Die SPÖ Wien fordert in einer Pressemitteilung "das Ende der Einschränkungen des Rechts auf Privatkopie". Auch in anderen Ländern konzentriert sich der Streit um Musikpiraterie auf dieses zentrale Thema.

Wien (an) - Millionen machen sich täglich strafbar. Nicht nur Deutschland, sondern auch viele andere Länder diskutieren derzeit Entwürfe zu einem neuen Urheberrecht, das die Folgen der digitalen Revolution berücksichtigt. Geht es nach der International Federation Of Producers Of Phonograms And Videograms (IFPI), soll illegales Herunterladen von Musik und Filmen sowie deren unrechtmäßige Verbreitung hart bestraft werden.

Anders sieht das etwa der Wiener Gemeinderat Lindenmayr. "In Amerika haben sich die Administration Bush und die Unterhaltungsindustrie zu einer regelrechten Hetzjagd zusammengeschlossen", sagt Lindenmayr zum Branchenblatt Musikmarkt: "Anstelle des offenen Zugangs zu Wissen und Kultur drohen Einschüchterung, Überwachung und Zensur". Europa sei nicht weit davon entfernt. Die SPÖ doppelte nach: "Ein breitest möglicher Zugang zur Vielfalt des kulturellen Angebotes und dessen privater Austausch muss auch in Zukunft möglich sein."

Franz Medwenitsch, Geschäftsführer des Verbands der österreichischen Musikwirtschaft widerspricht den Genossen: "Dass gerade die SPÖ Jobs in der Musikbranche gefährdet, indem sie den Diebstahl geistigen Eigentums verharmlost, ist bedauerlich." Allein in Österreich betrage laut IFPI Austria der jährliche Schaden durch illegale Verbreitung von Musik fünfzehn Millionen Euro. "Die Forderung der SPÖ Wien nach Entkriminalisierung von Filesharing ist ein glatter Etikettenschwindel - gefordert wird der Abbau von Urheberrecht zu Lasten von Künstlern und Kreativen - das lehnen wir ab", sagt Medwenitsch.

Es ist nicht immer klar, was legal und was nun illegal ist. Darf ich Kopien an Verwandte anfertigen? Ist nur das Herauf- oder auch das Herunterladen strafbar? Diese Fragen werden in den europäischen Ländern unterschiedlich und zum Teil auch schwammig beantwortet. In Deutschland dürfen laut IFPI "nur einige wenige Kopien angefertigt werden." Zulässig sei die Vervielfältigung nur für den privaten eigenen Gebrauch, wozu auch noch der (Mit-)Gebrauch durch Familienangehörige oder enge Freunde zählt. Des weiteren sei gemäß Artikel 53 des Urhebergesetzes zwar zulässig, die Kopie durch einen anderen herstellen zu lassen. Dieser dürfe stets nur auf Bestellung und darüber hinaus auch nur unentgeltlich tätig werden. Anders als beispielsweise beim Kopieren von Printmedien in Copyshops dürfen aus dem Kopieren von CDs also keine Einkünfte erzielt werden.

Im Dickicht des Urheberrecht-Dschungels sind pikante Details verborgen. So ist die Vervielfältigung nur zulässig, wenn der private Gebrauch auch tatsächlich bezweckt ist. Dies ist nicht mehr der Fall, wenn die Vervielfältigung von vornherein mit der Absicht geschieht, die Kopie zu verkaufen, zu tauschen oder zu verschenken. Denn in diesen Fällen kann derjenige, der die Kopie anfertigt, sie gerade nicht mehr benutzen, so dass kein eigener Gebrauch bezweckt ist, sondern der Gebrauch durch einen anderen.

Grundsätzlich keine Kopie erstellen, auch nicht für Freunde und Verwandte, darf man, wenn die CD kopiergeschützt ist. "Das Knacken des Kopierschutzes ist auch nicht zum privaten Gebrauch zulässig", heißt es auf der IFPI-Deutschland Website.

In der Schweiz ist das Umgehen des Kopierschutzes erlaubt. Auch in der Gesetzesrevision des Urheberrechts soll dies nicht geändert werden. So habe der Konsument weiterhin das Recht, Privatkopien herzustellen. Jedoch werden Programme, die für das Knacken des Kopierschutzes nötig sind, in Zukunft verboten, berichtet iRights.info. Im Gegensatz zur EU sieht der Schweizer Bundesrat vor, dass Downloads für den privaten Gebrauch grundsätzlich straffrei sein sollen, auch wenn sie von illegalen Tauschbörsen stammen. Nicht erlaubt hingegen ist das Heraufladen von Musikstücken an Musikbörsen. Wann das Gesetz verabschiedet wird, ist noch unklar.

In Australien legte das Justizministerium nun eine Urheberrechtsreform vor, die privates Kopieren prinzipiell erlaubt. Das hätte zur Folge, dass z.B. das Rippen von CDs legal würde. Auch die Übertragung von Büchern in digitale Formate wäre gestattet. Die Regierung werde die Rechtslage der veränderten Musiknutzung der Bevölkerung und den technologischen Neuerungen anpassen, sagte Minister Philipp Ruddock. "Alltagskunden sollten nicht wie Copyright-Piraten und Piraten sollten nicht wie Alltagskunden behandelt werden", zitiert Musikmarkt den Minister. Gleichzeitig will er jedoch auch schärfere Maßnahmen zur Strafverfolgung im Bereich Urheberrechtsvergehen einführen.

Der britische Branchenverband BIP will ebenfalls nach einer konsumentenfreundlichen Lösung suchen. In einem Positionspapier ließ der Tonträgerverband erkennen, dass er sich unter bestimmten Voraussetzungen einen Legalisierung von CD-Ripping zur Erstellung von Privatkopien vorstellen könnte. Denn in Großbritannien sind Kopien für den Privatgebrauch nicht zulässig.

Die IFPI sieht in der Nichteinhaltung der Kopierrechte eine große Gefahr für die Musikindustrie: "Die rechtlichen Grenzen, die dem Kopieren von Tonträgern gezogen werden, bestehen aus gutem Grund. Sie sind letztlich für das Bestehen der gesamten Musikwirtschaft unerlässlich." Die Verbraucher würden davon profitieren, denn nur ein effektiver Schutz der Berechtigten gewährleistet überhaupt ein umfangreiches und attraktives Musikangebot, das alle musikalischen Bereiche umfasse. Unerlässlich sei aber, dass die Rechte in der Praxis auch eingehalten werden.

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