laut.de-Kritik
Singender Gummiball? Hamster auf Acid?
Review von Adrian MeyerStreicher - zuerst sanft - dann im Staccato, eine eingänge Basshook und simples Drumming - und dann plötzlich diese Stimme! Völlig unerwartet erwischt sie einen im Opener "I Sleep Beneath The Golden Hill" auf dem falschen Ohr und wirft dich vor Überraschung beinahe aus dem Sessel! Die Gummibärenbande auf Helium? Ein Hamster auf Acid?
Peter Piek ist ein Kuriosum. Multi-Instrumentalist, Maler, Autor, Songwriter - ein Gesamtpaket sozusagen. Der Zwei Meter-Schlaks aus Leipzig mit der ungewöhnlichen, hohen Stimme verwandelte für seinen Zweitling "I Paint It On A Wall" Songideen zuerst in Bilder, die er anschließend wiederum vertonte.
So originell die Idee, so gewöhnlich die Musik. Peter Piek macht Indierock, der auf Albumlänge kaum über ein paar Farbtupfer hinaus kommt. Vor allem die erste Albumhälfte lebt von der Überraschung und einigen mitreißenden Liedern. "I Sleep Beneath The Golden Tree" ist catchy as hell, wobei sich Piek für sein "gaulden hill" schamlos der Meyer-Landrut'schen Diktion bedient.
"What About The Ladies" taugt als veritabler Indiekracher, aber mein Gott ist Pieks Stimme gewöhnungsbedürftig! Sie wirkt beim ersten Kontakt skurril, fast unfreiwillig komisch. Im zuckersüßen Liebeslied "Elli" etwa kommt man nicht umhin, sich einen singenden Gummiball vorzustellen.
"I Paint It On A Wall" bringt erfrischende Breaks und überraschende Melodiewendungen. Zu Pianoklängen und einer angenehmen Bassline auf "Underwater Death Song" singt Piek auch auf deutsch. Doch kaum sickern die ersten Wortfetzen ins Gehirn, blickt man ungläubig ins Textheft - das kann doch nicht wahr sein: "Ich mag Steine / diesen hier besonders / er ist groß und dunkel / aber ich schaue lieber in die Sonne"?
Was zuerst als kaltblütige Ironie ankam (bei einem studierten "Künstler" kein abwegiger Gedanke), entpuppt sich nach und nach als purer Ernst. Tatsächlich reihen sich ab Albummitte meist zusammenhangslos naive Slogans zu unoriginell klischeehaftem Songwriting zusammen. Das liest sich dann wie folgt: Everyday in a different city / now I'm walking down the street / I've got something to say / I'm thinking of yesterday" ("Shades Of Grey In December"). Blablabla, Rhabarber Rhabarber geht mir durch den Kopf, während ich den Tauben beim Würmerpicken auf der Nachbarswiese zugucke.
Einzig das nett geratene "Tree" bleibt noch ein Lichtblick. Originelle Ideen mögen hier einzeln als auf Canvas gemalte Slogans ganz gut funktionieren. Für komplette Songs fehlt es aber an Substanz und Zusammenhang.
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