laut.de-Kritik
Protestsongs, die gegen Hass und Rassismus ankämpfen.
Review von Toni HennigDie Familien-Gospel-Gruppe Staple Singers aus Chicago schwingt sich unter der Leitung von Roebuck 'Pops' Staples Ende der 60er-Jahre zu Stimmen der Bürgerrechtsbewegung auf. Parallel dazu verfolgt die heute 78-Jährige Mavis Staples eine erfolgreiche Solokarriere. Bis 1977 veröffentlicht sie auf Stax, dem Ableger Volt und Curtis Mayfields Label Curtom drei herausragende Soul- und Funk-Scheiben. Sie arbeitet für zwei Platten ("Time Waits For No One" (1989) und "The Voice" (1993)) mit Prince zusammen. Nun erscheint mit "If All I Was Was Black" ihr sechzehntes Studioalbum.
Auf diesem kooperiert sie bereits zum dritten Mal nach "You Are Not Alone" (2010) und "One True Vine" (2013) mit Jeff Tweedy von Wilco. Diesmal hat der Musiker die gesamte Platte komponiert und produziert und sieben von zehn Tracks im Alleingang geschrieben. Seine hervorragenden Qualitäten als Singer/Songwriter stellt er etwa in "Ain't No Doubt About It" unter Beweis. Man hört den 50-Jährigen in diesem Stück auch singen. Der Opener "Little Bit" lebt wiederum von seinem bluesigen Spiel an der Gitarre. Die Nummern klingen daher erdig und bodenständig. Die Stimme und die Botschaften der Amerikanerin stehen so im Mittelpunkt der Scheibe.
Vor einem halben Jahrhundert prägten sich die "Message Songs" oder Protestsongs der Staple Singers tief in das Bewusstsein der afroamerikanischen Bevölkerung in den USA ein. Nach einer Begegnung mit Martin Luther King hatte schlug die Gruppe textlich sozialkritischere Töne an. Bis zu seinem Tod war King mit 'Pops' Staples eng befreundet. Angesichts der zunehmenden Polizeigewalt und den Ereignissen in Charlottesville braucht man also wieder klare und einfache Slogans. Die liefert Mavis Staples mit ihren tiefreligiös verwurzelten Tracks über den unerschütterlichen Glauben an das Gute in der Welt.
Dabei lassen sich ihre Worte nicht falsch verstehen. Es geht ihr um Zusammenhalt und Respekt. "We go high, when they go low", heißt es in "We Go High". Diese Zeilen entlehnt sie einer Rede Michelle Obamas während der Democratic National Convention 2016. In "If All I Was Was Black", das bemerkenswerteste Stück auf dieser Platte, resümiert sie zum Schluss: "I'ts time for more love." Zusätzlich geht dieser Song energetisch und geradlinig nach vorne. Die perkussiven Rhythmen von Jeffs Bruder Spencer Tweedy erinnern darüber hinaus an die frühen Aufnahmen von Curtis Mayfield zu Beginn der 70er-Jahre. Für beide Nummern steuerte die 78-Jährige gemeinsam mit Jeff die Lyrics bei. Demgegenüber kehrt mit den restlichen Tracks ein wenig Ruhe in das Klangbild ein.
So nimmt man in "Peaceful Dream" akustische Folk- und Country-Töne wahr, während die Stimme von Mavis Staples Milde und Gelassenheit ausstrahlt. In "No Time For Crying", das sie ebenfalls mitverfasst hat, wiederholt sie zu staubtrockenen Blues-Sounds: "We've got what to do." Schließlich sterben Menschen auf den Straßen. "Build A Bridge" könnte mit der Falsettbegleitung der Backgroundsänger- und sängerinnen von Prince stammen.
Man findet hier so gut wie alles, wofür man die Chicagoerin schätzt. Das Rad erfindet sie sicherlich nicht neu, aber dafür erweist sich diese Scheibe als äußerst kompakt und rund. Weiterhin verfügt ihr Gospel-Gesang nach wie vor über sehr viel Leidenschaft und Kraft.
Im Grunde hat Mavis Staples mit "If All I Was Was Black" als eine der am längsten aktivsten Musikerinnen aller Zeiten noch eine ganze Menge zu sagen. So lange soziale Missstände und Ungerechtigkeiten existieren, erhebt sie ihre ausdrucksstarke und einzigartige Stimme, die sie als Gottesgeschenk begreift. Sie betont in den Texten, dass man Hass und Rassismus nur mit Selbstakzeptanz und Liebe überwinden kann. Daran hegt man nach dem Hören dieser Platte überhaupt keinen Zweifel mehr.
1 Kommentar
Ich brauche gar nicht rein zu hören um zu wissen das es wieder grandios ist. Auch das letzte Album wieder blind gekauft und nicht enttäuscht worden. Mehr Soul und Blues geht nicht. Sie ist real.