laut.de-Kritik
Ein Newcomer verschreibt sich dem Eklektizismus.
Review von Maximilian FritzUnkontrolliert wirkende, verzerrte Synths leiten den Titeltrack auf Makeness Debütalbum "Loud Patterns" ein. Erst nach einer Minute finden die organisch stampfenden Drums Unterstützung durch eine eingängige Bassline, ehe Kyle Mollesons kühler Gesang einsetzt. Anflüge einer klar definierten Songstruktur verwirft der Schotte aber schleunigst, rohe und kantige Klänge dominieren den Opener.
Der gibt zugleich die Marschrichtung für den Rest des Albums vor: Experimentelle Passagen halten sich mit Ansätzen von poppigem Songwriting nach dem Vorbild Caribous, deren Album "Swim" als zentrale Inspirationsquelle diente, die Waage. Auch Makeness glockenklare Vocals erinnern des Öfteren an Dan Snaith.
"Fire Behind The Two Louis" verfolgt anschließend eine ähnliche Strategie, Atempausen für den Hörer bleiben Mangelware. Umso mehr überrascht dann "Who Am I To Follow Love", das zu entspanntem Beat und mit den schönen Lyrics von Babeheavens Nancy Andersen ein schwelgerisches Hörerlebnis mit Blick Richtung Sommer bereitet. Im Refrain stimmt Molleson ein und kontrastiert seine Partnerin ausnahmsweise mit dunkler Stimme.
Auf dem Fuß folgt die Hymne des Albums: Der Vorab-Release "Stepping Out Of Sync" vereint so ziemlich alles, was Indie-Pop hörenswert macht: Großartige Synthie-Spuren, einen eingängigen Chorus und einmal mehr eine Singstimme, die sich mit ihrer Höhe perfekt ins Klangbild fügt und die Melodien in den Vordergrund stellt. Erneut drängen sich Parallelen zu Caribou auf, auch die leider aufgelösten Vondelpark lassen sich aber als Vergleichsgröße heranziehen.
"Gold Star" an fünfter Stelle markiert den ersten Track, der mit seinen House-Einflüssen, den traumhaften Hi-Hats, dem merklich angezogenen Tempo und einer Dauer von über fünf Minuten direkt auf den Dancefloor abzielt. Auch das gelingt mit spielerischer Leichtigkeit und erweitert Makeness ohnehin umfangreiches Portfolio.
Der Songtitel "The Bass Rock" offenbart sich als Etikettenschwindel: Tatsächlich verbirgt sich dahinter eine gelungene Experimental-Nummer mit Acid-Referenzen, gehörig Distortion und einer Menge Detailverliebtheit, die erst auf den letzten Metern ein Beat unterstützt. Auch "Day Old Death", ebenfalls im Voraus veröffentlicht, entwickelt sich über die gesamte Laufzeit hinweg und fühlt sich an, als hätte Makeness mehrere Tracks in einen gepackt: E-Gitarren, raue Drum-Patterns und Tempowechsel fesseln bis zum Ende.
"Rough Moss" fokussiert noch einmal den Dancefloor und baut sein Fundament im Grunde auf drei Tönen, was ob der Varianz in den Beatmustern und allerlei elektronischen Ausschmückungen aber kaum auffällt. Die pointierten Klaviertupfer im Uptempo-Stück "Our Embrace" in Verbindung mit der wabernden Bassline erinnern in ihrer Nonchalance an Todd Terje.
Nach dem schwer groovenden, Bläser-gefärbten "14 Drops" beenden die rasselnden Töne eines prozessierten Motorrads im passend benannten "Motorcyle Idling" die eklektische Fahrt durch allerlei Spielarten elektronischer (Tanz)Musik. Techno, House, Pop oder Ansätze von Noise: der Newcomer Makeness lässt kaum Wünsche offen und beweist eindrucksvoll, dass er imstande ist, verschiedenste Genres nicht nur oberflächlich zu bedienen.
Den größten Kritikpunkt des Albums spricht er im Interview gleich selbst an: "Ich tendiere eher dazu, zu viele Sachen reinzupacken als etwas wegzunehmen." In der Tat weisen manche Tracks beinahe zu viele Ausschmückungen auf und laufen Gefahr, das Hörerlebnis zu überladen. Eine Besinnung auf Schlüsselelemente und eine hier und da konsequentere Reduktion hätte sicherlich nicht geschadet. Im Wesentlichen zeugt der Übermut aber nur von einer unbändigen Experimentierfreude, die sich Makeness auch zukünftig unbedingt beibehalten sollte.
1 Kommentar
Geiles Album, passend zur Jahreszeit.