laut.de-Kritik

Das bitte nicht im Starbucks servieren, es ist zu gut.

Review von

Ist das jetzt von Vorteil, als "asiatische Blondie" gebrandmarkt zu sein? Sängerin Helen Feng erinnert mit Nova Heart ja durchaus an den New-Wave der sinisteren Art, wie ihn Blondie Ende der 70er mitgeprägt haben. Dieses Label entspricht allerdings nur der halben Wahrheit und wird den Facetten des selbstbetitelten Debütalbums nicht vollends gerecht.

So ist beispielsweise der Opener "Drive To Our End" ein reines Instrumental, das mit seiner gesampelten Hi-Hat und dem synkopischen Bass viel mehr mit dem Bristol-Sound der 90er gemein hat, als mit der amerikanischen New-Wave-Bewegung. Auch "Starmaker" klingt eher danach, als würde Cardigans-Frontfrau Nina Persson mit den frühen Massive Attack flirten und die Tristesse mit minimalem Hüftschwung wegsubtrahieren. Der luftige Beat äußert sich als rhythmusgewordener Windfänger wie ein Perpetuum Mobile im digitalen Dickicht, das von gleichmäßig pulsierenden Böen angeschubst wird. Schön ist das, und es wird noch besser.

Das Cover von Patti Smith' "Dancing Barefoot" als Schlussakt der Platte ist wahrhaft ein kleines Kunststück: Diese ausgehöhlte Version des Hippie-Gassenhauers betört auf so sensible Art die Elektrorezeptoren, dass man völlig vergisst, dass dieser Song einst auf einer Gitarre entstand. Ob die Urheberin das ähnlich sieht, ist nicht überliefert, faktisch aber ganz egal. Wer sich eine Fremdkomposition so elegant zu eigen macht, darf gerne wieder covern.

Insgesamt fühlt sich die Band mit ihrem ersten Album im graumelierten Elektro-Pop am wohlsten, sie kann allerdings auch anders. Wenn die Elektronik, wie in "Right Wrong – Music Room" zurückgefahren wird und ein echtes Schlagzeug den Drumcomputer dominiert, dann tendiert die Band tatsächlich zum klassischen New-Wave, und die Stimme stark zu Blondie. Doch ganz gleich, welche Elemente die Oberhand haben – die Sonne scheint anderswo:

"She's got lights in her eyes / Turning back to grey [...] For the light is not enough / When she could walk around tonight". In "Lackluster No.", dem greifbarsten Stück der Platte, beschreiben sich Nova Heart mit dieser Zeile wohl selbst am besten, gerade weil sie dabei so wage bleiben wie nur irgend möglich und doch den melancholischen Grundton des Albums transportieren. Wenn in diesem Stück dann noch die Gitarre elegisch um sich selbst kreist, wirkt das Trio wie die reizende Slacker-Variante von The XX.

Die Gefahr, dass auch Nova Heart bald zum Starbucks-Kaffee serviert werden, scheint daher durchaus gegeben. Bleibt zu hoffen, dass bis dahin noch ein paar Lenze verstreichen. Schließlich dünkt sich die Platte in ihrer Gesamtheit weder sperrig, noch offenbart sie sich auf Anhieb. Sie will freigelegt werden. Wem dazu die Geduld fehlt, läuft Gefahr, das Beste daran zu verpassen. Der Coffee To Go dauert jedenfalls nicht lange genug.

Trackliste

  1. 1. Drive To Our End
  2. 2. Lackluster No.
  3. 3. We Are Golden
  4. 4. My Song 9
  5. 5. No Controversy
  6. 6. Interlude
  7. 7. Queen Is Dead
  8. 8. Evil
  9. 9. Starmaker
  10. 10. Right Wrong - Music Room
  11. 11. Dancing Barefoot

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