Der Staffelauftakt der Show: ein Trauerspiel in zwei Akten. Für Handballer Pascal Hens und Moderatorin Madita van Hülsen war gleich wieder Schluss.
Köln (dani) - Am Wochenende startete eine neue Staffel von "The Masked Singer". Schon wieder, mag manche*r denken: Der bunte Mummenschanz geht mittlerweile in die elfte Runde. Wer auch immer hinter den Kulissen bei ProSieben die Entscheidungen trifft, scheint sich in den Kopf gesetzt zu haben, die einst (und im Grunde ja immer noch) vergnügliche Show mit aller Gewalt zum Ermüdungsbruch zu führen. Als erklärter Fan des Formats fühle ich mich jedenfalls extrem herausgefordert. Um nicht zu sagen: provoziert.
Die Schlagzahl mit zwei Staffeln im Jahr war ohnehin schon zu hoch, die einzelnen Sendungen mit unzähligen Werbepausen und zunehmend viel nutzlosem Geschwätz vor, zwischen, nach den Auftritten der Masken auf nahezu ungenießbares Kaugummiformat gedehnt. Diesem Ausplanierungs-Prozess setzt der Auftakt der aktuellen Staffel nun die Krone auf. Nicht im Rahmen EINER (ohnehin schon endlosen) Eröffnungsshow bekam das Publikum gezeigt, was die zehn neuen Charaktere gesanglich zu bieten haben. Nö, dieser Prozess erstreckte sich diesmal über ZWEI elendiglich langatmige Abende.
Das wäre an sich schon ärgerlich genug gewesen, hätte man es von vorgeherein klar an die Zuschauer*innen kommuniziert. Dass mit Auftritten von Schneemann, Feuersalamander, Panda, dem hoffentlich von einem Spielzeughersteller teuer gesponsorten Pirat und dem grandiosen Lauch nicht mehr zu rechnen ist, stellte sich aber erst im Verlauf des seeehr langatmigen Samstagabends heraus. Um die Debüts dieser fünf Teilnehmer*innen zu sehen, musste man am Sonntagabend erneut einschalten. Na, danke auch.
Rein, raus!
Am Samstag duellierten sich eine stimmgewaltige Qualle, das bedröppelt dreinblickende Plüschdickerchen Willi W., eine Lokomotive, irgendetwas, das jemand unter Drogeneinfluss aus einem Vogel und einer Ananas zusammengeflickt haben muss, und das Nashorn. Letzteres Zeit war jedoch knapp bemessen: Die engagierte Performance des Dickhäuters täuschte über die doch eher dürftige Gesangsleistung dann doch nicht hinweg. Das, wie gehabt, via App abstimmende Publikum schickte das Rhinozeros am Ende des Abends nach Hause. Aus der Maske schälte sich, höchst fidel, Handball-Weltmeister Pascal Hens:
Das gleiche Schicksal ereilte am Sonntag den Lauch. Schade um das schöne Kostüm, schade um die engagierte Teilnehmerin, die es trug: Auch Moderatorin Madita von Hülsen, die wirklich niemand auf dem Zettel gehabt hatte, bekam nicht gebacken, mangelnde gesanliche Fähigkeiten mit (zugegebenermaßen immensem) Comedy-Potenzial wettzumachen. Schade, eigentlich.
Beide ausgeschiedenen Teilnehmer*innen beschworen glaubhaft den Spaß, den sie hatten, die Freundlichkeit des Teams, die angenehme Atmosphäre, die hinter den Kulissen herrscht. Ich glaube das alles. Um so bedauerlicher, dass dieses Format mit Ansage vor die Hunde gezerrt wird. Warum, bitte, kann man sich denn nicht auf die Dinge konzentrieren, die den Zauber ausmachen: Mehr oder weniger begnadete Sänger*innen in grandios gestalteten Masken singen um die Wette. Die Gesangsleistung bleibt Nebensache, eigentlich geht es um die Rätselei, wer im Kostüm stecken mag, und ganz allgemein um den Spaß an der Sache.
Ein Vollblut-Nerd wie Ruth Moschner im Rateteam war dafür natürlich ein Volltreffer, weil sie sich, Sherlock-Style, noch in die abstrusesten Hinweise vergrub und die Raterei bei allem Gewitzele tatsächlich erstnahm. Moschner ist diesmal nicht dabei, statt ihrer bekommen wir ihren ohne sie als Kontrapunkt schier unerträglich bräsigen Rateteam-Partner Rea Garvey, Seite an Seite mit Palina Rojinski vorgesetzt. Die wiederum versucht, Moschners Begeisterung nachzuspielen, kommt dabei aber halt leider kein Stück authentisch rüber, lediglich anstrengend-überspannt.
WOOOOOW!!!! AMAZING!!!
Um noch mehr Füllmaterial zwischen die Auftritte zu quetschen, besteht das Rateteam diesmal nicht aus drei, sondern aus vier Mitgliedern, aufgeteilt in zwei "Teams". Wir dürfen also sicher sein, im Lauf dieser Staffel noch alles und jede*n aus der ProSieben-Bubble am Ratetisch anzutreffen, die*der gerade ein Album und/oder eine Tour zu promoten hat. "The Voice"-Juror Kamrad und Yvonne Catterfeld waren bereits da, am zweiten Abend die Lochis.
Wenn diese "Ratefüchse" dann wenigstens leidlich engagiert raten würden, oder das Geschehen halbwegs realistisch bewerten, ginge es ja noch. Klar, es geht kein Stück um die Gesangsleistung. Das bedeutet aber doch nicht, dass jede*r JEDEN Auftritt kritiklos über den grünen Klee loben muss, als habe man soeben einer musikalischen Marienerscheinung beigewohnt. Unterschiedslos jede Performance wird in WOOOOOOOOOOOOOW!!! AMAZING!!!! ersäuft, egal wie dünn die Stimme klang, oder wie schief die Töne. Wenn Rea Garvey der peinlich wackeligen Darbietung der Lochis "wundervolle Harmonien" attestiert, kann man sich als Zuschauer*in eigentlich nur verarscht vorkommen. Pro-Tipp am Rand: Standing Ovations haben auch nur dann einen Wert, wenn nicht jede*r welche bekommt.
Ist das Format noch zu retten?
Bitte, um des eigentlich schönen Konzepts Willen: Lasst die Masken singen, das Rateteam raten. Niemand, wirklich niemand, der "The Masked Singer" schaut, schaut das, um den neuen Song von Rea Garvey, Yvonne Catterfeld oder Kamrad zu hören. Das "große Show-Opening" mit Palina Rojinski am Sonntag zeigte auch einmal mehr, warum diese Frau keine Sängerin oder Entertainerin geworden ist, sondern ... ja, was eigentlich? Gast in ProSieben-Formaten?
Hört damit auf, in einem unerträglich in die Länge gezogenen Format von "Spannung" zu schwadronieren. NICHTS an diesem zum Werbespot-Unterbrecher verkommenen Dauer-Promo-Tool der fünf immer gleichen Major-Acts ist noch in irgendeiner Form spannend. Streicht den ganzen unnötigen Scheiß, besinnt euch auf das Wesentliche. Lasst die Beklopptheit der Show für sich sprechen, statt marktschreierisch ihre Geilheit anzupreisen, die ihr mit diesen hysterischen Beteuerungen, WIE GEIL das doch alles sei, gerade kaputtmacht.
Zuletzt: Legt Rea Garvey doch bitte wenigstens einmal was zum Anziehen raus, das nicht aussieht, als habe die Mutti eines Zehnjährigen am Vorabend hastig irgendein Kostüm für den Kinderfasching der Schule improvisiert. Und, BITTE: Holt um Himmels Willen Ruth Moschner zurück. Sobald die Lokomotive ausgeschieden sein wird, sollte die ja wieder Zeit haben.
2 Kommentare
Ich meine gelesen zu haben, dass es die zwei Shows an diesem Wochenende gab, damit das Finale noch vor Weihnachten und nicht zwischen den Jahren läuft. Und immerhin ist der Mysterium-Quatsch aus der letzten Staffel passé. Ansonsten ist der Bericht aber absolut richtig, das eigentlich großartige Format ermüdet sich und mit jeder der zu vielen Staffeln im Jahr werden neue Dinge ausprobiert, die nicht funktionieren.
Aber die eigentlich wichtige Frage wäre noch zu klären: hinter welcher Maske steckt Bushido?
oversaturated. typisches Medienproblem ein Überraschungsformat binnen kürzester Zeitspanne konsequent zu melken bis nur noch das bleiche Gerippe überbleibt und das Echo von "interessant" zu "kann weg" wechselt