laut.de-Kritik

Schnittige Yacht statt bräsiger Seelenverkäufer.

Review von

Die altbekannte Geschichte vom guten Wein, der mit der Zeit immer mehr Geschmack entwickelt, greift bei Paul Carrack bestens. Dessen aktuelles Opus "I Know That Name" besticht durch seine harmonische Ausgewogenheit, Reife und besondere Klasse.

Eine Fremdkomposition (Michael Price/Don Walsh) steht am Beginn: "Ain't No Love In The Heart Of The City" ist besonders bekannt in den Versionen von Bobby "Blue" Bland und Whitesnake. Carrack schlägt ein moderates Midtempo an und verziert die Nummer mit allerlei Versatzstücken aus Rhythm and Blues und veredelt mit einem kräftig soulenden Damenchor.

Mit "I Don' Want To Hear Any More" gibt Carrack so etwas wie ein eigenes Cover zum Besten: Die Nummer schrieb er für das vorzügliche Eagles-Comeback-Album "Long Road Out Of Eden". Hier wird er im Gegenzug mit dem Gastgesang von Don Henly und Timothy B. Schmit beehrt. Die Liebe ist ein zentrales Thema der zwölf Songs - ob als bluesige Erkenntnis "It Ain't Easy (To Love Somebody) oder im Balladen-Umfeld von "If I Didn't Love You".

Doch Carrack verbleibt auf voller Albumlänge nie ausschließlich in gediegenem Midtempo-Bereich. Neben Groove und Shuffle finden sich allerlei auflockernde Elemente in Form von Reggae-Arrangements mit Bläsersektion oder höchst gewinnend eingesetzten Steve Winwood-Stilanleihen.

Neben den beiden Eagles schaut später ein weiterer hochkarätiger Gastsänger auf "Love Is Thicker Than Water" vorbei: Sam Moore, der mit seinem einstigen Partner Dave Prater prägend für den Memphis-Soul der sechziger Jahre verantwortlich zeichnete ("Soul Man"), greift tief in die schwarze Sangeskiste.

Multitalent Carrack führt eine höchst beeindruckende Werkschau aus einem Guss vor. Das beginnt beim Songwriting und setzt sich in der blitzsauberen und schnörkellos ausgeführten Produktionsarbeit fort, die die einzelnen Stücke stets ins rechte Licht taucht. Trotz des Segelns in klassischen Songwriting-Gewässern dümpelt hier kein bräsiger Seelenverkäufer in der Sonne. Vielmehr durchstreift eine schnittige Yacht die musikalische See.

Mit einem höchst eleganten Handstreich setzt Carrack zum Ende noch einen drauf. Nach den ausgiebigen Varianten rund um die Bereiche Rock, Blues und Soul präsentiert er eine unwiderstehliche Blue Eyed-Soulnummer, die geradewegs aus der Feder Burt Bacharachs für eine Dame des Kalibers von Dionne Warwick stammen könnte. Nach dem für den Sixties-Komponisten typischen Intro mit sanften und doch akzentuierten Trompeten präsentiertPaul eine entspannte Easy-Listening-Nummer.

Im "I Know That Name"-Weinkeller stimmt die Qualität der eingelagerten Songs. Nie zu frühreif, aber auch nicht überlagert oder gar ungenießbar verschnitten: Carrack-Jahrgänge sind einfach gute Jahrgänge. Davon zeugen zufriedene Kunden wie Elton John, Roger Waters, Brian Ferry, die Pretenders oder The Smiths. An Empfehlungen und positiven Bewertungen mangelt es nicht in der Karriere. Doch am besten selbst einschenken und genießen!

Trackliste

  1. 1. Ain't No Love In The Heart Of The City
  2. 2. I Don't Want To Hear Any More
  3. 3. It Ain't Easy (To Love Somebody)
  4. 4. No Doubt About It
  5. 5. I Don't Want Your Love (I Need Your Love)
  6. 6. Stay Awake (I'm Coming Home)
  7. 7. Just 4 Tonite
  8. 8. Love Is Thicker Than Water
  9. 9. If I Didn't Love You
  10. 10. Who Am I?
  11. 11. Eyes Of Blue
  12. 12. Am I In That Dream?

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