laut.de-Kritik

Erfolgreich wider den Neosoul-Fluch.

Review von

Acht Jahre nahm sich der in den Neunzigern als Soul-Offenbarung gefeierte Maxwell eine Auszeit. Selbstfindung statt Rampenlicht, Erwachsenwerden ohne auf die Bühne fliegende Höschen, ohne ihm zu Füßen liegenden Jungfrauen und ohne den Druck einer Öffentlichkeit, die den sensiblen Sänger stets zu etwas machen wollte, das er nicht war. Der Neo-Soul-Fluch traf Maxwell damals genauso hart wie D'Angelo und Lauryn Hill. Nun gelingt ihm als erstem nach dieser langen Zeit, den Fluch zu brechen.

Seine Rückkehr geht der New Yorker gleich hochmotiviert an. "BLACKsummers'night" ist der erste Teil einer Trilogie, die mit "BlackSUMMERS'night" (2010) und "Blacksummers'NIGHT" (2011) komplettiert werden soll. Und auch wenn die Titelauswahl viel Luft für Interpretation lässt, passt die Losung zumindest zum ersten Teil. "BLACKsummers'night" ist eine angenehme Sommerbrise schwarzer Musiktradition: Soul in Reinform, Soul, wie er im Jahr 2009 qualitativ gut und generationsübergreifend ansprechend sein sollte.

Von der synthetischen bzw. stur traditionell gehaltenen Realität des kontemporären Soul hat "BLACKsummers'night" wenig bis gar nichts. In Maxwells Welt hätte es keinen edlen Ritter Jay-Z gebraucht, um dem schrecklichen AutoTune-Tyrann die blecherne Kehle zu durchtrennen. Dennoch hat sich Maxwell auch nicht den Zeichen der Zeit angepasst und es sich im Federbett der Retro-Soul-Clique um Mark Ronson, Amy Winehouse und Sharon Jones bequem gemacht. Für T-Pain bleibt Maxwell in seinem Sound-Kosmos zu rückwärtsgewandt, für die Dap Kingsche Soul-Sause fehlt dem Sänger der Groove und der Schweiß auf der Stirn.

"BLACKsummers'night" ist also mit Sicherheit nicht das Beste, was der Soul jemals Post-Motown gehört hat. Die kurzen 38 Minuten sind aber mit Sicherheit das Beste, was der Soul Post-Michael Jackson für längere Zeit hören wird. Dafür sorgt ein ohne Zweifel überdurchschnittlich talentierter Sänger, der ein ebenso talentiertes Team um sich geschert hat.

Die Arrangements stammen allesamt aus der Feder Maxwells und seines Produktionsteams Musze, mit dem er bereits vor seiner langen Pause zusammenarbeitete. Gemeinsam mit einer zehnköpfigen Band wurden die neun Songs der Platte eingespielt, was Maxwell die Möglichkeit gab, eine breite musikalische Palette mit höchstem organischen Anspruch zu produzieren.

Das Album hat alles: von der klassischen Hammond-Orgel-trifft-weiche-Bläser-Schmuserei "Bad Habits" über das Tempo-variierende Popstück "Help Somebody" und den in wunderbar verträumtes Glockenspiel gebetteten Lovesong "Pretty Wings"; von der akustischen Gitarre bis zum von einem heulenden Sax getragenen Herzschmerz-Schinken gibt es hier all die Zutaten, die man sich von einem erstehenswerten Soul-Album der Gegenwart erwarten kann.

Maxwells Falsett ist durchgehend so butterweich, das es, wenn nicht für Frieden auf der Welt, dann doch zumindest für einen Waffenstillstand zwischen Werder Bremen und dem HSV sorgen könnte. In seinem musikalisch zwar nicht weltbewegenden Opener "Bad Habits" zeigt sich der Songwriter Maxwell außerdem sogleich von seiner besten Seite: "Lady, make me queasy / Don't speak no sound / I want you to prove it to me in the nude."

Außerdem beweist der New Yorker, dass er aus seinen Fehlern gelernt hat. Von der inhaltlichen Komplexität seines Zweitwerks "Embrya" ist nichts mehr zu spüren, Songs heißen jetzt "Pretty Wings" und nicht "Submerge: Til We Become the Sun" und bewegen sich in klaren und eingängigen Strukturen. Diese Einfachheit hat ab und an aber auch seinen Preis.

So fordert Maxwell etwa auf dem sonst einwandfrei von Funk-Gitarren und Stax-Bläsern getragenen "Cold" die Songwriter-Geister unnötig heraus, wenn er die Dame des Herzens mit Greenpeace-Poesie betören will: "Global Warming ain't got nothing on this chick, she's not to play with." Dies bleibt einer der wenigen Ausrutscher auf einem etwas kurzem, jedoch grundsoliden Gesamtkunstwerk eines Ausnahme-Künstlers.

Trackliste

  1. 1. Bad Habits
  2. 2. Cold
  3. 3. Pretty Wings
  4. 4. Help Somebody
  5. 5. Stop The World
  6. 6. Love You
  7. 7. Fistful Of Tears
  8. 8. Playing Possum
  9. 9. Phoenix Rise

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