laut.de-Kritik

Wenn Geräusche-Macher den Pop entdecken ...

Review von

Die einen werden hinter vorgehaltener Hand und wider Willen gerne als die Großväter des Grungerock beweihräuchert. Der andere darf sich zu Gute halten, mit seinen frühen Releases das menschliche Ohr bis an die Grenzen seiner Belastungsfähigkeit gereizt zu haben. So viel zur Vergangenheit der Melvins einerseits und Brian Lustmord andererseits. Wie die beiden Bands ihre Gegenwart sehen, geben sie auf "Pigs Of The Roman Empire" zu erkennen.

Als Plattform für ein Release, das experimentelle Klänge per se mit sich führt, stellte Mike Patton sein Label Ipecac sicherlich gerne zur Verfügung. Schließlich zeigte er sich kürzlich im Interview mit Kollege Dobler als äußerst firm, was Industrial-Bands der frühen Stunde angeht. Namen wie Nurse With Wound oder SPK gingen dem Ex-Faith No More-Sänger ganz selbstverständlich über die Lippen. Es wird also nicht viel Überzeugungsarbeit nötig gewesen sein, um "Pigs Of The Roman Empire" auf Ipecac unterzubringen.

Zwar preist die der CD beiliegende Presse-Info "Pigs Of The Roman Empire" als das zugänglichste Melvins-Album seit langem an ("listener friendly"). Ein Popalbum sollte dennoch niemand erwarten, der den Silberling in seinem CD-Player verschwinden lässt. Die ersten Minuten freilich geben sich noch zahm. Dunkles Ambient-Noise-Sounddesign, wie es für Brian Lustmord seit seinem Longplayer "Paradise Disowned" zum Charakteristikum wurde, reicht den Zuhörern zu Beginn freundlich die Hand. Die Melvins dürfen sich noch entspannt zurücklehnen.

Das ändert sich freilich mit dem zweiten Track "The Bloated Pope", bei dem die Melvins schwere Gitarrenakkorde und harte Drums in die Wagschale werfen. Zusätzliche Unterstützung holt sich die Melvins Saitenfraktion für "Pigs Of The Roman Empire" von Tool-Gitarristen Adam Jones. Über das dichte und rhythmische Soundpaket röhrt Mastermind und Frontmann King Buzzo mit kehliger Stimme seine Vocals. Die Vorstellungsrunde ist somit beendet. Wir behalten im Hinterkopf: Lustmord kreiert dunkel Klanglandschaften. Die Melvins rocken mit traditionellem Instrumentarium schwermütig.

Spannend wird "Pigs Of The Roman Empire" in der Folge, wenn die Melvins und Lustmord gemeinsam jammen und sich elektronische Sounds, Gitarre, Bass und Schlagzeug den Ball wechselseitig zuspielen. Am Ende darf gerne mal ein 17-Minuten Stück stehen, wie im Falle des dynamischen Titeltracks.

Nach mehr als einer Stunde unstressiger Geräuschkultur à la Melvins und Lustmord ist die anfängliche Skepsis gewichen. "Pigs Of The Roman Empire" bleibt als Longplayer in Erinnerung, der zwei gänzlich verschiedene musikalische Arbeitsweisen auf fruchtbare Weise vereint.

Trackliste

  1. 1. III
  2. 2. The Bloated Pope
  3. 3. Toadi Acceleratio
  4. 4. Pigs Of The Roman Empire
  5. 5. Pink Bat
  6. 6. Zzzz Best
  7. 7. Safety Third
  8. 8. Idolatrous Apostate
  9. 9. Untitled + Hidden Track

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