laut.de-Kritik

Zwischen Trap, Pop und Melancholie.

Review von

Mit Perez wollen Jannik Perse und Moritz Brunner aka Jan & Mo Perez einen Neustart wagen. Gemeinsam mit ihrem Kumpel Aurel Spieth waren sie im vergangenen Jahr als Schlaraffenlandung bereits auf den großen Festival-Bühnen des Landes zu sehen und spielten nebenbei sechsstellige Streaming-Ergebnisse ein. Wer in so kurzer Zeit schon alle Punkte auf der Bucketlist abgehakt hat, kann sich entweder auf seinen Lorbeeren ausruhen oder noch mal von vorne anfangen.

Jetzt also Perez. Soundästhetisch schien, der ersten Hörprobe von Perez' Erstling nach zu urteilen, der Zug in eine gänzlich andere Richtung zu fahren. Funkiger, bunter, leichter als zuvor. Leider stellt "Drama" auf "So Was Wie Ein Album" eine Ausnahme dar. So wirklich können sich die beiden Stuttgarter von ihrem Debüt-Projekt nicht lösen.

Dabei startet das Album ziemlich interessant. "Perez" eröffnet mit trappigen Snares, die ein fetter rollender Bass unterstützt. Dazu frontet Jan in Richtung derzeitiger Amtsinhaber in Sachen Deutsch-Rap-Chart-Bosse: "Es ist der Typ mit dem Rauch in der Stimme, der keinen Beat braucht bloß um lauter zu klingen / der keine Tracks baut wie die Bauwagen-Hymnen, die mit whacker Force (?) Palmen aus Plastik besingen." Auch der Drop weckt Interesse, löst er sich nicht nur in x-zählige Synthies auf, sondern stellt eine E-Gitarre in den Vordergrund.

Der zweite Track führt allerdings schon wieder zurück in Schlaraffen-Gefilde. "Fluchtpunkt" klingt deutlich ruhiger, melancholischer und erzählt von den Versagensängsten der Generation XYZ: "Um den Hals das Rettungsseil, in der Hand die Borderline / wie kann man nur so überfordert sein / dass man erwachsen wird, das weiß man doch im Vorhinhein." Auch die Motivations-Hymne "Kilometertief" und "Kugeln", das mehr mit Autotune und Synthesizern spielt, schlagen eher in die melancholische Kerbe.

"No Sellout", "Doppelt Oder Nichts" und "So Was Wie Ne Tour" geraten dafür wieder deutlich energetischer. Jan zeigt sein rap-technisches Können, variiert viel in Rhythmik, Tempo und Intonation. Er weiß seine Stimme clever einzusetzen, erzeugt in einem Herzschlag sofort eine andere Atmosphäre. Einzig seine Doubletime-Passagen sind teilweise schwer verständlich.

Auch Mo macht einen mehr als guten Job. Er baut vielseitige Beats, schafft passende Dynamiken für Jans Texte und meistert die Gratwanderung zwischen poppig-eingängig und raueren Genre-Tönen.

Und hier kommt das große ABER. Bei fast jedem Track saust ein Satz durch den Kopf: "Hey, das klingt wie ..." Füllen die Lücke zu Beginn noch Prinz Pi oder Casper, kommen einem im weiteren Verlauf Künstler wie Flume oder Bilderbuch in den Sinn.

Natürlich kann ein Vergleich mit erfolgreichen Künstlern auch ein großes Kompliment sein. Meist kennzeichnen derartige Vergleiche allerdings einen gewissen Mangel an Originalität. Was durchaus schade ist, denn Perez zeigen ja, dass sie sowohl vielseitige als auch eingängige Musik erschaffen können. Bleibt abzuwarten, ob ihnen "noch ein paar Jahre Selbstfindungsphase" hilft, dem ur-eigenen Sound noch ein Stück näher zu kommen.

Trackliste

  1. 1. Perez
  2. 2. Fluchtpunkt
  3. 3. Kilometertief
  4. 4. Kugeln
  5. 5. Drama
  6. 6. Picasso
  7. 7. No Sellout
  8. 8. Doppelt Oder Nichts
  9. 9. So Was Wie Ne Tour
  10. 10. Gauloises
  11. 11. Zu Hause (Bonustrack)

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LAUT.DE-PORTRÄT Perez

Eigentlich haben die Jungs das Game ja schon einmal durchgespielt. Streaming in Millionenhöhe, Headliner-Tour und Präsenz auf allen Festival-Bühnen …

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