laut.de-Kritik

Zarte Klänge vom Boysetsfire-Sänger.

Review von

Für sein Livealbum hat sich Nathan Gray, Frontmann von Boysetsfire, einiges vorgenommen. Während der Europatour schnitt er im Mai vergangenen Jahres zwei Gigs in der Ringkirche Wiesbaden sowie einer Tropfsteinhöhle in Iserlohn mit. Intime Abende - dazu passend tritt Gray mit spartanischer Besetzung auf.

Begleitet wird er einzig von Gitarrist Ben Christo (zeitweise bei The Sisters Of Mercy) sowie der Cellistin Isabelle Klemt, die bereits mit The Notwist auftrat. Die Locations sorgen für ein beeindruckendes Klangbild: Man hört die Songs förmlich durch den Raum schwirren. Die hohen Decken der Ringkirche erzeugen einen allumfassenden Hall, während die Dechenhöhle in Iserlohn den Songs einen verhalteneren, dumpferen Klang verleiht.

Das alles steht Gray hervorragend und verleiht den reduzierten Songs eine gewisse feierliche Atmosphäre. Und dennoch fühlt man sich ziemlich überfordert mit diesem Mammutpaket: 66 Tracks umfasst die Platte - zwei komplette Livesets inklusive aller Ansagen. Die Reihenfolge der Songs variiert dabei aber kaum, sodass man sich fragen kann, warum nicht einfach ein Zusammenschnitt beider Performances auf einer Scheibe genügt hätte.

Natürlich wird Nathan so den unterschiedlichen Bedingungen beider Locations besser gerecht. Dennoch geht die Rechnung nicht ganz auf: Die Begleitung klingt zuweilen relativ dünn, das Cello geistert wenig greifbar im Hintergrund, die beiden Gitarren füllen den Raum nicht wirklich. Eine Ausnahme bildet etwa "Last Ride", das mit einem Upbeat endlich ein bisschen Dampf macht.

In dem Überangebot stechen nur wenige Songs wirklich hervor. Bei "Walk" hallt Grays Stimme erst endlos lange durch die Luft, bis Isabelle Klemt behutsam einsteigt. Das sind die Gänsehaut-Momente, von denen man gerne mehr gehabt hätte. Ebenfalls großartig: "Burn Away". Man muss Nathan Gray nicht lieben, aber niemand kann behaupten, dass dieser Mann nicht eine verdammt schöne Stimme hat.

Wer sein Soloalbum "Feral Hymns" kennt, gerät dennoch ins Grübeln, warum er sich nun diese Livescheibe zulegen muss. Alle Song sind dort bereits vertreten. Eine Neuinterpretation findet sich nicht, nur das Cello sorgt für etwas Abwechslung. Und selbst die wenigen Boysetsfire-Songs, die Nathan anstimmt, wirken vergleichsweise kraftlos. Während "Across Five Years" auf dem BSF-Album "After The Eulogy" (2000) ein echter Banger ist, bekommt man hier eher die Vibes von einer dieser Parties, bei denen irgendjemand ungefragt zur Gitarre greift.

Zudem gibt es nach jedem (!) Song großzügige, teils zwei bis dreiminütige Ansagen des Hauptprotagonisten. Fairerweise muss man sagen: In diesen stecken richtig gute Messages, etwa wenn Gray von Selbstzweifeln, Alkoholproblemen und Hass in der Gesellschaft redet. Es sind wichtige Themen, und man darf es ihm hoch anrechnen, dass er vor großem Publikum über sehr persönliche Themen Auskunft gibt: Aber muss wirklich auf jeden Song eine längere Rede folgen?

Als echter Fan kann man sich das Livealbum, das auf CD und Vinyl erscheint, auf jeden Fall ins Regal stellen. Und vielleicht muss man am Ende auch einfach selbst dabei gewesen sein, um die besondere Atmosphäre der Konzerte richtig nachzuvollziehen. Noch näher kommt man Gray übrigens auf der beigefügten DVD, die beide Gigs dokumentiert. Rein akustisch wirkt das ganze Unterfangen aber etwas anstrengend.

Trackliste

Live In Wiesbaden

  1. 1. As The Waves Crash Down
  2. 2. Lullaby
  3. 3. Invocation 01
  4. 4. Walk
  5. 5. Invocation 02
  6. 6. Burn Away
  7. 7. Invocation 03
  8. 8. Light & Love
  9. 9. Invocation 04
  10. 10. Fall From Grace
  11. 11. Invocation 05
  12. 12. Echoes
  13. 13. Invocation 06
  14. 14. Ebbing Of The Tide
  15. 15. Invocation 07
  16. 16. Leap Year Of Faith
  17. 17. Invocation 08
  18. 18. Damascus
  19. 19. Invocation 09
  20. 20. Walk Astray
  21. 21. Invocation 10
  22. 22. Wayward Ghosts
  23. 23. Invocation 11
  24. 24. Dark Fire
  25. 25. Invocation 12
  26. 26. Last Ride
  27. 27. Invocation 13
  28. 28. Across Five Years
  29. 29. Invocation 14
  30. 30. Blue Hearts & Shades Of grey
  31. 31. Invocation 15
  32. 32. Phone Call (4AM)
  33. 33. Invocation 16
  34. 34. My Life In The Knife Trade
  35. 35. Invocation 17
  36. 36. Alone

Live In Iserlohn

  1. 1. As The Waves Crash Down
  2. 2. Lullaby
  3. 3. Invocation 01
  4. 4. Walk
  5. 5. Invocation 02
  6. 6. Burn Away
  7. 7. Invocation 03
  8. 8. Light & Love
  9. 9. Invocation 04
  10. 10. Fall From Grace
  11. 11. Invocation 05
  12. 12. Echoes
  13. 13. Invocation 06
  14. 14. Ebbing Of The Tide
  15. 15. Invocation 07
  16. 16. Leap Year Of Faith
  17. 17. Invocation 08
  18. 18. Damascus
  19. 19. Invocation 09
  20. 20. Last Ride
  21. 21. Invocation 10
  22. 22. Across Five Years
  23. 23. Invocation 11
  24. 24. Blue Hearts & Shades Of grey
  25. 25. Invocation 12
  26. 26. My Life In The Knife Trade
  27. 27. Invocation 13
  28. 28. Alone
  29. 29. Invocation 14
  30. 30. Phone Call (4AM)

DVD

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