22. März 2012

"Ist ja kein Heroin. Sind nur Texte"

Interview geführt von

Schein und Sein sind in der Musikwelt bekanntlich nicht immer eins. Die Maske wird in vielerlei Formen vor den Gesichtern hergetragen. MoTrip - wohl einer der wenigen Romantiker unter den Rappern - hat schnell kapiert: im Rapgame ist es leider nicht wie im Krankenhaus - der mit dem größten Schaden kommt nicht automatisch als erster dran.Dennoch mischt MoTrip schon lange ganz oben mit. Er war auf Alben von Rap-Kapazitäten wie Savas, Samy, Sido und Fler, bevor er sein eigenes Debüt releast hat. Lange hat er seinen "Embryo" mit sich herumgetragen, hat ihn pausenlos genährt und beschützt und nun endlich rausgelassen in das unterirdische Labyrinth der Musikwelt. Der steht er skeptisch gegenüber, findet sich aber trotzdem wunderbar darin zurecht.

Samstag Nachmittag im Backstage in München. Nach und nach trudeln auch die letzten Rapper zum Soundcheck ein. Manche hängen schon seit Stunden vor der Bühne, im Catering oder den jedem Künstler zugeteilten Zimmern rum. Der ein oder andere ist auch noch ein wenig angeschlagen vom Abend zuvor - ein Großteil der Acts war ja bereits Freitag in Berlin auf der Juice Jam vertreten. Das Damenklo im Backstage-Bereich ist Ewigkeiten besetzt, weil sich dort die einzige Dusche befindet. Es ist überall noch wahnsinnig kalt - was sich ein paar Stunden später schlagartig ändern wird, wenn die ersten Zuschauer vor der Bühne aus den Latschen kippen.

Richtig schön warm ist es nur direkt vor dem Kamin in MoTrips Zimmerchen, das er sich mit Kumpel RAF 3.0. und Konsorten für den heutigen Abend teilt. Der gutgelaunte "erste Kanacke mit Grips" sagt uns, was er von "Camp-Denken" hält, warum Texte verteilen nicht dasselbe ist wie Heroin und was ihn von anderen unterscheidet: "Du musst nicht an mich glauben, denn ich bin echt." Vor Interviewbeginn muss er aber erstmal überzeugt werden, dass wir uns NICHT kennen:

Wir kennen uns doch ...

Nee.

Doch doch - wir kennen uns irgendwoher.

(Eine Vermutung, die postwendend auch auf die nachfolgende Reporterin ausgedehnt wird)

Aber die kenn ich doch, oder? Ich unterstell hier grad allen, dass ich sie kenne ...

(Wir sitzen auf Ledersofas, dunkelrot getünchte Wände, hüsches Grünzeug und ein Feuerchen, in das man während dem Interview kucken kann.
)

Romantisch hier.

Ja - voll cool mit Kamin. Rauchst du?

Ich bin in Versuchung bei dem ganzen Rumgehänge, nur für heute wieder anzufangen.

Nein nein nein ... lass es. Mein Bruder hat auch aufgehört vor zwei Jahren und weil ich jetzt die neuen Luckys ohne Zusätze rauche, sieht er sie und meint so: Mann, die sehen so lecker und gesund aus, ich möchte eine! Aber ich hab ihm keine gegeben - das sollte man nicht ... Also von mir kriegste keine (lacht).

Okay - wir fangen jetzt mal an, ja? "Embryo" - wie fühlt es sich an, das erste eigene Baby?

Gesund - Gott sei Dank. Ob Junge oder Mädchen ist ja egal. Hauptsache gesund.

Waren die Wehen anstrengend?

Jaaa. Es war ein anstrengender Weg, aber das Ergebnis lohnt sich, finde ich. Zahlt sich gerade aus. Ich krieg nur positive Kritiken, und das ist alles, was ich wollte.

Warum "Embryo"?

Das hat echt mehrere Gründe. Ich fand den Namen schön. Ich kann das Album so mit mir in Verbindung bringen wie ein kleines Baby, das ich mit mir rumtragen und vor äußeren Umständen beschützen und irgendwann doch rauslassen muss. Und nebenbei ist auf dem Song "Embryo" noch so 'ne kleine private Geschichte, die sich mit dem Thema befasst. Das waren alles so Gründe, warum ich mein Album so genannt hab.

Auf kaum einen anderen Rapper kann sich Deutschland momentan so gut einigen wie auf dich. Wie erklärst du dir diesen Konsens? Worin liegt dein Zauber?

Angesagt sind ja viele gerade - da bin ich nicht der einzige. Aber was mich von den anderen unterscheidet, ist: ich versteck mich hinter keiner Fassade oder Maske. Damit mein ich jetzt nicht den einen Rapper, der 'ne Maske trägt ... Aber ich geb mich so wie ich bin. Früher wurde mir immer gesagt, ich brauche ein Image und solle nicht über mein Leben reflektierend rappen. Mein Image ist inzwischen geworden, einfach ich zu sein, mein Ding zu machen - ja auch mit den Künstlern zu arbeiten, mit denen ich will. Das haben ja vorher auch noch nicht viele gemacht. Vorher gab's ja immer dieses Camp-Denken. Ich hab das einfach gebrochen. Wenn die Leute cool zu mir sind ... - eigentlich haben die sich ja alle auch nicht viel getan und das ist ein großer Kindergarten ... - dann arbeite ich einfach, mit wem ich will. Und das unterscheidet mich. Ich bin immer offen, sage immer meine Meinung. Auch in Interviews geh ich immer unvorbereitet einfach mit meinem Bauchgefühl rein. Ich glaube, dass das der große Unterschied ist, gar nicht so die Musik.

Du kommst mit vielen verschiedenen Leuten klar, was man eigentlich für eine Stärke halten sollte. Der Juice hast du aber gesagt, du glaubst, das ist eher eine Schwäche. Warum?

Hab ich gesagt, das ist 'ne Schwäche?

Ja. Im Interview mit Alex ...

Hmm - das müsste ich jetzt noch mal im Zusammenhang sehen. Dann könnt ich das vielleicht besser erklären. Um mal so aus dem Bauch raus zu antworten: früher mit meiner ersten Crew KDS - das waren Savas' kleiner Bruder Sinan und Dimi und Igor und Hübel, Hussein, und ich - alles Berliner außer Dimi und mir - wir waren Krieger der Sonne. Da ist damals was geboren worden in mir, was ich nicht mehr ablegen wollte. Ich wollte Teil von dieser Sache sein, ich wollte mit Savas auf die Bühne, ich wollte nur in diesem Team funktionieren und deswegen sag ich das vielleicht so. Eigentlich hatte ich nie vor, erstmal ganz Deutschland zu bereisen, bevor ich mein Ding mache, aber das hat sich halt dann so entwickelt ... Eigentlich: hau mich dafür! Eigentlich war das ja das Beste, was mir passieren konnte. Ich hab meinen Namen bekannt gemacht, hab mich selber gefunden, indem ich mit verschiedenen Leuten gearbeitet hab – ich weiß echt nicht, warum ich das als Schwäche ausgelegt hab.

Naja, wenn man allen Leuten gegenüber so offen ist, kann man ja auch oft mal auf die Fresse fallen. Vielleicht hast du's so gemeint?

Stimmt. Aber da muss ich mich selber wieder ausbremsen. Sagen wir mal so: wenn du deine Schwäche nach außen trägst, kann zumindest keiner mehr kommen und dich angreifen. Du hast sicher "8 Mile" gesehen: Eminem sagt gleich mal was los ist, somit kann er nicht mehr ausgeschaltet werden. Dann ist es fast schon wieder 'ne Stärke. Aber der einzige Punkt, den ich da finde, ist: Leuten wie Sentence oder auch Manuellsen - der war auch in vielen Camps - ich halte die beide für übertalentiert, aber denen wurde das irgendwie negativ angerechnet. Da war das Verrat und so. Das könnte man als negativ auslegen, aber auf so was achte ich eigentlich eh nicht – ich mach's eh trotzdem! Deshalb weiß ich wirklich nicht, was ich da geraucht habe, vor dem Juice-Interview (Gelächter).

Du genießt als einer der wenigen Künstler den Respekt von Rappern aus verschiedenen Lagern - Savas, Samy, Fler, Sido, Marsimoto etc. Oft ist das ja gleichzeitig auch verbunden mit persönlicher Zuneigung.

Das ist unterschiedlich. Das unterscheidet sich von Künstler zu Künstler. Der eine hat das nur mit mir gemacht, weil wir so cool klar kamen, der andere wusste gar nicht, wie ich bin, hat nur 'n Part von mir gehört. Ohne jetzt Namen nennen zu wollen ... Wieder ein anderer hat businessmäsig was davon, indem er mit mir abhängt. Das ist wirklich ganz verschieden. Ich hab auf meiner Reise wirklich jeden anders kennengelernt. Es sind mittlerweile auch Freunde dabei - wirklich - wo ich sagen kann: Ey, ich hab Freunde gefunden in diesem Game. Aber das gilt nicht für alle, mit denen ich zusammengearbeitet habe.

Pick da doch mal die drei oder vier für dich wichtigsten raus und sag mir, was die dir mitgegeben haben auf deiner Reise.

Also, unabhängig von meinem Bruder, der eh von Anfang an bei mir war: Joka - das is eh der Allercoolste von allen, einer von den Freunden, die ich gefunden habe in diesem Game. Dann auf jeden Fall auch Silla - diese Connection war unbezahlbar. Ich kann's nich auf drei beschränken ... Auf jeden Fall auch RAF und Marsi - das is alles nur aus Liebe! Und ehrlich gesagt muss ich da auch Samy rein nehmen. Samy is ... - ah nee nich Liebe. Der hatte nur 'n Part von mir gehört. Vito - also das ist unser gemeinsamer DJ - der hat mich mal eines Nachts gefilmt, wie ich irgendwas in die Kamera rappe und das Samy gezeigt und der meinte: "Cool, hol den mal ins Studio!" Der kannte mich gar nicht. Da war das z.B. nicht so, dass der dachte: hey, der is vielleicht nett. Wir haben das dann erst im Nachhinein gesehen, dass wir uns sehr gut verstehen ...

(Ohrenbetäubender Lärm vom Soundcheck her unterbricht uns. Trip schreit jemandem an der Tür zu:)

Ey, kannst mal die Tür zumachen?!

(Ruhe.)

Cool - danke. Ja - ist bei jedem anders. Silla, Joka, RAF - die Jungs haben mich auf jeden Fall von Anfang an so behandelt, wie jetzt und das find ich super.

Du musstest ja in der Albumproduktion jetzt leider auch die Erfahrung machen, von einigen Leuten hängengelassen zu werden. Wenn es nach dir gegangen wäre, wäre dein Album ja voll mit Features. Es hätten einige Leute die Chance gehabt, auf dein Album zu kommen, haben dir teilweise auch fest zugesagt und dich dann in letzter Minute hängenlassen.

Genau. "Hängenlassen" ist ein bisschen zu negativ, aber bei dem ein oder anderen muss man halt echt sagen "hängenlassen". Aber das kann man auch wieder nicht alles über einen Kamm scheren. Jeder hatte seinen anderen Grund. Ich habe tatsächlich mit Samy, Savas, Sido und Fler mal drüber geredet vorher. Mit jedem gab es was anderes, warum es nicht entstanden ist. Ich versteh das im Nachhinein und akzeptiere das wie's ist, obwohl das auf jeden Fall von ein bis zwei Personen "hängenlassen" ist. Keine Ahnung ... ich will das auch gar nich ausweiten und gar nich haten und gar nich: 'Ey, warum macht ihr's nich?' Sondern: ich lern daraus, ich zieh meine Schlüsse und ich mache ja noch weitere Alben. Ich bin kein nachtragender Mensch und geb jedem 'ne zweite Chance. Und ich werd dann sehen, ob es nur Zufall war, weil es zeitlich grad nicht gepasst hat oder ob das der ein oder andere gar nicht will, weil er mich eigentlich gar nicht mag oder feiert, weißt du?

Du bist da jetzt also noch nicht total desillusioniert? Das Ganze bedeutet für dich jetzt keinen Knick in der Beziehung zu den jeweiligen Leuten?

Da mach ich wieder meine Theorie Schwäche-Stärke. Ich hab ein viel krasseres Album dadurch, dass es nicht mit Superstars überladen ist, wobei ich Superstars jetzt gar nich kritisieren will - alle da draußen heute (zeigt zur Tür) sind für mich Superstars. Aber ja - ich glaube, es ist im Endeffekt sogar besser so.

Willst du über die Gründe reden, die die Leute angegeben haben, warum sie nicht aufs Album wollten oder konnten?

Ich kann's dir sagen: der eine war auf Tour, der andere is gerade auf eins gechartet und - weiß ich nich - hatte keine Zeit für mich, der andere war im Urlaub und mit dem letzten hatte ich gerade nich so 'ne coole Beziehung ... da kann man sich das jetzt wahrscheinlich zusammenreimen.

"Das, was ich der Menge ins Gesicht schreie, will ich auch meinen und sagen können."

Im Zusammenhang mit dir wird gerade immer dieses "Rap über Rap" verwendet. Du schreibst viel über das Schreiben. Wie schreibst du selber eigentlich? Wie gehst du das an?

Scheiße - ich hab da nie so die schlagende Antwort. Immer anders! Mal schreib ich im Zug aufm iPhone, mal im Kopf, wenn ich kein Blatt hab, oder neulich hab ich erst wieder einen schönen Stift geschenkt bekommen, dann zelebrier' ich das richtig - das Schreiben, nehm mir einen schön sauberen Block und 'n Stift und schreibe los. Aber das ist ehrlich gesagt nur noch ganz selten so. Aber immer anders, ey! Also die Ideen kommen - ich kucke gerade diesen Kühlschrank an und lese "Freepower", obwohl ich ein Interview geb, und da hab ich jetzt schon ein paar Reime gesucht eben.

Und, was Cooles gefunden?

(Gelächter.)

Nee, leider nix Cooles.

(Noch mal Gelächter.)

Aber das ist immer so. Das ist so eine kleine Krankheit. Schreiben tust du als Rapper, der gerade aktiv seine Sachen macht, IMMER. Du bist immer im Kopf aktiv am Rechnen.

Also die Reime fliegen dir zu und du setzt dich da ran, ohne vorher ein Thema zu haben?

Ja - das Thema seh ich immer erst am Ende.

(Fängt an zu rappen:)

'Dabei denk ich mir die Reime nich aus, meine Reime kommen zu mir und schreien: Trip, bitte schreibe mich auf!' So ähnlich isses wirklich!

(lacht.)

Und du rhymst ohne Beat?

Ja oft ... Ich mag deine Fragen. Du bist ja voll krass. (lacht.)

Warum?

Keine Ahnung (lacht) ... für 'ne Frau so ... is gut – wirklich!
... ja - oft ohne Beat. Im Zug hast du nicht immer grad den Beat, den du beschreiben musst, aber dann musst du nur so machen - man sieht's grad nich, aber ich nicke ... So ... Wenn du einen Takt hast, kannste ja schreiben. Wenn du's einmal gemacht hast, einmal verstanden hast, kannst du immer ohne Beat schreiben.

Ich hab mal irgendwo 'ne Doku über dich gesehen - weiß selber aber nich mehr, was das war ...

Wild Dragon - auf 16bars.

Ah ja - genau. Und da hast du gesagt: wenn du dich hinsetzt zum Schreiben, stellst du dir vor, was du der Menge sagen willst. Fand ich interessant. Meinst du das machen viele Rapper so?

Nein. Ich weiß, dass es die wenigsten so machen. Kuck ma: es gibt viele Reime, die cool klingen, aber mit denen du jemandem, wenn du ihm das sagst, nichts Gutes sagst. Ich will nicht sagen, dass ich immer predigen muss, aber es gibt halt Sachen, die rapp' ich nich, egal wie cool sie klingen - nur, weil ich das halt nicht sagen will. Ich setz' mich hin und stelle mir die Menge vor, die vor der Bühne steht - wenn ich das aufnehme und die Leute das da draußen hören, kann es mir fast egal sein - die sehen mich dabei nicht. Aber die Sachen, die ich der Menge ins Gesicht schreie, will ich auch meinen und sagen können. Das ist mir voll wichtig. Deswegen denke ich mir immer - erstens: Will ich das gesagt kriegen? Und zweitens: Wie kann man das aufnehmen? Aber erst, nachdem ich's geschrieben hab. Manchmal schreibe ich dann wie gesagt was, das klingt voll cool, aber dann merke ich: nee nee, das willst du nicht rappen. Das kommt voll oft vor.

Was ich auch interessant fand: du bezeichnest dich in erster Linie als Lyriker und nicht als Rapper. Du bist unter anderem durch den "Erlkönig" in der Schule zum Rappen gekommen?

(Lacht.)

Ich hab den dabei! Kannste nachher noch was drauf reimen, wenn wir noch Zeit haben ...

Können wir gern machen - das is mein Lieblingsgedicht.

Da das ja unser erstes Interview mit dir ist, erzähl doch noch mal, wie du eigentlich zum Rappen gekommen bist.

Also mein großer Bruder, El Moussaoui, der auch rappt, hat damals, als ich ungefähr zwölf/dreizehn Jahre alt war, am Computer Texte geschrieben - damals noch auf Englisch. Ich hab ihm dabei immer von hinten über die Schulter geschaut, konnte die Texte immer schnell auswendig und hab ihn gebackt, während er gerappt hat. Er meinte: "Krass! Mach doch deine eigenen!" Das hab ich dann gemacht und die fand er dann so krass, dass er mich zu 'nem Freund von ihm geschickt hat, wo ich aufnehmen konnte. Ich glaube, wenn er das nicht gemacht hätte, hätt ich nie angefangen.

Aber dann kamen diverse Alben. Dann kamen Jadakiss and Styles - die fand ich sehr krass. Obwohl die Amerikaner waren und ich nichts verstanden hab, fand ich's voll cool, was die machen. Dann kam Savas und ich hab's auch noch verstanden. Und dann war alles vorbei! Dann fand ich's richtig krass und wollt's nur noch machen. Und dann kam eins zum anderen: Ich kam auf ein paar Alben von Savas drauf, lernte Joka kennen, lernte Silla kennen, lernte Fler kennen, lernte Samy kennen, lernte Sido kennen. Das sind immer nur Parts gewesen, die ich irgendwo hinterlassen habe. "Embryo" ist jetzt mein erster eigener Schritt, mein erstes eigenes Release. Ausschlaggebend für die Bekanntheit war dann sicher noch die Cover my Song-Sendung auf VOX: da hab ich gemerkt, wie am nächsten Tag Facebook und die Industrie durchgedreht sind - daran kannste das ja ein bisschen messen. Das war ein ausschlaggebender Tag. Und ansonsten hatte ich vorallem auch ein gutes Team um mich rum.

Du kannst gut mit Sprache umgehen. Dein Vater hat auch schon Gedichte geschrieben im Libanon, stand deiner Rapkarriere aber immer eher kritisch gegenüber. Konntest du ihn inzwischen überzeugen?

Auf jeden - jetzt ist er nich mehr so kritisch. Ey - ganz kurz: die Tablette, die ich da für meinen Hals im Mund hab, die macht voll den Film. Also wunder dich nich ...

Für die Stimme?

Mhmm - die löst sich nur ganz schwer auf. Wird auch schon besser, aber der ganze Mund ist taub ... Wie auch immer ... ich konnte meine Eltern, Gott sei Dank, mit der Zeit davon überzeugen, dass das kein Spaß ist, sondern das Rappen wirklich meine Berufung ist. Ich will das machen! Nichts bereitet mir ansatzweise so viel Spaß. Und ich hab auch noch Erfolg und krieg' Leute, die mir zuhören. Mein Vater sieht das ja auch - der ist ja auch nich auf den Kopf gefallen. Damals hat er mir immer nur gesagt: mach nebenbei was anderes. Er sah das halt als Hobby, hat das nicht ernst genommen, dass daraus was werden kann. Das kann ich ihm auch nich negativ anrechnen - würde ich als Vater wahrscheinlich auch ...

Was macht dein Vater denn beruflich? Ist der Akademiker?

Nee - das wär ja schön! Deswegen wollte er wahrscheinlich auch unbedingt, dass ich studiere. Er war alles schon. Mein Vater hat uns aus dem Krieg gerettet, war in der Gastronomie ... alles, was du dir vorstellen kannst ... Autohändler 'ne Zeit lang ... hat alles mal durchgemacht. Im Libanon war er eigentlich Taxifahrer, aber du kannst dir vorstellen: im Bombenhagel im Taxi - da willste einfach nur weg. Er hat uns Gott sei Dank ganz schnell nach Deutschland gebracht. Heutzutage steht er der Sache jedenfalls nicht mehr so kritisch gegenüber wie damals – dadurch geht's mir auch sehr viel besser.

Und Rap als Kunstform - versteht er das? Man kann ja Rap eigentlich schon als Lyrik unserer Zeit sehen ...

Definitiv! Schön. Ich seh's genauso. Und ich hasse es, wenn's nich so gesehen wird! Ich will uns jetzt nicht mit Goethe vergleichen, aber wir sind die, was die damals gemacht haben! Wer geht denn intensiver mit Sprache um? Ich meine, es gibt noch Poetry-Sessions - ich will da auch keinen anderen ausschließen - aber Rapper sind da am Start! Und da fallen ein paar Leute auf, finde ich, die unfassbare Talente haben und für die ich mir wünsche, dass in 200 Jahren über sie gesprochen wird!

Mein Vater schreibt ja selber Gedichte und deshalb versteht er das schon, aber dieses "auf hektischen Beats" und warum man das jetzt so laut rappen muss - weiß ich jetzt nicht, ob das so sein Geschmack ist. Er schreibt wirklich Gedichte mit Reimen, mit Sinn, mit Inhalt - das hab ich erst spät erfahren, wusste ich in meiner Kindheit gar nicht. Ich habe das erst erfahren, als ich schon gerappt hab. Er hat da so 'ne kleine Tasche mit vielen Dingern und ab und zu packt er da welche aus und liest mir was vor. Ich versteh nicht mal alles, weil es auf Hocharabisch ist - das is noch mal anders als Arabisch - richtig edel, aber wenn er mir das dann übersetzt krieg ich regelmäßig 'ne Gänsehaut. Also mein Vater hat's mir vererbt wahrscheinlich.

Du bist - glaubt man deinen Aussagen zum Thema - ja wahnsinnig produktiv. 20 Songs pro Monat wären auf jeden Fall drin, hast du gesagt ...

Auf jeden. Das ist die absolute Wahrheit.

Du sagst aber auch, dass so lange nichts rauskam, weil dir deine eigenen Sachen schnell nicht mehr gefallen. Hast du Angst, es könne dir mit deinem Album auch so gehen? Oder geht dir das teilweise sogar schon jetzt so?

Es ist nicht mehr wie beim ersten Mal hören. Aber ich habe das ja jetzt erst abgegeben, weil ich jetzt die Songs beisammen habe, wo ich sage: die kannst du hören! Verstehst du? Sonst wäre es ja wahrscheinlich echt gelogen, wenn das einer behaupten würde. Ich hab wirklich Unmengen an Zeugen dafür - du kannst von Savas bis Ercandize bis Fler bis Silla bis Joka jeden fragen: ich hab ganze Mixtapes aufgenommen, die nicht rauskamen. Ich hab bei Ercandize im Studio ein komplettes Mixtape aufgenommen, dann kam so 'ne OP in meinem Kopf - damit war echt nicht zu spaßen - und dadurch war ich sechs bis acht Wochen komplett weg.

Wie: du hattest 'ne OP IM Kopf?

Ja. Ich hatte so 'ne Stirnhöhlen-Scheiße, musste durch die Nase im Kopf operiert werden. Meine Stimme hat sich sogar krass verändert - wirklich 50Cent mäßig! Ich hab ganze Mixtapes nich rausgebracht. Ercandize kann das bezeugen, Silla kennt hundert Songs von mir, die nicht das Tageslicht erblickt haben und warum sollte ich lügen? Lieber würde ich die doch raushauen. Ist auch wieder 'ne Schwäche, denn die sind ja nicht alle auf dem Niveau, das ich vertreten kann. Aber das Gute, das daraus resultiert, ist: ich hab immer Lyrics parat. Wenn einer sagt: ey, ich brauch hier 'n Part oder kannste nich hier mal rappen - ich bin immer am Start. Ich könnt dir jetzt drei Stunden was vorrappen, was du noch nicht kennst. Es ist aber wirklich so: ich bin schnell unzufrieden und selber mein größter Kritiker.

Dein Leben ist jetzt kein Alptraum mehr?

Es ist nicht mehr so, nein.

Dein Kindheitstraum ist aber trotzdem noch nicht so ganz erfüllt, du bist noch nicht so ganz angekommen ...

Ja klar nich. Obwohl: ein Teil war immer, 'ne CD im Geschäft zu haben. Das war immer so das, was ich mir als Kind bzw. als ich angefangen habe zu rappen gewünscht hab: Geil - irgendwann hab ich vielleicht mal 'n Album, das man kaufen kann! Das hab ich mir jetzt natürlich erfüllt. Aber im Endeffekt bin ich ja noch nicht da angekommen, wo ich wollte. Mir hören immer noch nicht genug Leute zu. Es gibt in meinen Augen noch zu viele Leute, die falschen moralischen Sachen zuhören. Also da gibt es echt noch viel zu erreichen. Ich hab noch nicht meine eigene Tour gespielt, das Album ist grad mal 'ne Woche draußen. Es wäre schon dreist von mir, zu behaupten, ich wäre angekommen. Aber natürlich lebe ich Teile meines Kindheitstraumes und es fühlt sich sehr gut an. Und ich bin stolz - wirklich! Das hätt' ich mir nicht träumen lassen, bis hier hin zu kommen! Ich wäre schon echt mit viel weniger zufrieden gewesen. Ich hätte meine CD auch selber über so 'n kleines Ding ... das wär alles auch in Ordnung gewesen. So groß hab ich mir das nie vorgestellt. Deshalb: ich feier, dass es so ist, aber es ist halt noch nicht alles. Und auf "Alptraum" rapp' ich ja nicht nur, dass es mit dem Rappen nich läuft - Freunde werden dadurch ja nicht ehrlicher. Es ist ja sogar eher noch schwieriger, das alles unter einen Hut zu bringen. Deswegen ist das noch nicht komplett vorbei, aber was mein Leben angeht, ist es nun komplett kein Alptraum mehr.

Der Rapszene stehst du ja auch etwas kritisch gegenüber. Wie unterscheidet sich denn die Realität von deinen früheren Idealvorstellungen?

Ich dachte früher, dass es ein bisschen wie im Krankenhaus abläuft. Der mit dem größten Schaden kommt als erster dran. Oder? Weißt du, wie ich das mein? Wenn du jetzt in die Musikwelt kommst, ist es absolut nicht so, dass der mit dem größten Talent auch durchkommt, weil es fair wäre, weil er was Gutes vermittelt ... Sondern es hängt an vielen anderen Sachen. Ich hätte niemals gedacht, dass so Sachen wie "Von wem ist der Beat?" oder "Können wir den featuren?" so viele tricky Häckchen hinten hat - ey bitte nich dieses "tricky" drucken! Das is gar nich mein Wortschatz ...

(kurzes Gelächter)

Trip, ich druck das auch nur, damit die ganze Welt das nun weiß!

Das hängt tatsächlich alles von so vielen anderen Sachen ab als von der Musik und das stört mich halt. Und da mach ich keinen Künstler für verantwortlich - auch nicht den einen Industriemenschen, sondern es ist halt einfach so. Es hat sich so eingefädelt und viele Leute machen nur noch Sachen, die das Business erlaubt und gar nicht mehr das, was die Musik will. Warum ich vielleicht auch nich so viele Songs raushaue: ich schreib zwar viel, aber so viel kann man ja gar nich zu sagen haben - 20 Songs lang. D.h. 15 Songs davon sind dann alles erfundene Battletracks - das ist dann gar nicht damit aufzuwiegen. Es gibt so viele, die das Wahre haben und nicht zu Schein kommen und so viele, die scheinen durch Businesskontakte! Das ist einfach etwas, dem ich sehr kritisch gegenüber stehe.

Da bist du aber auch der Meinung, dass das mit ein bisschen an uns Medienfuzis liegt, nä? Dass wir Stars kreieren, indem wir z.B. Leute interviewen, die es in deinen Augen nicht verdient haben und andere unter den Tisch fallen lassen, die das mehr verdient hätten.

Also erstmal - ganz ohne Schleim - muss ich vorwegnehmen: nicht nur. Also: ihr seid an gar nix schuld. Ich glaube nicht, dass ihr Künstler unterdrücken würdet - das macht ihr nicht. Ihr kennt sie dann halt einfach noch nicht und kennt euch dann höchstens in meinen Augen nicht genug mit der Materie aus und solltet sie kennen, aber das ist kein Kritikpunkt. Ich find aber: ihr habt definitiv die Macht, mitzuformen. Wenn laut.de fünf Kronen vergibt und sechs mal über mich berichtet, sehen mich mehr Leute und dann stehen die Chancen besser - darüber müssen wir ja nicht diskutieren. Ob ich dann angenommen werde, ist dann immer noch was anderes, aber das ist einfach so: ihr habt die Macht - auch.

Hier ist jetzt deine Chance, wieder mal dein soziales Engagement unter Beweis zu stellen: wen (von den in deinen Augen verkannten Rappern) soll ich in der nächsten Zeit unbedingt mal interviewen?

Ja - ich finde, da gibt es schon so ein paar. Ich verstehe z.B. nicht, warum Ali A$ in den Medien nicht so oft vorkommt - das ist einer der krassesten Rapper, die ich kenne! Dann interview doch bitte mal Ali A$!

Kann ich mich mal drum kümmern.

(Lacht): Cool.

"Ich war Teamer - das ist der, von dem alle wissen: der wird nicht unsere Kasse klauen!"

Jetzt würd ich gern noch mit dir über den Punkt "Ghostwriting" sprechen. Als ich erfahren hab, dass du als Ghostwriter für einen oder mehrere Rapper tätig bist ... – einen oder mehrere?

Könnt Ihr jetzt nich sehen, aber: darf er nich sagen!

... da war ich, ehrlich gesagt, ziemlich überrascht, weil ich finde, dass das, was du transportierst schon eine sehr romantische Idealvorstellung von Rap ist.

Mhmm stimmt. Das passt ja mal gar nich, nä?

Ja, genau, das find ich eben auch. Du legst in deinen Texten so viel Wert auf Ehrlichkeit und trägst dieses "Geh den geraden Weg!" auf deiner Fahne vor dir her. Da hat aber Ghostwriting meiner Meinung nach absolut gar nichts von. Wie kriegst du das unter einen Hut?

Ich red mich da echt gar nich raus oder stehle mich da aus der Affäre. Also ... ich muss ganz kurz mal ausholen dann: ich sag z.B. ja auch, dass ich Sachen von Leuten feiern kann, obwohl ich weiß, das die keine wirklichen 500 Kilo Koks transportiert haben, aber wenn's cool klingt und die das cool rüberbringen, kann ich's feiern. Okay Ghostwriting ist jetzt ein bisschen was anderes, aber das gibt's halt auch. Schau mal: die Sachen, die ich schreibe und die überschüssig sind - das war ja das, was ich vorhin meinte - davon gibt's dann 'ne Menge Material und bevor das verrottet - ganz ehrlich - kann's auch ein anderer rappen. Dann gibt's noch diesen Heroindealer-Gedanken: wenn ich's nich mache, macht es jemand anderes.

Na, der is aber wack.

Ich weiß, ich weiß - sehr wack! Ich sag dir nur mal alle Möglichkeiten: Wenn ich's nich mache, macht's jemand anderes und mit Staiger kam ich letztlich im Interview auch zu dem Schluss, dass es wahrscheinlich tatsächlich so ist: wenn ich es mache und nicht jemand anderes, kann ich das vielleicht möglicherweise noch ein bisschen positiv lenken. Kuck ma - das ist ja kein Heroin, was ich verteile, sondern Texte und wenn du mal darauf achtest, dann sind die Menschen, die diese Texte von mir bekommen haben, danach nie härter oder assozialer, sondern positiver ...

Aber ...

... warte! Ich will mich wenigstens rechtfertigen dafür - ich stehl mich nicht aus der Affäre, aber ich will mich wenigstens rechtfertigen für! (lacht.) Ich selber würde mir nie schreiben lassen - so viel vorweg – weil ich auch glaube, dass keiner das so machen könnte, dass ich zufrieden bin. Das schaff ich ja selber nich ... Und wenn jemand damit einig ist, er selber nichts hat – wenn so jemand zu dir kommt und sagt: "Ey, kuck ma: ich bin der. Ich brauch Texte von dir. Du bist so krass." Und der gibt dir auch noch Geld dafür - ganz ehrlich: dann machst du's. Und ich hab's auf jeden Fall gemacht - da will ich mich nich rausreden.

Findest du es denn nicht schlimm, dass es so was im Rap überhaupt gibt? Das is für mich so der Hauptpunkt, dass du damit was unterstützt, was eigentlich - meiner Meinung nach - zumindest im Rap wirklich gar nichts zu suchen hat. Im Pop ist das ja gang und gäbe...

Darauf wollte ich gerade hinaus: dir ist schon bewusst, dass die ganze Musikwelt so ist?

Jaja.

Dass da so getriggert wird: wir brauchen einen Song, der soundso klingt, und dann schicken 70 Leute einen Song und die picken sich einen?

Ja klar, ich weiß ... Vielleicht hab ich da auch noch eine zu idealistische Vorstellung von Rap.

Ja - sehr romantisch! Nee - ich seh's ja genauso und 99 Prozent der Rapper sehen es auch so - da muss ich uns Rapper mal in Schutz nehmen. Naja: oder 90 Prozent - ich kenn ja nich alle. Aber viele, mit denen ich spreche, sagen das auch und ich hör das nicht zum ersten Mal dieses 'Wie kriegst du das unter einen Hut, wo du doch genau für das Gegenteil stehst?' Aber ... es ist schwer zu sagen. Wenn du nichts hast und dir was geboten wird dafür – das fühlt sich sogar gut an! Ich hatte sogar das Gefühl, dass es cool war.

Ja?

Ja. Ehrlich gesagt, hab ich gedacht: cool - du kannst damit ihm helfen, dir selber helfen und wahrscheinlich sogar die Musik in ein bisschen bessere Bahnen lenken. Das ist mein absoluter Ernst. Ich schreib auch keinen Song, hinter dem ich moralisch nicht stehen kann. Falls das jetzt nicht meine Schiene ist, er z.B. sagen würde: "Ich habe 500 Kilo Koks verkauft.", dann schreib ich ihm das - ich find da viele Reime drauf. Ich hab schon so viele Lyrics geschrieben, gesehen: nee - willste nich rappen, Auftrag gekommen: hier mein Text! Und der wird mit Kusshand genommen! Ob das zu fördern ist, ob das gut ist - das steht echt auf 'nem anderen Blatt. Da bin ich jetzt nicht stolz drauf. Aber ich hab's gemacht und fand's damals auch irgendwie richtig.

Okay. Und du hast also nicht das Gefühl, dich da irgendwie verkauft zu haben?

(Lacht.) Boah - das haste jetzt aber schön in 'nem Nebensatz nochma ...

(Gelächter)

Naja - ich find schon: Du verkaufst einen Teil von dir für etwas, was du eigentlich selber nicht gut heißt.

Nö - wenn ich das so raushau, ist das gar kein Teil von mir.

Der Text ist dann wirklich nur für diesen Rapper?

Die Texte, die ich vergebe und die schon fertig sind, sind vielleicht ein Teil von mir, aber wenn ich den Auftrag bekomme: schreibe etwas über diesen Turnschuh hier, dann ist das kein Teil von mir, dann mach ich mir 'n Witz draus und schreib und am Ende wird das genommen. Aber ja – ist schon krass! So offen habe ich darüber bisher auch noch nicht geredet. Jeder, der es richtig findet, soll mich aber auch weiterhin anschreiben und fragen: "Ey, kannst du mir helfen?" Und dann kuck ich auch von Fall zu Fall, ob das was für mich ist. Ich mach's halt auch gerne. Es macht VOLL Spaß! Ich schwör's dir! Es macht unheimlich Spaß, Leuten was zu schreiben! Keine Ahnung, da kann ich nix für ...

(Kurze Pause.)

Aber nein: ich hab NICHT das Gefühl, ich hab mich verkauft!

(Gelächter.)

Okay - weiter mit deinen Zukunftsplänen. Du hättest gern eine Rapcrew - warum?

In der Gruppe macht's Spaß - da kommen wir wieder darauf zurück. In der Gruppe zu schreiben, macht so viel Spaß! Ein Album zusammen zu machen, ist was anderes als ein Album alleine machen zu müssen, zusammen auf Tour zu gehen, ist was anderes als alleine auf Tour zu gehen – einfach, weil ich so ein Mensch bin. Weil ich das mag, brauche. Und ich find's cool! Ich habe viele talentierte Freunde und ich finde, wenn der richtige Zeitpunkt kommt, muss das auf jeden Fall auch gepusht werden.

Und du willst Politiker werden und alle Ausländer zum Deutschlernen zwingen ...

Aaah - das klingt so scheiße ey. Ich will nicht Politiker werden, sondern ich würde mich sehr gern engagieren, wenn ich irgendwo helfen kann. So bin ich von Natur aus. Ich war früher im Jugendzentrum immer schon Teamer - das ist der, von dem alle wissen: der wird nicht unsere Kasse klauen! Ich bin so aufgefallen. Ich war auch Klassensprecher in der Schule, so in der achten/neunten - dazu stehe ich! Ich war schon immer so und so werd ich auch bleiben. Ich will trotzdem kein Politiker werden und auch keinen zum Deutschreden zwingen - ich sag euch nur allen da draußen: wenn ihr in Deutschland lebt, geht's euch wesentlich besser, wenn ihr die Sprache beherrscht! Ist ja ganz klar ... lacht.

Und jetzt noch Erlkönig?

(Trip fängt schon an zu rezitieren:)

"Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind!" Jo - pack ma aus! Was soll ich jetzt machen? Da drauf reimen?

Jo - ich les einen Vers und du machst 'n Reim drauf, o.k.?

(Motrip sitzt vornüber gebeugt nickend auf dem Sofa in Startposition:)

O.k. ... O.k. ... Du sagst den ersten Satz und ich such 'n Reim drauf.

Dass alles, was nun folgt, von einer Menge Gelächter begleitet ist, versteht sich wohl von selbst

"Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?"

Es ist so dunkel, pass auf, sonst macht der Ast dich blind!

"Er hat den Knaben wohl im Arm ..."

Ich hoffe, er hält ihn einfach nur warm.

"Warm" steht da auch schon!

Ok. Er hat den Knaben wohl im Arm – fürn Auto sollte er noch Kohle sparn.

"Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?"

Warte, bitte warte!!! Mach noch mal! Mach noch mal den Letzten!

"Er hat den Knaben wohl im Arm ..."

Was sein Auto angeht, sollte er noch Kohle sparn!

"Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?"

Du hältst mich nich warm, das is schon lang deine Pflicht!

"Den Erlenkönig mit Kron' und Schweif ..."

Mit Kron' und Schweif?

Mhmm steht da. Ah - bisschen blöd, weil ich jetzt immer einen auslass' ...

Das is kein Problem. Mach nochma.

"Den Erlenkönig mit Kron' und Schweif ..."

Ich hoffe, es liegt nicht an mir und er is einfach so nur steif.

Schallendes Gelächter.

"Du liebes Kind, komm geh mit mir! Gar schöne Spiele spiel' ich mit dir."

Auf welchen willst du denn jetzt 'n Reim? Auf "geh mit mir" oder "spiel ich mit dir"?

Egal - das kannst du dir aussuchen.

(Lacht.) Oh Gott! Geh mit mir ... am Abend trinken wir 'n Jägerbier.

Okay, gut wir müssen jetzt mal ...

Das wars? Nein bitte, wir können noch nicht aufhören! Du brauchst noch 'n Coolen!

Okay: "manch bunte Blumen ..." Komm du kannst dir einen aussuchen.

Manch bunte Blumen sind an dem Strand ...

Ich dachte, du hast damit früher eine ganze Klasse unterhalten?!

(Lacht. Liest dann:) "Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind, in dürren Blättern säuselt der Wind."

Ey - es reicht! Fickt euch alle! Gelächter.
Scheiß drauf! Nimm nur die Coolen!

Also das "Fickt Euch alle!" ...

Das muss nich da rein, oder?

Na klar!

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