laut.de-Kritik
Chelsea Wolfe und Jess Gowrie wühlen im Dreck.
Review von Manuel BergerEs schwelte schon seit "Hiss Spun". Kurz nachdem Chelsea Wolfe dieses monumentale Album mit Jess Gowrie am Schlagzeug eingehämmert hatte, sammelten die beiden Ideen für ihr nächstes gemeinsames Projekt. Jetzt siecht das Ergebnis – Mrs. Piss – im verdreckten Entbindungssaal und konfrontiert auf "Self-Surgery" mit Wut, Schmerz, Frustration und schamloser Direktheit.
Die gemeinsame musikalische Vergangenheit von Wolfe und Gowrie reicht zurück bis Mitte der 00er-Jahre. Damals gründeten die beiden in Sacramento die kurzlebige, zwischen Grunge und Post Hardcore pendelnde Band Red Host. Erst danach begann Wolfe ihre bis heute andauernde Solokarriere. Gowrie spielte seitdem in verschiedenen härteren Formationen, etwa I'm Dirty Too, Happy Fangs und Horseneck. 2017 fanden sie für "Hiss Spun" erneut zusammen und bündelten ihre unterschiedlichen Fähigkeiten. Geschah das allerdings noch unter Wolfes Federführung, agieren sie nun bei Mrs. Piss als gleichberechtigte Projektpartner.
Sieht man "Hiss Spun" als Startpunkt der kreativen Reise, liegt "Self-Surgary" in genau entgegengesetzter Richtung zum jüngsten, wieder dezenter instrumentierten Wolfe-Album "Birth Of Violence". Wolfe opfert ihre sonst fest zum Repertoire gehörende Folkiness gnadenlos Gowries Hardcore- und Sludge-Erfahrung und präsentiert sich so angriffslustig wie nie zuvor. Aus gutem Grund klingt das vierzigsekündige Intro "To Crawl Inside" wie eine Drohung. "I'm bathing in the filth of the world", keucht die Sängerin vor viszeraler Noise-Kulisse, die Gowrie in groben Strichen mit dröhnendem Bass, Störgeräuschen und bedrohlichen War Drums zeichnet.
Mrs. Piss' Stücke sind kurz, kompromisslos auf den Punkt gespielt. "Wir versuchten, die Songs beim Schreiben nicht zu überdenken, arbeiteten aber gleichzeitig sehr bewusst und mit Nachdruck an einer eigenen, weirden sonischen Vision", erklärt das Duo. Man hört der Musik die unverkrampfte Herangehensweise an. Rohe, spontane Energie speist die Punkriffs von "Downer Surrounded By Uppers", "Nobody Wants To Party With Us" und "M.B.O.T.W.O.". Übersteuerte Screams, in Distortion erstickende Gitarren und chaotisches Schlagzeug stilisieren "You Took Everything" zum Höllenritt. Die Eruptionen des Titeltracks erinnern leicht an Brutus, der harsche Sound dagegen eher an Mantar. Mit den Bremern eint Mrs. Piss auch die Vorliebe für schleppende Doom-Einschübe ("Knelt").
Zu etwas Besonderem macht Mrs. Piss vor allem die Kombination aus dem beschriebenen, räudigen Unterbau und Chelsea Wolfes Stimme. Natürlich passt die Amerikanerin ihre Vocals dem für sie ungewohnten Setting an, performt direkter, aggressiver. Doch sie behält dabei ihre typische Mystik und melancholische, vokalreiche Melodiösität. So gewinnen die schroffen Abrisse eine zusätzliche, irgendwie anmutige Ebene.
Nach etwa 20 Minuten beenden Wolfe und Gowrie "Self-Surgery" mit einem Mission Statement: "Yeah, in the shit / I'm sacrosanct / I'm Mrs. Piss". Mrs. Piss' Erstling ist ein klaffender, finsterer Abgrund und wird wohl so schnell nicht mehr geschlossen – weder von angefixten Hörern noch von seinen beiden Schöpfern. Die planen nämlich bereits, das Duo zum Kollektiv auszubauen und für künftige Alben weitere Musikerinnen einzubinden. Labelkolleginnen wie Kristin Hayter (Lingua Ignota) und Emma Ruth Rundle könnten Mrs. Piss sicher spannende Facetten hinzufügen ...
5 Kommentare mit 15 Antworten
Dieser Kommentar wurde vor 4 Jahren durch den Autor entfernt.
Da sind die Buxen bestimmt schon feucht in Konstanz.
Para, Souli und Anwalt nudeln schon seit Sonnenaufgang im Zirkel.
Die Menstruationstassen stehen schon bereit.
Freue mich auch schon wieder auf den unausweichlichen Sermon vom professionellen Doc.
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...damit auch bloß keiner denkt, irgendwer könnte hier besser im Dreck wühlen und dabei schmutziger werden als ihr! Und boah! Seid ihr so gut im Kacke schmeißen, ganz toll, dürft euch gerne noch weiter gegenseitig den Popo tätscheln dafür!
Naja, im RL-Dreck wühlen kannst Du besser, hast Du ja schon überdeutlich bewiesen.
Mir fehlt jetzt aber noch ein bisschen die psychologische Analyse unserer Spatzenhirne, denn dafür bist du Kraft Deiner Profession ja bekannt und geschätzt!
Tja, als adipöser Sozialversicherungsfachangestellter in Leitungsfunktion o.ä. bleibst du uns solche Kunststückchen ja erfahrungsgemäß schuldig und verlegst dich eher stumpf auf dein gleichbleibendes Beleidigungsrepertoire. Natürlich nur, weil deine Rolle hier es erfordert, nicht etwa, weil du irgendeinen produktiveren Beitrag gar nicht zu leisten im Stande wärst, sollte allen klar sein. Spätestens mit dem Rücken zur Wand und der Klinge am Hals dürfen wir dann alle wieder dein kleinlautes Gewimmer erwarten, dass das deinerseits doch alles gar nicht so gemeint ist und du auch nur versuchst, durch die Show hier deiner wenig erfüllenden Büroexistenz einen Hauch von aufregendem Rebellentum zu verleihen
Ah jetzt geht es mir besser. Ein bisschen Stabilität tut in diesen unsicheren Zeiten einfach gut.
Weiß ich doch, Biewele. Gern geschehen.
Obacht Souli, pseudologische Spe(c)kulationen führen in finstere Gassen weit abseits seriöser Wissenschaft und werden mit Ächtung seitens des honorösen Teils der hiesigen Community gestraft. Ich bitte um Einhalt, ansonsten wirst du dich bald gegenüber dem Schwert der Rechtgläubigen rechtfertigen müssen. Ich habe 2 Augen auf dich.
Molti, please...
Ganz im Gegensatz zur unerlaubten Schaffung einer Klonarmee zum einzigen Zweck der Knechtung einer unbescholtenen Community - laut Statuten der Ältesten ist nämlich lediglich den Altvorderen ein einziger, stets zustimmender Zweitaccount gestattet - gilt Cold Reading in diesen heiligen Hallen als höchst ehrenhafte Disziplin und völlig legitime Methode der Diffamierung des Gegenübers.
Dieser Kommentar wurde entfernt.
ich check nix
Chelsea natürlich nach wie vor eine Göttin, die einfach immer 5 Sterne bekommen sollte!
Aber diesmal ein Stern Abzug aufgrund der Namenswahl!
Ontopic RT. Geht gar nicht klar. Musik für die Sebastian Edathys dieser Welt.
Wenn sie nicht so sehr nach ekligem Neofolk klingt, ist die gute Chelsea wirklich gut. Gute Platte, die ich auch gut finde.
Gut.
Ja. Dinge, die nicht so gut sind, sollte man nicht bei dieser schon ziemlich guten Platte besser nicht suchen.