laut.de-Kritik
Der Modezar der Beatles probiert sich als Videokünstler.
Review von Daniel StraubAuf das Auge von Maurice Renoma ist seit mehr als 30 Jahren Verlass. Seit seinen ersten Gehversuchen als Designer im Paris der späten 50er Jahre hat er das menschliche Sehorgan mit seinen Arbeiten immer wieder an seine Grenzen geführt, verinnerlichte Konventionen herausgefordert und extreme Reaktionen provoziert.
Im Alter längst noch nicht müde geworden, entdeckte Maurice Renoma vor einigen Jahren Musikvideos als neue Spielwiese. Zu atmosphärischen Downbeat-Tracks von Fingathing oder Amon Tobin projiziert Renoma seine organischen Bildwelten auf die Mattscheibe.
"Neofusion" betitelt der weltbekannte Meister optischer Genüsse sein Werk, auf dem sich elektronische Musik und digitale Bildkomposition zum gemeinsamen Rendezvous einfinden und sich gleich von Beginn an mehr als nur gegenseitige Sympathie entgegen bringen. Renomas mit allerlei Parametern verfremdete, digitale Bilderwelten präsentieren sich als Entspannung verheißende Angebote an das Auge. Nicht der avantgardistische Bilderstürmer Renoma, in dessen provokante Ideen die Beatles genauso vernarrt waren wie Elton John oder Catherine Deneuve, führt hier die Feder.
Vielmehr weisen die 14 filmischen Skizzen auf "Neofusion" Maurice Renoma als feinsinnigen Ästheten par excellence aus. Ein Vollblutkünstler, der mit einfachen Effekten eine große Wirkung erzielt. Mit besonderer Vorliebe setzt Renoma gängige Verfremdungseffekte wie Zeitlupe, Kontrast, Überblendungen, Loops und Filter ein, die hinter alltäglichen Bildern neue ästhetische Dimensionen erschließen.
Der zappelnden MTV-Clipästhetik setzt Renoma kontemplative Momente entgegen, die ihre Spannung aus dem evolutionären Spiel der Farben und Formen beziehen. Der sanfte Mix ist die Handschrift von Maurice Renoma, nicht der scharfe Cut. Die in den Bildern angelegte Ästhetik findet in Tracks von Downbeat-Produzenten wie dem Brasilianer Amon Tobin oder dem französischen Duo Rouge Rouge seine sanft groovende Entsprechung.
Nach rund 70 Minuten Spielzeit kann eines mit Bestimmtheit gesagt werden: das anfängliche Rendezvous von Bild und Ton hat sich unter den kunstsinnigen Händen von Maurice Renoma in einen knisternden Flirt verwandelt, der Auge und Ohr gleichermaßen Spaß bereitet. Fortsetzung folgt?
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