laut.de-Kritik
Afrika-Schlager mit Texten wie im Ein-Euro-Taschenkalender.
Review von Toni Hennig600.000 verkaufte Alben, Gold- und Platinauszeichnungen und mehrere Echos: Senta-Sofia Delliponti alias Oonagh blickt mit 29 Jahren schon auf eine beachtliche Erfolgsstory zurück. Mit ihrer Mischung aus Pop-Schlager und traditionell angehauchtem Folk, angereichert mit Elektronik und New Age, sang sie sich zuletzt 2016 mit "Märchen Enden Gut" in die Herzen eines großen Publikums. Ein Jahr danach zog sie sich für eine Baby-Pause aus der Musikbranche zurück. Nun bricht für sie "Eine Neue Zeit" an.
Dafür ließ sie sich von verschiedensten Regionen in Afrika inspirieren. Unter anderem feilte sie mit der kenianischen Band Sauti Sol und dem südafrikanischen Gesangs-Duo Mafikizolo an einem neuen Sound. In Johannesburg in Südafrika, wo die aktuelle Musikszene des Kontinents zusammenkommt, nahm sie dann ihre Songs auf. "Ich liebe diese atemberaubende Vielfalt der Kulturen ... wenn man Musik aus Afrika hört, will man sofort tanzen. Man ist losgelöst und frei, und das war exakt das richtige Gefühl für meine Neuausrichtung", teilte sie im Vorfeld der Veröffentlichung mit.
Und für Oonagh bedeuten elektronische Beats in Kombination mit rhythmischen Trommeln und Gesängen, hier und da um akustische Gitarren-Einschübe, Bläser und einem Kinderchor erweitert, tatsächlich eine Weiterentwicklung. Sogar urbaner R'n'B hat es auf die Platte geschafft, etwa in "Ich Verzeih Dir". Zwar geht das Ergebnis über eine Schlager-Variante afrikanischer Musik, die mit der Tradition des Kontinents in etwa so viel zu tun hat wie Fela Kuti mit Monogamie, meistens nicht hinaus. Ihrem klanglichen Potpourri fügt die Endzwanzigerin trotzdem einen frischeren, tanzbareren Anstrich hinzu, auch wennbei dieser generischen Produktion von Seele noch längst nicht die Rede sein kann.
Das Hauptproblem von Oonagh bleibt jedenfalls nach wie vor die inhaltliche Dürre, die sich auch hier wieder über das gesamte Album erstreckt. Die macht es letzten Endes unmöglich, es überhaupt auszuhalten, ohne sich zwischendurch eine Ruhepause zu gönnen. So kommen Zeilen wie "ich musste lernen, mir selber zu vertrauen" und "auf der Suche nach der Liebe zu mir selbst finde ich mein Glück" über den Gehalt eines esoterischen Taschenkalenders aus der Ein-Euro-Abteilung im Buchladen nicht hinaus. Dagegen verdienen Enya-Texte im Grunde genommen den Literatur-Nobelpreis.
Derlei Erkenntnisse und Einsichten beinhaltet so gut wie jeder Song. Wenn es ständig ums Suchen, Kämpfen, Loslassen und Ankommen geht, während sich die Sängerin und ehemalige GZSZ-Darstellerin vom "Fluss des Lebens im Klang der Ewigkeit" treiben lässt, hilft auch ihr löblicher weltoffener Ansatz, bei dem man sogar einige Passagen in der Sprache der Suaheli vernimmt, nicht mehr viel. Dass sie das alles noch gesanglich mit einem künstlichen Dauerlächeln à la Namika versieht, wirkt nur wie ein weiterer Nadelstich in die Voodoo-Puppe.
Zumindest muss man Oonagh zu Gute halten, dass sich unter Zuhilfenahme einheimischer afrikanischer Musiker )an Stelle von Faun und Santiano wie auf den Vorgängern) der Ballermann-Appeal deutlich in Grenzen hält. Andererseits ergänzen Mafikizolo mit dezent eingestreuten Gesängen das sommerliche Soundbild, das wie ein roter Faden das Werk zusammenhält, in "Wala Ku Hukumu - Begegnen Wir Uns Neu" auch nicht gerade um eine individuelle Note.
Irgendwelche überhöhten Ansprüche sollte man an diese Musik also gar nicht erst stellen. Wer zudem das Inhaltliche komplett ausblendet, kommt eventuell auf seine Kosten.
5 Kommentare mit 3 Antworten
Naja, ist jetzt auch nicht schlimmer als Namika und co.
Bei Namika gibt es wenigstens noch ein paar ernstere Tracks wie "Ahmed". Oonagh hat zwar mittlerweile eine erträglichere musikalische Verpackung als früher, textlich bleibt es aber der selbe Eso-Quark.
Also ich mochte den "Gäa"-Trash des ersten Albums ja im Vergleich zum neuen Material mehr. Da war man wenigstens konsequent mit dem Pseudo-Elben-Image.
Ist das diese cultural appropriation, von der alle sprechen?
Wenn sie ein Blackface hätte, würde ich mir das vielleicht sogar anhören.
Musik für Mäuse malende Hausfrauen und zwanghafte Ü40-Onanierer.
Interessanterweise spricht Juju (Ex-SXTN) dieselbe Zielgruppe an.
platte ist ähnlich gut wie ihre letzten beiden alben.
so ist es
Oonagh klingt vom Namen her schon wie "Oh no" ins Schwiizerdütsch übersetzt.