laut.de-Kritik
Ochsenblut-farbene Melancholie prägt dieses Gothrock-Highlight.
Review von Ulf KubankeSeit ihrer Auferstehung vor ein paar Jahren schmeißen Mic Jogwer und Co ein Gothrock-Highlight nach dem anderen auf den Markt. Auch das zur Silberhochzeit vorliegende Opus "Storm" bildet da keine Ausnahme. Ein echter Bildersturm für die Ohren! Die zehn Tracks klingen als Kollektion fast wie eine Best Of-Sammlung.
Eigentlich kämpft ja kaum eine Musikrichtung derzeit so sehr mit kreativer Stagnation und Epigonentum wie Gothic. Ikonen wie die guten alten Sisters, Bauhaus oder Fields erwachen nur sporadisch aus dem selbst gewählten Koma. Cure sind in kreativer Hinsicht auch nicht mehr was sie mal waren. Doch ihr übergrößer Schatten scheint ganze Generationen nachfolgender Bands zu Nachahmern zu verkrüppeln.
Bei Pink Turns Blue aber gerät schon der Einstieg suchtgefährdend. "Fairy Said" vereint postpunkige Endsiebziger a la Joy Division mit einem nervös hingeschleuderten House-Piano. Der schon bekannte Szenehit "Storm Rider" ist ein typischer PTB-Klopper. So straight angepunkt und dunkel wie ein Bastard aus "Meta" und dem sträflich unterschätzten "Perfect Sex".
Die Lieder leben vom stets charismatischen Gesang Jogwers und dem unverwechselbaren Gitarrensound des Bandchefs. Zwischen sägend und verspielt versorgt er die Stücke mit tollen Waverock-Figuren, die von kompositorischen Ideenreichtum zeugen.
Ohnehin profitiert die Musik des Kölners von seiner vielseitigen Offenheit. Immerhin haben die Pinkies zwischendurch auch schon Rave und Punk gemacht. Doch keine Angst. Die Zeit der totalen Experimente ist lang vorbei. Ochsenblut-farbene Melancholie prägt das Bild dieser Scheibe.
"Angels Grow Wings" ist solch ein intensiver Downer, der gleichwohl viel Spaß macht. Auch "Barcelona" lebt von den kalt gekachelt eingestreuten Backing Vocals von Keyboarderin Brigid Anderson. Sparsam und songdienlich ohne die szenetypische Melodramatik, und gerade deshalb besonders wirkungsvoll. Auf dem wilden "To The Core" darf die Gute dann auch mal so richtig John Lydon-mäßig abgehen.
Der WGT Headliner 2010 ist mal wieder eine feste Bank in Sachen Qualität und Hitdichte. Der einzige Wermutstropfen besteht darin, dass Jogwer seine Fähigkeit, die eigenen Kompositionen auch rein akustisch wirken zu lassen ("Muzak") leider komplett verdrängt zu haben scheint. Doch was nicht ist, ist möglich. In dieser Form braucht man sich jedenfalls keine Sorgen um die Zukunft der einzigen deutschen Wave-Ausnahmeband neben Die Art zu machen.
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