laut.de-Kritik
Die Gastsängerin vertreibt das Dunkel aus den Wolken.
Review von Rinko HeidrichDie Diskografie von Omar Rodriguez Lopez umfasst mittlerweile über fünfzig Veröffentlichungen, davon eine beeindruckend hohe Anzahl an reinen Solo-Alben, Soundtracks und ein paar Seitenprojekte wie Antemasque oder Bosnian Rainbows. Wie bei seinem Bruder im Geiste, John Frusciante, findet sein Arbeitspensum einfach kein Ende. Die Menge an bisher unveröffentlichtem Material und unfertigen Ideen bleibt nur vage einzuschätzen. Allein aus den Clouds Hill Sessions, aufgenommen in dem gleichnamigen Studio in Hamburg, kam genügend Material für ein Dreifach-Album zusammen.
Wer nur ein paar Alben von Omar hörte weiß: Die Ideen des umtriebigen Soundforschers stellen eine Herausforderung dar und überfordern nicht selten. Wie schon bei The Mars Volta endet ein Song selten genau da, wo er anfing, sondern in Variation und Improvisation. Der Geist findet bei diesem überkreativen Menschen, der neben Musik auch noch als Regisseur und Produzent arbeitet, selten Ruhe oder ein Ende. So liegt der Ursprung der dreiteiligen Clouds-Hill-Tapes-Reihe zwischen 2016 und 2017. Die Songs erschienen bereits auf Alben, die der ehemalige At The Drive- In-Gitarrist über das Ipecac-Label von Mike Patton veröffentlichte.
Ein alter Bekannter wie "Roman Lips", auf dem gleichnamigen Album noch ein maskuliner und straighter Rock-Song, klingt in der Clouds Hill-Version wesentlich verspielter. Der fast schon schwere Stoner-Sound geht über in einen verspielten Wave-Blues und gewinnt vor allem durch die Stimme von Virginia Garcia-Alves.
Die Sängerin, die noch vor Jahren in Restaurants und später im Cirque du Soleil noch unterhalb des Aufmerksamkeits-Radars sang, erweist sich als kongeniale Partnerin, deren Stimme zu dem eklektischen Stil passt. Ein weiterer Vorteil bleibt auch, dass die Tapes eine bisher ungeahnte Stringenz vorweisen. Ein Großteil der Variationen fällt auf das Album "Umbrella Mistresses", das die sanfte Seite des ehemaligen Mars Volta-Gitarristen zeigte.
Fans seiner virtuosen Gitarren-Arbeit dürfte somit auch der zweite Part wenig zusagen. Im Gegensatz zum ersten Teil der Reihe liegt der Fokus ganz klar auf klassischem Song-Material. "Eastern Promises", ebenfalls ein Wiedergänger von einer früheren Arbeit, berührte schon in seiner ursprünglichen Version mit seiner traurigen Hoffnungslosigkeit. In der Jazz-Kammermusik, das praktisch nur aus Klavier und Gesang besteht, verschwindet das Licht nicht nur aufgrund solch trostloser Zeilen wie "Pray for signs of life in darkness" endgültig. Die progressive Seele ist derweil nicht komplett verschwunden, sie existiert in "Through Wires" auch ohne das Gitarrensoli mit seinen komplexen Tempi- und Tonwechsel immer noch.
Komplett auf Gitarren verzichtet der abschließende dritte Teil, der verstärkt auf Ambient-Electronic-Sounds, Drums und Beats setzt. Wie eine Kate Bush schmachtet Virginia-Garcia Alvez über der Art-Rock-Schönheit "It All Begins With You", dem einzigen wirklich neuen Song neben dem ähnlich bitteren Quasi-Hip-Hop-Jam "Born To Be A Nobody". Sie beweist abermals ihre Wandlungsfähigkeit zwischen den vielen unterschiedlichen Stilen. Die beeindruckende Stimme steht trotz wechselnder Arrangements und Begleitungen stets im Mittelpunkt aller Clouds Hill Tapes. Selbst wem die Neu-Interpretationen der Songs zu ruhig erscheinen, muss anerkennen, dass der schöpferische Visionär und die coole Schöne ein perfektes Paar abgeben.
Lob gebührt auch Johann Scherer. Der Studioproduzent zog diese Sessions in nur ein paar Tagen durch, bei einem Perfektionisten wie Omar sicherlich kein leichtes Unterfangen.
1 Kommentar mit 2 Antworten
Genialer Mann. Muß mich nur noch etwas an die Gastsängerin gewöhnen. Teri Gender Bender ist schwierig zu ersetzen!
Und Ximena natürlich auch.
Dito