laut.de-Kritik
Opulenz, Leidenschaft und ein bisschen Firlefanz.
Review von Kai ButterweckZwei Jahre nach der Veröffentlichung der EP "What Did You Think When You Made Me This Way" melden sich Nothing But Thieves mit ihrem dritten Longplayer "Moral Panic" zurück. Nach den beiden vorangegangenen Top-Sellern sind die Erwartungen natürlich riesengroß.
Die Briten um Ausnahmesänger Conor Mason fallen auch sogleich mit der Tür ins Haus. Ein waberndes Zupf-Intro und ein kurzer melancholischer Willkommensgruß von Mister Mason bringen alle in Position. Kurz darauf machen Nothing But Thieves das, was sie am besten können: Rock, Pop und eine Prise Neo-Klassik in einen Topf werfen und dann kräftig umrühren ("Before We Drift Away"). Zehn Minuten später ist man als Fanboy fast schon wieder so euphorisch wie einst im Herbst 2015, als die Briten mit ihrem Debütalbum mal eben im Vorbeigehen die komplette Art-Rock-Welt auf den Kopf stellten.
Während dynamische Wechselspiele zwischen harten Gitarren und wabernden Synthies im Background Unmengen an Staub aufwirbeln, spektakelt sich Frontmann Conor im Rampenlicht von einem Falsett-Gipfel zum nächsten. Hymnenhafte Opulenz trifft auf unbändige Leidenschaft. Und das alles detailverliert arrangiert und soundtechnisch perfekt in Szene gesetzt ("Free If We Want It"), "Impossible").
Weiter geht's mit einer vertrackten Muse-Adelung und abgehackten Soundschnipseln ("Individual"). Die Band taucht immer tiefer ein in ihr schier unerschöpfliches Klangspektrum. Mittlerweile zischt und funkt es von überall her. Überraschende Groove-Grüße in Richtung Marilyn Manson ("Is Everybody Going Crazy", "Phobia") gepaart mit atmosphärischen, von "Beat It"-Drums angetriebenen Synthiepop-Strukturen, bringen das Fass aber irgendwann zum Überlaufen.
"I fucking hate the internet", säuselt Conor ins Mikrofon. Ist das Internet vielleicht schuld am verlorengegangenen roten Albumfaden? Wie dem auch sei, Fakt ist: Zur Album-Mitte hin verliert das komplette Konstrukt ein wenig an Haftung.
Die unendliche Kraft der Liebe ("Real Love Song") bringt das große Ganze aber schnell wieder ins Gleichgewicht. Langsam baut sich eine Dramatik auf, die den Hörer mit jeder weiteren Sekunde mehr in ihren Bann zieht. Ohrwurm Nummer drei reißt schließlich alle Türen wieder auf. Durchzug ist angesagt. Gut so. Denn plötzlich flutscht es wieder im Reich der Diebe.
Nachhaltiger Synthie-Rock ("There Was Sun") markiert den Startschuss für ein feuriges Finale. Es folgen satte Drums, rotzige "Amsterdam"-Erinnerungen ("This Feels Like The End") und die Verknüpfung von harten Gitarren und zuckenden Prodigy-Synthies ("Unperson"). So macht man gerne den Deckel drauf.
2 Kommentare mit einer Antwort
Ich liebe die bisherigen Alben und auch die bisherigen Vorab-Singles haben Lust auf das dritte Album gemacht. Ich bin gespannt, da ich die Band von Beginn an verfolge und bislang nicht enttäuscht wurde.
Habe das Album beim Streaming-Anbieter meines Vertrauens gehört.
Ich verfolge ebenfalls die Band von Anfang an und muss sagen das ich beim ersten Durchhören nicht enttäuscht wurde!
An den Autor: Ich fürchte, Sie haben das Album im Shuffle-Modus gehört. Die Reihenfolge stimmt nämlich überhaupt nicht, das Album startet mit dem Banger "Unperson" und endet mit "Before we drift away". Aber ansonsten: Eine Rezension, der ich über weite Teile zustimme. Wahnsinnig gutes Album!