In zwei seiner raren Interviews sprach Kraftwerk-Gründer Ralf Hütter über den Ausstieg von Florian Schneider und die Entwicklung der neuen Medien.
Manchester (mis) - Neuigkeiten von Kraftwerk? Ja, alle paar Jahre kann so was vorkommen. Zwei britischen Zeitungen wurde kürzlich das Privileg zuteil, mit dem einzig verbliebenen Gründungsmitglied Ralf Hütter eines seiner raren Interviews zu führen. Die Gespräche fanden anlässlich des morgigen Kraftwerk-Konzerts in Manchester statt, wo passenderweise auch Minimalismus-Pionier Steve Reich die Bühne betritt.
Im Gespräch mit dem Guardian äußerte sich der inzwischen 62-jährige Musiker auch zu neuen Medien. Die viel geschmähte Bagatellisierung des Privaten scheint auch ihn zu stören, zumindest fühlt er sich angesichts heutiger Kommunikationsapparate wie Handy und Twitter an totalitäre Regime erinnert: "Jeder verhält sich wie ein Stasi-Agent. Man observiert ständig die eigenen Freunde und sich selbst."
Neue Dienste stören Kommunikation
Was jedoch nicht heißen solle, dass E-Mail und SMS nicht auch sein Kommunikationsverhalten verändert habe: "Meine Grundhaltung hat sich trotzdem nicht verändert. Es gibt diese Situationen: Du sprichst mit jemandem, aber jeder ist andauernd auf anderen Plattformen unterwegs. Niemand konzentriert sich mehr."
Aus diesem Grund habe der im Telegraph-Interview als "schüchtern, aber unglaublich offen" beschriebene Musiker auch nie Telefone im Studio zugelassen. "Dort wollen wir in die Musik, in den kreativen Prozess eintauchen. Sobald das beendet ist, verlassen wir das Studio und treffen Freunde."
"Schneider war viele Jahre nicht mehr involviert"
Ob dazu auch der kürzlich ausgestiegene Langzeit-Kraftwerker Florian Schneider zählt, ließ er offen. Zumindest gebe es keinen Kontakt. "Er war schon viele Jahre lang nicht mehr in Kraftwerk involviert und arbeitete an anderen Dingen wie Sprachsynthese", so Hütter knapp. Und natürlich schaue er lieber nach vorne als zurück.
Weitere Preziosen zum Mythos Kraftwerk finden sich zu Hauf. So handele es sich bei den aktuellen Kraftwerkern Hütter, Fritz Hilpert, Henning Schmitz und Stefan Pfaffe um "vitamin-abhängige Vegetarier", die vor allem deshalb bevorzugt nachts arbeiten würden, um am Tag 160 Kilometer mit dem Fahrrad zurück legen zu können. Ihr Trainingsprogramm überwachen derweil ostdeutsche Sportwissenschaftler.
Kraftwerk-Zukunftspläne?
Schön, dass es bei aller Themenvielfalt zumindest im Guardian auch um musikalische Zukunftspläne ging. Wann denn mit neuem Kraftwerk-Material zu rechnen sei, wollte der Journalist wissen und erhielt darauf eine Hütter-Antwort, wie sie kein Ghostwriter klassischer hätte formulieren können: "Bald".
10 Kommentare
Klugheit und Musikalität sind also nicht zwingend aneinander gebunden. Das war der Beweis.
beweis???
wie meinst du das?
das ist doch jetzt nur so dahergelabert von dir.
Man fragt sich bei Kraftwerk schon, ob da hinter ausgeschiedenen Mitgliedern nachgetreten wird, oder es einfach der Lauf der Dinge ist. Komisch ist es schon irgendwie, dass ehem. Mitglieder ja eigentlich schon längere Zeit nicht mehr maßgeblich am Entstehungsprozess beteiligt waren. Hmmmm.
Hoffentlich kommt da noch was, bevor der letzte das Licht ausmacht.
@angry_dady (« Viele Leute, vorallem Kids wissen gar nicht was das für Konsequenzen haben kann. »):
Ich kenne es nicht aus eigener Erfahrung, habe aber schon oft genug gehört, dass man -wenn man sich erfolgreich bewerben will- besser alle peinlichen Bilder, Gruppen und Kommentare aus seinem WKW/StudiVZ/Myspace/wasauchimmer Profil entfernen sollte.
Und wenn ich mir so die meisten Profile anschaue...
und den stasi vergleich muss man ja auch nicht als bierernste intellektuelle selbstdegradierung interpretieren.
im lockeren gespräch streut man da doch gern mal etwas überzeichtnet sarkastisches ein.
und als gedrucktes wort ohne phonetik, betonung etc liest sich das dann so wunderlich entrückt.
im übrigen: word @ sky:
besser gar keine neuen sachen (auch wenn ich es ebenso schmerlzlich vermisse) als als halbgaren quark wie die tour de france scheibe. war ja eher banane bis auf elektrokardio-kardiogramm.
@dein_boeser_Anwalt (« und den stasi vergleich muss man ja auch nicht als bierernste intellektuelle selbstdegradierung interpretieren.
im lockeren gespräch streut man da doch gern mal etwas überzeichtnet sarkastisches ein.
und als gedrucktes wort ohne phonetik, betonung etc liest sich das dann so wunderlich entrückt. »):
Da hast du sicher Recht, aber dann sollte man diesen Vergleich vielleicht besser nicht als Aufhänger benutzten. Es liegt in der Verantwortung des Autors, dass solche Dinge in einem Artikel richtig wiedergegeben werden.