laut.de-Kritik
Jennifer Hudson ist top, Beyoncé Knowles ein Flop.
Review von Dani FrommSeit über zwei Jahrzehnten feiert das Musical "Dreamgirls" am Broadway Erfolg um Erfolg. Nun wurde die Story um Aufstieg und Niedergang des Damen-Gesangs-Trios The Dreams, die sich an die wahre Geschichte der Supremes anlehnt, für die Kino-Leinwand aufbereitet. Motown-Jünger dürfen sich freuen, jubelt man so doch einem breiteren und vor allem wesentlich jüngeren Publikum zumindest eine Ahnung vom glitzernden Geist der 60er und 70er Jahre unter.
Die "Deluxe Edition" wird ihrer Bezeichnung mehr als gerecht. Der aufmerksame Hörer kann sich, falls nicht schon geschehen, im Anschluss an den Genuss den Kinobesuch getrost sparen. Statt lediglich Begleitmusik zum Film zu präsentieren, entfaltet die Doppel-CD nebst umfangreichem und nobel bebilderten Booklet viel eher den Charakter eines Hörbuchs: Ich fühle mich über die Zwischenmenschlichkeiten rund um Deena, Effie und Lorrell bestens auf dem Laufenden.
Um die Kernhandlung nachzuvollziehen, genügt jedoch auch die einfache Fassung, auf der mit sicherer Hand die wesentlichen Tracks zuammen gestellt wurden. Dem Bonus-Material muss ohnehin niemand eine Träne nachweinen: Absolut überflüssige, einfalls- und lieblose Umz-Umz-Dance-Mixe von "One Night Only" und "And I Am Telling You I'm Not Going" bergen keinen Gewinn, wohl aber die Gefahr, den positiven Gesamteindruck zu verderben.
Insgesamt haben die "Dreamgirls" nämlich Einiges zu bieten, auch wenn die Produktionen für meinen Geschmack durchwegs zu glattpoliert daher kommen. Schmissige leichte Kost ("Move", "Cadillac Car"), Kitsch-Nummern ("I Want You Baby") und Tragik-geschwängerte Piano-Balladen ("Listen") sorgen für Abwechslung. Musikalische Vielschichtigkeit fehlt allerdings weitgehend. Die Songs orientieren sich stark an bekannten, bewährten und dadurch mittlerweile doch recht uninteressant gewordenen Strickmustern.
Das Dreckige, Ungeschliffene, das viele alte Soulnummern tief unter die Haut gehen lässt, fehlt völlig. In der Wahl von Beyoncé als Darstellerin der Deena manifestiert sich dieser Makel. Miss Knowles mag eine ordentliche Hochglanz-R'n'B-Sängerin abgeben - Soul hat sie nicht für fünf Pfennig, weswegen ihre Gesangs-Auftritte auch an Stellen, an denen sie einmal nicht hörbar nach Atem ringt, die Ganz-hübsch-Grenze kaum passieren.
Ebenfalls stimmlich recht enttäuschend präsentiert sich Jamie Foxx, und dass an Eddie Murphy kein begnadeter Vokalist verloren gegangen ist, dürfte auch nicht wirklich überraschen. Für alles, wirklich alles, entschädigt allerdings eine großartige Jennifer Hudson, die für ihre Verkörperung der Effie den Oscar für die beste Nebendarstellerin doppelt und dreifach verdient hat.
Mit "Love You I Do" präsentiert sie einen optimistischen Love-Song, in "And I Am Telling You I'm Not Going" lässt sie Effie ihre zornig verzweifelte Antwort auf den im vorangegangenen "It's All Over" erfolgten Rauswurf aus der Gruppe erteilen. Reflektierter und um Welten trauriger analysiert sie sich selbst in "I Am Changing", bevor sie sich mit "One Night Only" im Rampenlicht zurück meldet - einer gesanglich wahrhaft großen Nummer, der Beyoncé in der nachgeschobenen Disco-Fassung nicht ansatzweise vergleichbaren Glanz verleiht.
Jeder Augenblick, in dem diese Frau ihr Talent in belanglosen Oooh-oooh-Backgroundchören vor die Säue wirft, anstatt im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, ist ein verlorener. Jennifer Hudson lässt Kolleginnen wie männliche Duettpartner gleichermaßen blass aussehen, sehen sie sich doch mit einer waschechten Soul-Diva konfrontiert. Stellt diese Lady dahin, wo sie hingehört: Auf die ganz große Bühne.
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