laut.de-Kritik
Popmusik mit Tiefgang vom Ex-Bauhaus-Fronter.
Review von Michael EdeleIch bin mir nicht mehr sicher, mit welcher Erwartungshaltung ich an "Unshattered" heran gegangen bin. Aber was mir da letztendlich entgegen schallt, ist bestimmt nicht das, womit ich gerechnet habe. Mit dem Vorgänger "Dust" hat das jedenfalls so richtig gar nichts gemein.
Der Opener "Idle Flow" lässt zwar mit seinem Drumbeat noch die Möglichkeit offen, orientalische Klänge zu intonieren, doch nachdem eine flashige 70er-Gitarre und Murphys schwer an David Bowie angelegter Gesang einsetzen, ist die Illusion dahin. Griffiger Poprock ist angesagt, der locker und beschwingt durch die Boxen fließt. Kaum zu glauben, dass hier die beiden Ex-Porno For Pyros-Mucker Stephen Perkins und Peter Distefano mitgearbeitet haben. Fast könnte man sich die Nummer als Soundtrack zum neuen Bond-Streifen vorstellen, wenn der Chorus nicht so fröhlich wäre.
Moment, fröhlich? Wir reden hier doch immerhin über Peter Murphy, ehemals Fronter der Gothic-Pioniere Bauhaus, oder? Allerdings. Aber "Kiss Myself" setzt noch einen drauf und weckt beim Rezensenten Erinnerungen an Hootie mit seiner Mundharmonika und den Akustikgitarren. Wunderbar, wie variabel Murphy seine Stimme einsetzt und einmal mehr an Bowie erinnert. "Piece Of You" lebt von tollen Bassmelodien und leichtem Discofeeling, das durch die akustischen Melodien und Gesangslinien nie überhand gewinnt.
Leichte Ambientklänge verzieren "Face The Moon", das ebenfalls durch das Bassspiel von Deon Estus enorm gewinnt. Selten habe ich den ehemaligen Bauhaus-Sänger so entspannt und gut aufgelegt erlebt wie auf diesem Album. Allein "Emergency Unit" und dem folgenden "Thelma Sings To Little Nell" hängt eine gewisse Melancholie an, die sich aber nicht mit dem Rest der Platte beißt, sondern gelegentlich an Nick Cave erinnert.
Im Stile "Piece Of You" swingt "The Weight Of Love" daher und setzt vereinzelt auf ein paar Bläser, ehe "Give What He's Got" ein wenig mehr Drive entwickelt. Am rockigsten fallen allerdings "Blinded Like Saul" und das Coldplay-artige "The First Stone" aus, bei denen die beiden Pornopyromanen Distefano und Perkins erneut mitgearbeitet haben. Richtig orientalisch wird es abschließend allerdings mit "Breaking No One's Heaven", bei dem Produzent Gardner Cole (u.a. Madonna) sämtliche Instrumente übernimmt.
Leute, ich weiß ja nicht, wer sonst meine Reviews liest, aber der Durchschnittsmetaller sollte seine Finger von "Unshattered" lassen. Das ist definitiv Popmusik und zwar mit jeder Menge Tiefgang.
1 Kommentar
ich weiß, wer deine reviews liest, mr ed.
und genau deshalb sollte der durchschnittsmetaller hier zugreifen.
...er wäre hinterher vielleicht nicht mehr...ähem....durchschnitt