Völlig losgelöst im Sonderzug Gusseisen-Elektro, ein Hardröckchen, 99 Luftballons, Radiojingle-Punk und das Album finden, das "Thriller" entthront hat? Ja!
Konstanz (laut) - Niemand sollte jemals behaupten, Musik könne nichts verändern. Udo Lindenberg hat längst das Gegenteil bewiesen. Anfang 1983 beklagte er noch, im Gegensatz zu den ganzen anderen Schlageraffen nicht in der Deutschen Demokratischen Republik singen zu dürfen. Im Oktober rollte dann doch der "Sonderzug Nach Pankow", und sie ließen auch den kleinen Udo im Republikpalast auftreten, beim Festival "Rock für den Frieden", nämlich. Doch natürlich war auch vor vier Dekaden nicht alles Rock, das rockte. Wir haben die Veröffentlichungen des Jahres unter die Lupe genommen und die Rosinen für euch gepickt:
Wie immer umfasst unsere Liste nicht ansatzweise alles, das 1983 musikalisch zu bieten hatte. Darüber braucht ihr aber keine Träne zu vergießen: Auf laut.fm/bestof1983 läuft noch viel, viel mehr aus jenem Jahr. Egal, ob ihr auf die letzten Zuckungen der Neuen Deutschen Welle steht oder auf den Sound, der die ersten B-Boys und Fly-Girls auf den Dancefloor lockte (der keinesfalls als Parkplatz dienen darf): Einschalten!
Zuvor bedanken wir uns aber alle noch artig bei Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow, Oberstleutnant in der sowjetischen Armee. Ohne ihn würden wir uns wahrscheinlich allesamt hier nicht den Kopf über irgendwelche Jubiläums-Platten zerbrechen. Petrow hatte das Kommando, als am 26. September 1983 das Satellitenüberwachungssystem der Sowjetunion einen Angriff US-amerikanischer Nuklearraketen meldete. Statt, was auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs leicht hätte passieren können, einen Gegenschlag zu befehlen, erahnte er, was sich als Tatsache herausstellte: Es hatte sich um einen Fehlalarm gehandelt. Puh. Спасибо!
Einen Bullshit-Detektor hätten auch die Kolleg*innen beim Stern gebraucht: Über die wieder aufgetauchten Tagebücher eines gewissen Adolf Hitler haben sie sich dort wohl ein bisschen zu unreflektiert gefreut. Beim Spiegel titelten sie dagegen ernster mit der "Tödlichen Seuche AIDS". Um kurz eine erfreuliche Nachricht dazwischenzuschieben: Heute, vierzig Jahre später, gibt es (zumindest wo man sich medizinische Versorgung leisten kann) erfolgversprechende Behandlungsmethoden für HIV-Infizierte, inzwischen sind sogar mehrere Fälle von vollständiger Heilung dokumentiert.
Ein Kommen und Gehen
Ob es ein gutes Geschäft gewesen ist, dass das Jahr, das uns Muddy Waters nahm, der Welt im Tausch Alex Klaws, Eko Fresh und Mark Forster gegeben hat, mögen andere beurteilen. Über die Gründung von Alphaville, der Pet Shop Boys und der Red Hot Chili Peppers freuen sich aber etliche Kolleg*innen in der laut.de-Redaktion fraglos ein bis zwei Beine ab.
Das erfolgreichste Album des Jahres stammte schon aus dem Jahr davor, deswegen findet es hier keine Berücksichtigung: Michael Jacksons "Thriller" belegte lange ungeschlagene 37 Wochen lang den Spitzenplatz der Charts. Erstaunlich eigentlich, dass trotzdem noch andere zum Zug kamen: Madonna etwa, die ihren Durchbruch feierte. Oder Nena, deren "99 Luftballons" dies- wie jenseits des Atlantiks Furore machten.
Wieder andere dagegen beendeten Ären: Kiss wischten sich im Jahr, in dem die Grünen erstmals in den deutschen Bundestag einzogen, die Schminke aus dem Gesicht, und Ideal strichen gleich ganz die Segel. Aber, hey: Ab sofort gab es deutschlandweit BTX. Fragt doch mal eure Urgroßeltern, ob sie noch wissen, was das ist.
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