laut.de-Biographie
Oidorno
Was macht qualitativ hochwertigen Oi!-Punk aus? Auf diese Frage haben die vier Bierliebhaber der Hamburger Formation Oidorno zwar keine Antwort, aber vielleicht stellt gerade diese Ratlosigkeit das in Gerstensaft aufgeweichte Gütesiegel ihrer drei Akkorde dar.
Schon der Stenkelfelder Schlagerbarde Ralph Sögel sagte einst: "Mit einem guten Lied ist es wie mit einem guten Bier. Für beides braucht man in etwa sieben Minuten." Gute Lieder über Bier stehen bei Oidorno ganz oben auf der Agenda. So lässt sich dann auch die Frage nach gutem Oi!-Punk klären.
2015 nimmt die Bandgeschichte ihren lauschigen Anfang, als sich Sänger ToiBoi, die Gitarristen Eimerotter und Penny, Bassist DocD und Schlagzeuger Beershe an einem Lagerfeuer zusammenfinden und dort Oidorno gründen. Knisternde Lagerfeuerromantik bringt häufig bemühte Oasis-Cover hervor, doch die fünf einigen sich mit Oi! auf eine der raubeinigsten Formen des Punks. Was in England Anfang der achtziger Jahre als Antwort auf die Kommerzialisierung des Punkrocks entstanden war, mündet 40 Jahre später in bellende Sauf-Hymnen aus der Hansestadt.
Kurz nach der Gründung muss sich Eimerotter aus der Band verabschieden, da er sein Gitarrenspiel nur im Sitzen beherrscht, was nicht so richtig zur ekstatischen Bühnenpräsenz der Punks passen mag. Das Quartett macht sich auf die Suche nach einem Plattenvertrag und entdeckt dabei eine neue Erfolgsmethode. Sich mit einem Demotape bei der A&R-Abteilung eines Labels anbiedern? Wie langweilig! Stattdessen schießen sich Oidorno mit dem Song "Oiverräter" auf den Chef der Hamburger Plattenfirma Audiolith ein: "Techno-Yuppies keinen Meter / Lars Lewerenz - Oiverräter!", heißt es in dem bissigen Track. Lewerenz beweist Humor und nimmt Oidorno unter Vertrag.
Das Kalkül der Truppe geht auf: "Anruf, Unterschrift, Kohle kassieren", so beschreiben Oidorno den Start bei Audiolith, wo 2018 ihr Debüt "Oi! The EP" erscheint. Neben dem Anti-Lewerenz-Song steht darauf vor allem die größte Oi-Tugend überhaupt im Fokus: Alkoholkonsum.
Bier bleibt dabei das favorisierte Mittel zur Vernebelung, was Oidorno in Songs wie "Halt Die Fresse Ich Will Saufen" unterstreichen. Pils stellt für sie das reinste Wundermittel dar, das nach eigener Aussage auch hervorragend gegen den Kater helfen soll. Solche Loblieder präsentieren sie als rohe Punk-Knüppel, die den grobschlächtigen Charme aus der Pionierzeit dieses Genres in die Gegenwart verfrachten.
2019 verlässt DocD die Band, um sich ausschließlich mit Büchern befassen zu können, und wird von Neuzugang TilliPromilli ersetzt. In neuer Besetzung erscheint die zweite EP "Le Roi C'est Moi", auf der sich Oidorno natürlich erneut dem Trinken zuwenden, aber auch soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit und Glücksspielsucht ironisch kommentieren. Die Band behauptet zwar selbst, komplett ohne Ironie auszukommen, was aber ebenfalls mit einem dicken Augenzwinkern aufgefasst werden sollte.
So wohl auch die Pläne für das erste Oidorno-Album in voller Länge. Beide bisher erschienenen EPs will die Band dafür als "Best Of" auf eine Scheibe pressen. Da muss nur noch Labelchef Lawerenz mitmachen und seinen Schmäh-Song weiter als gut gemeinten Seitenhieb verstehen. "Der glaubt immer noch, dass das ein Witz war", erklären Oidorno und lachen sich ins Fäustchen. Loift bei denen.
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