laut.de-Kritik

Mit Wut, Bier und noch mehr Bier gegen die Spießergesellschaft.

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Da kommt Froide auf: Auf ihrer zweiten EP "Le Roi C'est Moi" haut die Hamburger Oi!-Punk-Formation Oidorno erneut Bierdosen und Nasen platt, wobei die rumpeligen Gröl-Bretter bei allem Stumpfsinn auch wieder enorm viel Spaß machen. Gleich zwei Oi!-Wortspiele haben Oidorno im Titel der neuen Platte untergebracht und so triefen auch die sechs Songs darauf voller treibender Rhythmen, leicht angeranzter Gitarren und biergeschwängerter Mitsing-Hooks. Der Name bleibt dabei auf voller Länge Programm, denn Oidorno leben hier tatsächlich wie die Könige im Oi!-Schlaraffenland.

Bevor das Quartett die Punk-Monarchie ausrufen kann, muss zunächst das Jobcenter im Zuge des Umsturzes dran glauben. In "Jobcenter Brenn" lassen Oidorno das Schmarotzertum hochleben, indem sie mit knarzigen Simpel-Riffs und staubtrockenen Schlagzeugspiel gegen das Amt und seine Sachbearbeiter mobil machen. Oi!-typisch brennt der Track im Refrain seine Anti-Fangesänge ab.

Oidornos Arbeitseinstellung kommt auch deshalb so authentisch rüber, weil sie sich selbst für ihren Job bei ihrer Plattenfirma Audiolith nicht vernünftig beworben hatten. Stattdessen verunglimpften sie den Chef des Hamburger Labels, Lars Lewerenz, in einem Schmäh-Song als "Techno-Yuppie", der die Oi!-Kapelle daraufhin unter Vertrag nahm. Bei aller Null-Bock-Attitüde beweisen Oidorno trotzdem Arbeitseifer, schließlich ist "Le Roi C'est Moi" bereits die zweite EP im Abstand eines Jahres.

Ohne Job lässt sich die Stütze prima auf der Pferderennbahn oder am Spielautomaten verzocken, wie wir in "Glücksspielsüchtig" lernen. Der Song gerät dabei immer wieder in tonale Schieflagen wie ein Oi! nach einer Palette Dosenbier und dürfte nach Funny Van Dannens "Alles Verkauft" wohl eine der unterhaltsamsten Studien über das existenzbedrohende Laster darstellen.

In "Bordbistro" schlagen Oidorno dann erstmals sanfte Töne an. Die schummerige Eckneipe mit den immergleichen Visagen hat hier ausgedient und der Speisewagen der Deutschen Bahn wird zum neuen Sauf-Domizil. Dieser Tage kommen nicht viele Künstler auf die Idee, Loblieder auf die Bahn zu singen, doch die Band findet auch am unbeliebten Verkehrsunternehmen gute Seiten. Frontmann ToiBoi bellt nach dem melancholischen Intro die anderen Fahrgäste mit einer Wodka-Fahne zusammen, bis das neu entdeckte Paradies doch noch seine Schattenseite zeigt: das Zugticket.

"Ich bin total besoffen im Bordbistro, na klar / Der Schaffner will mein Ticket, das ist ja wohl nicht wahr / Seit wann braucht man zum Saufen so 'nen dummen Schein? / Ich hol noch ein, zwei Bier und hau ihm eine rein". Dazu entfaltet die Pogo-Hook riesige Ohrwurm-Qualitäten. Und ganz nebenbei finden Oidorno im "Bordbistro" dann auch noch das vereinende Bindeglied der Zweiklassengesellschaft.

Stumpf bleibt auf "Le Roi C'est Moi" Trumpf. Hier wird Punk auf seine Grundsäulen reduziert: Drei Akkorde auf Instrumenten, die gerade so beherrscht werden, rotziger Sprechgesang mit Wut im Bauch und eine harte Antihaltung gegen die Spießergesellschaft, die mit massig Bier gefüttert wird. Der Feldzug findet seinen Höhepunkt, wenn Labelkollege Destroy Degenhardt seine misanthropischen Wesenszüge in diese akustische Drohgebärde mit einfließen lässt. "Das einzige, was du haben kannst, ist ein paar auf's Maul". Dieses Feature verschränkt die Arme so hart, dass es krampfen muss.

So gestaltet sich "Le Roi C'est Moi" als feucht-fröhlicher Stinkefinger gegen die Mitte der Gesellschaft, der bei all dem Bierkonsum eine pelzige Zunge am nächsten Tag garantiert ist. Und das beste Mittel gegen den Kater bleibt schließlich immer noch mehr Bier, das Oidorno dann hoffentlich bald in ihr erstes, vollwertiges Album gießen werden.

Trackliste

  1. 1. Jobcenter Brenn
  2. 2. Glücksspielsüchtig
  3. 3. Bordbistro
  4. 4. Alles Auf Oi
  5. 5. Schlagermove
  6. 6. Aufs Maul (feat. Destroy Degenhardt)

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