"Asphalt Meadows" dominiert die Setlist, für die Klassiker und Fan-Lieblinge gibts aber den meisten Applaus
Köln (fetz) - Nach der ersten Deutschland-Show der "Asphalt Meadows"-Tournee in Berlin am vergangenen Donnerstag trat die Indierock-Band um Benjamin "Ben" Gibbard gestern im Kölner E-Werk auf. Nur durch Zufall erfahre ich vor Ort, dass die Death Cab For Cutie-Gigs in München, Mailand und Zürich ohne Angaben von Gründen abgesagt worden waren. In Köln konnte man sich aber zum Glück auf eine gut 100 Minuten lange Performance freuen.
Indie par excellence
Schaut man vor dem Einlass hinter sich in die Schlange, errät man schnell, in welchem Genre man unterwegs ist: überproportional viele Doc Martens, Flanellhemden, Vans, Converse und natürlich Beanies bekommt man heute Abend zu Gesicht – besagte Indie-Stereotypen sind ganz offensichtlich nicht aus Zufall entstanden.
Der Großteil des Publikums befindet sich dazu in seinen Zwanzigern, aber auch Midager haben sich für die Band ihrer Jugend aufgerafft. Ausverkauft ist das E-Werk nicht ganz, wer also zeitig auftaucht, hat seinen Platz in der ersten Reihe sicher.
Support: Slow Pulp aus Wisconsin
Als Support gehen Slow Pulp an den Start. Das female-fronted Indie-Quartett aus Wisconsin liefert eine passable Show, mehr aber auch nicht: Die Band leitet nahtlos von einem in den nächsten Song über, was den Eindruck nur noch verstärkt, dass ihre Songs kaum auseinanderzuhalten sind. Dennoch genießen die Musiker:innen ihren Auftritt sichtlich und bedanken sich sowohl bei Death Cab For Cutie als auch beim Publikum. Das fiebert gleichwohl sehnsüchtig dem Hauptact entgegen.
Die Amerikaner entern pünktlich um 21 Uhr die Bühne, schnappen sich direkt ihre Instrumente und los gehts mit "I Don't Know How I Survive", dem Opener vom neuen Album "Asphalt Meadows". Wer die Setlists der vorherigen Konzerte kennt, hat schon eine gute Ahnung davon, was er von der Band zu erwarten hat. Man singt den Refrain jedenfalls sofort mit und nickt zur Strophengitarre automatisch mit dem Kopf. Dazu treibt Gitarrist Dave Depper die Fans richtiggehend an.
Asphalt Meadows steht im Vordergrund
Es folgt das rockige "Roman Candles", ebenfalls von der neuen Platte: Würde man hier nur Bassist Nick Harmer zusehen und die Musik nicht hören, könnte man meinen, man besuche ein Metal-Konzert. Auch der Rest der Band geht mit, der Enthusiasmus auf der Bühne steckt an. Und spätestens jetzt merkt man, dass "Asphalt Meadows" im Mittelpunkt stehen wird. Ein Drittel der Setlist stammt am Ende vom im letzten September erschienenem Album.
Live-Highlights von der neuesten Platte sind das sanfte "Rand McNally", das Abwechslung in die sonst durchgehend energiegeladene Show bringt, sowie der Titeltrack, der live ebenso super funktioniert wie die Studioversion: Deppers Backgroundgesang ergänzt Gibbards Vocals, während Schlagzeuger Jason McGerr präzise den Takt vorgibt, alles fügt sich perfekt ineinander.
Klassiker und Gänsehaut-Momente
Ansonsten nehmen Death Cab For Cutie einen Song von fast jeder ihrer LPs mit. Die Fanlieblinge "Plans" und "Transatlanticism" werden hier besonders berücksichtigt, was mich selbstverständlich freut. Mit "The New Year" holt die Band auch noch die restlichen Fans ab, die eher auf die Klassiker warten.
Nach der ersten Fuhre Songs sagt Gibbard in Richtung Fans: "Wir sind Death Cab For Cutie aus Seattle, Washington". Doch lange halten die fünf Musiker nicht inne, sofort preschen sie weiter mit "Cath..." - und schon bewegen sich meine Mundwinkel nach oben, der Song klingt einfach nach purem Sonnenschein und löst Glücksgefühle aus. Viele empfinden es offenbar ähnlich und gehen fröhlich mit. Applaudiert wird ebenfalls fleißig, wobei die Fans der Band öfter nicht die Chance geben, das Lied zuvor zu Ende zu spielen. Nervig.
Gänsehaut-Momente wie bei "Black Sun" machen das aber allemal wett. Mitten im Song setzen die Instrumente aus, nur noch Gibbard ist zu hören - mitsamt der Halle im Rücken. "How could something so fair / Be so cruel / When this black sun revolved / Around you / How could something so fair / Be so cruel / When this black sun revolved / Around you", singen alle mit ihm, dessen Stimme nach 25 Jahren noch immer genauso warm und beruhigend klingt. Nur in den höheren Lagen hapert es, was im Anschluss bei "Northern Lights" auffällt, einem Feelgood-Track von "Thank You For Today", dem "Asphalt Meadows"-Vorgänger.
Etwa in der Mitte des Sets nimmt sich Gibbard dann die Zeit, zu erklären, dass Köln ein besonderer Ort für Death Cab For Cutie sei: In der Stadt habe die Band vor 20 Jahren ihr erstes Deutschland-Konzert gespielt. Den Höhepunkt der Show beansprucht aber der wohl markanteste Death Cab For Cutie-Song für sich: "I Will Follow You Into The Dark" braucht nicht mehr als Gibbard und seine Akustikgitarre. Es wundert nicht, dass dieses tieftraurige und zugleich tröstende Stück einen Kloß in meinem Hals zurücklässt - und mit großer Wahrscheinlichkeit bin ich nicht die Einzige.
Enttäuschung bei der Zugabe und ein versöhnlicher Schluss
Nach 19 Songs verabschieden sich die Indie-Rocker zum ersten Mal, bevor sie mit "Lightness" zurück auf die Bühne kehren: Eine Enttäuschung, hatte ich mich doch auf "Brothers On A Hotel Bed" gefreut, einen meiner Lieblingssongs. Der Abend endet dennoch versöhnlich. Death Cab For Cutie schließen nach zwei weiteren Songs mit "Transatlanticism": Der viele Kunstnebel, der sich parallel breit macht, bringt Gibbard kurz zum Lachen. Einen besseren Closer hätte man sich nicht wünschen können.
Setlist:
- I Don't Know How I Survive
- Roman Candles
- The New Year
- Cath...
- A Movie Script Ending
- Here To Forever
- Black Sun
- Northern Lights
- I Miss Strangers
- Crooked Teeth
- Rand McNally
- I Will Follow You Into The Dark
- I Will Possess Your Heart
- Your Heart Is An Empty Room
- Asphalt Meadows
- The Ghosts Of Beverly Drive
- You Are A Tourist
- Soul Meets Body
- Foxglove Through The Clearcut
Zugabe:
- Lightness
- Pepper
- Marching Bands Of Manhattan
- Transatlanticism
1 Kommentar
Das Konzert war klasse! Insbesondere die Setlist & der Klang (bei so einem Konzert bitte nie nie nie in der ersten Reihe!) waren ausgezeichnet und haben gezeigt, dass die neuesten Songs - so unterschiedlich sie zu früheren Alben klingen - live perfekt in die Auswahl passten! Ein Portfolio par excellence! Wenn Du in ein paar Jahren nach mehr Konzertbesuchen einen Artikel schreibst, wirst du dich daran erinnern, dass es keineswegs eine Enttäuschung ist, wenn eine Band, die länger zusammen Musik in die Welt trägt, als Du auf Selbiger wandelst, einen bestimmten Song nicht spielt - dafür jedoch 23 andere musikalische Juwelen, die einzeln bereits den gemeinsamen Abend mit diesen fünf Männern gerechtfertigt hätten. Mach weiter so und genieß auf Konzerten den Moment, nicht den Vergleich.