Auf ein Neues: Dieter Bohlens dritter Bestseller in Buchform ist draußen und führt uns alle zum Erfolg. Voraussetzung: Man kauft und geht den Bohlenweg. Der ist gesäumt von einer Armada an Neinsagern und Wichtigtuern, aber dank Dieter mähen wir die bald alle um.

Konstanz (mis) - Mehr als zwei Biografien kann kein Mensch schreiben, auch kein Poptitan. So steht es gleich im Vorwort geschrieben. Und bevor man sich fragt, was eigentlich zuerst da war, der Poptitan oder der Torwarttitan, steckt man schon mittendrin in Dieters neuestem Hammer-Bestseller "Der Bohlenweg. Planieren statt Sanieren" (Heyne, gebunden, 448 Seiten, 19,95 Euro).

An die Befehlssatz-Struktur sollte sich der Leser besser schnell gewöhnen. Schließlich spricht hier nicht irgendwer, sondern Deutschlands erfolgreichster Popmusiker, die Schnellfeuerwaffe aus Tötensen mit der licence to win. Zwangsläufig findet man einen der wichtigsten Bohlen-Leitsätze ebenfalls schon im Vorwort: "Erfolg ist das Maß aller Dinge. Erfolg ist geil. Ich will Erfolg! Ende der Durchsage." So einfach ist das manchmal.

"Das Dagobert-Bohlen-Prinzip"

Also kein langer Lauf zu mir selbst, sondern der Kickstart zum Erfolg, quasi der Jakobsweg für Bohlen-Erleuchtete, eben der Bohlenweg. Schon die Kapitel sind in bestem Dieter-Duktus maximal vielsagend und BILD-kompatibel verfasst: "Das Dagobert Bohlen-Prinzip", "Misserfolg ist Viagra für das Selbstvertrauen" oder "Wie man aus Scheiße Geld macht".

Ja, wie geht das jetzt eigentlich? Alles total easy: Ins kalte Wasser springen, Neinsager ignorieren, für die eigenen Ideen kämpfen, den Killerwillen entwickeln, nicht auf Hilfe warten, stets an sich selbst glauben, immer Hunger haben, nie das Feuer ausgehen lassen. Oder wars nie den Hunger stillen? Weiß ich nicht mehr.

Masochistisch faszinierend

Den Bohlenweg über 448 Seiten zu gehen ist auf eine masochistische Weise faszinierend. Man ertappt sich immer wieder beim Lachen über Bohlens abseitige Gedankenkonstrukte in seiner engmaschigen Superstar-Welt, bis einen irgendwann die eigene Frau fragt, warum man bei einer Bohlen-Lektüre eigentlich so oft lache und man dann kurz innehält, überlegt und reflexartig nicht mehr lacht.

Und genau hier liegt der Denkfehler: Innehalten oder nachdenken ist hier einfach völlig fehl am Platze. Dieter sagt ja auch: "Ich will nicht denken beim Reden." Er würde uns daher sicher auch raten: Leute, denkt nicht beim Lesen. Lest einfach. Dieter is ja da. Alles tutti.

Abbitte beim kleinen Mann

Sonst fiele einem womöglich noch auf, dass Bohlen für den um jeden Rat zum Erfolg dankbaren Mann von der Straße immer wieder auf durchaus selbstgerecht-zynische Weise die Probleme seines luxuriösen Superstar-Lebens herunter betet.

Eine große Villa sei natürlich klasse, aber was da immer alles kaputt gehe. Und in wie vielen Zimmern man nachts immer Geräusche höre, furchtbar. Da sollen wir mal alle schön froh und dankbar sein über unsere Zwei-Zimmer-Wohnung, die mache nämlich eh glücklicher. Aber wollten wir aus der nicht gerade raus dank Dieters Ratgeber?

"Zwei Vollpfosten wollen mir an den Kragen"

Quasi zum gegenseitigen Beschnuppern schiebt das erste Kapitel "Zwei Vollpfosten wollen mir an den Kragen" die guten Ratschläge erstmal auf die lange Bank. Dafür serviert uns "Nichts Als Die Wahrheit"-Dieter oder Katja Kessler oder wer immer Bohlens Bücher schreibt boulevardgestählt seine/ihre Version des hinlänglich bekannten Überfalls in der Tötensener Villa. Die "Explosiv"-Gucker müssen ja erstmal andocken an den neuen Ratgeber-Literaten.

In dieser Hinsicht entpuppt sich der Bohlenweg bei fortlaufender Dauer eher als ausgelatschter Trimm-Dich-Pfad eines von Selbstzweifel bis zum Kern befreiten Motivations-Gurus. Weder weichen Bohlens sogenannte Tipps von marktschreierischen Floskeln ab, noch helfen sie in den meisten Fällen Menschen, die außerhalb des Musikgeschäfts arbeiten.

Die Medien müssen mitziehen

Manche Dinge bleiben universal: "Haltet gefälligst eure Penunzen zusammen. Neid ist die ehrlichste Form der Anerkennung. Hast du Erfolg, hast du Geld, hast du Geld, hast du Autos, hast du Autos, hast du Frauen."

Und wenn die dauerkritischen Medien mal ausnahmsweise mitziehen, wie (ausgerechnet) bei Hape Kerkelings "Hyper-mega-mehr-geht-nicht-Bucherfolg", dann läuft eh alles von selbst, dann wird die eigene Idee zu Gold. "Der Teufel scheißt eben immer auf den größten Haufen", findet Dieter, dessen Ideen übrigens auch oft auf dem Lokus entstehen. Mit Haut und Haaren für den Erfolg, falls es jemand noch nicht kapiert hat.

Thomas Anders darf aufatmen

In seiner Brandrede auf den Erfolg vergisst Dieter sogar weitgehend sein Lieblingsthema. Frauen kommen tatsächlich nur am Rande vor, Carina noch am häufigsten und mit Fotos, "Verona Feldmaus" und Naddel eigentlich gar nicht. Auch Thomas Anders muss diesmal nicht seinen Anwalt bemühen.

Amüsant geraten dann gerade jene Stellen, in denen Dieter aus seinem Geschäft erzählt: wie ihm etwa die Galle hochkommt, weil eine blonde Serienschauspielerin (räusper, raun) den ihr angebotenen Bohlen-Song mit der Frage zurückweist, sich das erstmal in aller Ruhe überlegen zu wollen.

Künstler vs. Manager

Oder seine Tiraden über die Musikmanager, die in 99 Prozent der Fälle nichts von Musik verstehen und die folgerichtig "Armleuchter" und "verblödete Volldeppen" darstellen. Nicht ganz zu Unrecht wettert Bohlen über jene Sorte beruflicher Quereinsteiger, die vorher nichts mit Musik zu tun hatten und urplötzlich mit Künstlern ERFOLGREICH kooperieren müssen.

"Da treffen zwei völlig konträre Gruppen aufeinander. Manager und Künstler, verschiedener gehts nicht. Die einen hantieren mit Zahlen, die anderen mit Gefühlen." In solchen Momenten bringt Bohlen durchaus informative Einsichten seiner Branche zu Papier.

Dieters Superstars

Seine Welt der "Superstars" hütet er selbstverständlich wie die eigenen Schäfchen und die oft kritisierte Show mit den absurden wie bekannten Argumenten (Leistungsgesellschaft, Jeder-gegen-jeden-Prinzip, Kandidaten verhätscheln führt zu nichts). Abweichler wie Alexander, die ihr Glück später mit einem anderen Produzenten versuchten, überzieht er mit Häme. Wer sich von Bohlen trennt, trennt sich vom Erfolg.

"Der Bohlenweg" führt auf Platz 1

Weisheiten, die es nach einem eher schalen Start auf Platz vier der Ratgeber-Charts in dieser Woche doch noch an die Spitze geschafft haben. "Der Bohlenweg" verdrängte Michael Winterhoffs Bestseller "Warum unsere Kinder Tyrannen werden".

Dort ist übrigens die Rede von einer Wahrnehmungsveränderung hinsichtlich der Fehlentwicklungen bei Kindern: "Was früher als pathologisch und behandlungsdürftig erkannt worden wäre, hat heute zum Teil den Status den Normalen angenommen. (...) Je mehr Kinder eine bisher als Fehlentwicklung diagnostizierte Störung zeigen, desto eher wird diese Störung als weniger schlimm, akzeptabel und irgendwann als normal empfunden", so Winterhoff.

Wenn über Fehlentwicklungen im Fernsehen die Rede ist, kommt man eher früher als später auch auf die jüngst als beste Unterhaltungsshow mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnete Bohlen-Show DSDS. Aber davon steht jetzt nichts im "Bohlenweg". Dafür etwas anderes, ein Kapitelschlusssatz auf Seite 297, ich habe es mehrmals gelesen, da stand: "Lang lebe Rock'n'Roll". Na denn: Alles tutti.

Fotos

Dieter Bohlen

Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Dieter Bohlen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof)

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32 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Pah! Dieter ist pleite! Wie Insider wissen , aufgrund der Bankenpanne hat er einiges an Kohle eingebüßt und dazu muss nun eben ein neues Buch her um finanzielle Engpässe auszuloten. Schnell ein paar Halbwahrheiten und Gemeinheiten hingerotzt und schnell verkauft sich der Schund wieder an minderprivilegierte Untermenschen die dann stolz von sich behaupten könnten:" Uh, ich sein viel groß kulturell und schlaues Leut, ich lesen!"

  • Vor 15 Jahren

    Für genau solche Texte lohnt es sich halt doch immer mal wieder, hier in den Newsbereich reinzuschauen :D

  • Vor 15 Jahren

    @Anonymous (« anonymous, leuten den tod zu wünschen ist sowas von derb, noch dazu beleidigst du die gefühle der menschen die jörg haider als tollen menschen wahrgenommen haben! also bitte zügele dich »):

    Mit den Gefühlen solcher Menschen kann es aber nicht all zuweit her sein.
    Sonst wären ihre Gefühle auch bei seinen rassistischen Ausbrüchen verletzt worden.
    "Konzentrieren von Abgeschobenen"

    Mehr muss man eigentlich nicht dazu sagen.