laut.de-Kritik

Du sollst keine Andere neben ihr haben!

Review von

Ein ausladender Doku-Film über die Queen of Pop mit Blicken hinter die Kulissen von Madonnas Re-Invention Tour, laut Billboard die erfolgreichste Tour 2004. Eingefangen von Jonas Akerlund, der u.a. für Videos von The Prodigy verantwortlich zeichnet (Madonna beweist auch hier ihr Näschen für Style), und als Draufgabe eine Live-CD - die erste der Ciccione überhaupt: "I Am Going To Tell You A Secret" ist ein sauberes Fan-Paket.

Die einzelnen Kapitel der DVD sind nach ausgewählten Tour-Städten benannt, und schon im esoterisch inszenierten Show-Intro (mit orientalisch angehauchtem Beat, zu dem Madonna aus der Offenbarung zitiert) macht die Hauptprotagonistin aus ihrem Glauben an ein Leben nach dem Tod keinen Hehl. Erfrischender wirkt da die Sequenz, die die Ciccione mit ihrem musikalischen Partner in crime, Stuart Price, im Studio bei der Tourplanung zeigt: Plötzlich diskutieren beide über den Glauben.

Stuart gibt dabei den Atheisten, und lustig anzusehen ist in diesem Zusammenhang die Sequenz, die Madonnas Showcrew zeigt, wie sie vor einem Gig den üblichen Kreis bilden, um den gemeinsamen Spirit auf lockere, aber doch religiös angehauchte Weise zu beschwören: Price kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Überhaupt zeichnet die Doku ein äußerst sympathisches Bild von Madonnas wichtigstem Mann: Der entspannte Engländer bleibt geerdet und mit jeder Menge trockenem Humor ausgestattet.

Ansonsten lernt man Madonnas Tanzensemble (zum Showtross gehört auch der Skateboarder Sergie Ventura) kennen, bekommt etwas von der Atmosphäre unmittelbar vor einer Show oder bei der Bandprobe mit. Beim Open-Air in Dublin teilt Madonna die Bühne mit Iggy und seinen Stooges, und die Bilder sprechen für sich: Die spirituelle Queen of Pop, die heute oft über Religion spricht, und einer der Urväter des Rock-Rabaukentums gehen schwerlich zusammen.

Die Doku präsentiert sich so als Zusammenschnitt von spektakulären Show-Ausschnitten, Tour-Vorbereitungen, Backstage-Eindrücken und privaten Szenen. So finden Ehemann Guy Ritchie, Papa Ciccione, der auf seinem Weingut ein wenig aus dem Nähkästchen plaudert, ihr Kabbalah-Lehrer oder Madonnas Nachwuchs ihren Platz. Sogar Michael Moore, der eine ihrer Shows besuchte, darf seine Meinung kundtun. Die Queen of Pop spricht dazu über ihren Werdegang, erzählt Witze und kann am Ende der Tour im Kreis der Ihren die Tränen nicht zurückhalten.

Auch wenn am Ende die Tränendrüse zu stark bemüht wird, ist doch zu konstatieren: Diese Frau, die keine andere Queen of Pop neben sich duldet, hat bei allem typisch amerikanischem Ego doch einen erstaunlichen Weg zurück gelegt bis zum selbstsicheren Weltstar, der sich seit Jahren ganz oben hält.

Nach 200 Millionen verkauften Alben nutzt sie ihre Bekanntheit mittlerweile, um auf ernste Dinge wie Politik und Religion hinzuweisen. Einiges kommt da vielleicht belehrend rüber, dennoch endet die Reise nicht umsonst im Israel, und man nimmt ihr ab, dass sie sich aufrichtig Frieden nicht nur für diese Region wünscht.

Die Live-CD stellt auf alle Fälle einen Gewinn für Madonnas Diskografie dar: eine gut sortierte Setlist in sehr guter Sound-Qualität. Dabei reicht die Bandbreite von elektronisch geprägtem Dance-Sound über Balladen bis zu knallenden Rockern, die Madonnas Karriere-Metamorphosen widerspiegeln und sich zuweilen von den Plattenversionen abheben.

Ausgewählte Hits der Anfangstage ("Like A Prayer" oder "Holiday") schlagen über Nummern aus ihrer vielleicht besten Phase, der Kollabo mit dem Franzosen Mirwais (die Disko-Granate "Music" oder der Bond-Song "Die Another Day") den Bogen zum Jetzt ("I Love New York" in der Rock-Version). Besonders cool grooven die Live-Versionen "American Life" und "Hollywood (Remix)".

Mit diesem Sound zog Madonna zu Recht in die Bücher der Musikgeschichte ein. In Ordnung geht auch die elektrifizierte Coverversion von "Imagine". Price und seine Bandkumpels haben ganze Arbeit geleistet. Kein Wunder, dass der Weltstar stets betont, was er seinem Konzertmeister zu verdanken hat.

Trackliste

DVD

  1. 1. The Documentary

CD

  1. 1. The Beast Within'
  2. 2. Vogue
  3. 3. Nobody Knows Me
  4. 4. American Life
  5. 5. Hollywood (Remix)
  6. 6. Die Another Day
  7. 7. Lament
  8. 8. Like A Prayer
  9. 9. Mother And Father
  10. 10. Imagine
  11. 11. Susan MacLeod/Into The Groove
  12. 12. Music
  13. 13. Holiday
  14. 14. I Love New York

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1 Kommentar

  • Vor 16 Jahren

    hab am wochenende im rahmen von ihrem 50. die doku von der DVD gesehen und alles, was ich dachte, war einerseits, dass diese frau extrem egozentrisch ist. ok wahrscheinlich muss man das sein, wenn man über jahre so erfolgreich ist, andererseits ist es schon crass zu sehen, wie sie sogar zu ihren kindern sowas wie "wer ist die queen?" sagt und die dann antworten "du mami".
    generell glaube ich, dass es grade bei lourdes schäden hinterlassen wird, eine so auf sich bezogenen mutter zu haben, die so vehement die aufmerksamkeit der menschen einfordert.
    möglich ist jedoch auch, dass sie mit diesem klischee in dem film bewusst spielt und das alles, wenn die kameras off sind,weit weniger ausgeprägt ist.
    ich dachte auch, dass sie bei der zusammenstellung sicherlich nichts dem zufall überlassen hat, im bezug darauf, wie sie vor dem publikum wirken will.
    das ist ihr jedoch nicht vorzuwerfen, denn wer würde es anders machen...

    andererseits fand ich den film sehr bewegend und spirituell angehaucht, was ich positiv bewerte.
    und ich fand es super, dass sie ihren tänzern so viel raum und platz gewidmet hat...
    und die bilder waren super...