laut.de-Kritik
Die Fernbeziehung zwischen Kunst und Pop funktioniert!
Review von Hannes WesselkämperWie ein halb in Berlin, halb in Mexico City wohnender Musiker/Visueller Künstler auf den sagenumwobenen Blog der Hollywood-Tratschtante Perez Hilton kommt, ist fraglich. Fakt ist: Der Blogger erweist sich als musikalischer Connaisseur, indem er das Urteil "listen to this" fällt. Die Coverversionen, die Norman Palm von den Pop-Klassikern "Girls Just Wanna Have Fun" und "Boys Don't Cry" anfertigt, kommen jedenfalls nicht nur bei der Klatschbase gut an.
Einem reinen Singer/Songwriter-Dasein entwachsen, zeigt Palm schon im Opener von "Shore To Shore" einen gewissen Hang zur Multiinstrumentalität. Ukulele und Synthie, Gitarre und zaghafte Beats verleihen "Start/Stop" zusammen mit einem stellenweise treibenden Gesang einen wahren Geist des Aufbruchs. Das lässt die Skip-Taste erst einmal in weite Ferne rücken und den Hörer ins Weite starren. Gleiches Road-Movie Potenzial wohnt "Landslide" inne: Palms teitureske Stimme (allerdings in fröhlich) treibt einen in die Ferne wie einst Chris McCandless in "Into The Wild".
"Shore To Shore" funktioniert besonders dann, wenn Norman Palm akustisches Singer/Songwritertum in elektronischen Kontext stellt. Zwar treibt beispielsweise James Yuill diesen Elektrofolk zur Perfektion, doch gerade der Wolf-im-Schafspelz-Track "$20" (hör ich da etwa Steeldrums?) und das atmosphärische "Phantom Lover" können da durchaus mithalten. Die Spannung des Albums entsteigt dem Clash scheinbar unzusammenhängender Klangwelten. Besonders differenziert passiert dies in "Images". Der Track lässt ein breites Gute-Laune-Instrumentarium auf Palms melancholisch-blecherne Stimme treffen und generiert somit eine spannende Indiefolk-Symbiose.
Thematisch kommt er seiner musikalischen Kreativität doch kaum hinterher. Die Texte kreisen um das eine weltbewegende Thema: Liebe. Genauer gesagt ist es die moderne Geißel der Fernbeziehung, die Palm in "Shore To Shore" behandelt: "Let's all be friends with the telephone calls / Let's all be friends with the departure halls". Ein urbaner Kreativkopf, verloren im Äther der modernen Abflughallenwelt - sowas kommt immer gut an. Dazu passt auch der shoegazige Abschlusstrack "Go To Sleep". Ganz behutsam klingt eine Platte voller Ambition und musikalischer Phantasie aus – das kriegt auch nur Kevin Shields besser hin.
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