutout an God-MC Rakim ein.
Lyrisch gibt es entsprechend seichte und genretypische Kost. An den Hatern scheint er einen Narren gefressen zu haben, denn trotz der durch das Tape dominanten Rosen- und Romantik-Bildsprache scheint jeder Erfolg, jeder Hook-Up und jeder Hitsong nur ein weiterer Streich im nie endenden Feldzug gegen die Zweifler und Neider zu sein. Erst die letzten beiden Titel, insbesondere "Kill4U" zeichnen aus diesem Ausgangsmaterial ein etwas komplexeres Bild von Selbstzweifel, Realitätsflucht und drogeninduzierter Paranoia. Um "Life Of A Dark Rose" somit als lyrisch interessantes Tape zu bezeichnen, ist das natürlich trotzdem zu spät und zu wenig.
Hört man das ganze Ding dann aber am Stück durch, will es das offensichtlich auch gar nicht sein. Lil Skies will mit seinem ersten Mixtape nach dem Hype seinen Platz in der Szene reklamieren, zeigt sich dabei gleichzeitig ein wenig unausgereift, aber wundervoll hungrig und selbstbewusst. Der Sound der kaum bekannten Produzenten kann aus dem Stand mit den Großen mithalten und die Vocals besitzen ebenfalls das gewisse Etwas, das Skies eine so enthusiastische Fanbase eingebracht hat. Und auch wenn "Life Of A Dark Rose" Soundcloud-Rap mitnichten revolutionieren oder großartig voranbringen wird, spielt es doch all dessen Staples in frischen und handwerklich einwandfreien Facetten aus.
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