laut.de-Kritik

Die Schlange frisst ihren eigenen Schwanz.

Review von

Die Stimme klingt immer noch nach Samt und Nikotin. Nur diesmal, auf seinem sechsten Longplayer "Ouroboros", geht Ray Lamontagne deutlich psychedelischer, langatmiger zur Sache. Achteinhalb Minuten nimmt sich der Opener "Homecoming" Zeit zur Entfaltung. Alles trägt eine lange und schwere Hallfahne hinter sich her. "The Birdsong, tugging on my slumber / Opens my eyes / Slowly I am woken to find / Your hand in mine", singt er. Eine fieberhaft-mittsommerliche Retrospektive in Sepiatönen ist dieses Nachhausekommen. Bald schon wird es deutlich finsterer werden.

Hat Lamontagne bei seinem letzten Album "Supernova" mit Dan Auerbach von The Black Keys als Produzenten gearbeitet, ist es diesmal mit Jim James von My Morning Jacket erneut ein prominenter Musiker, der für die Produktion verantwortlich ist. Auf "Ouroboros" setzt der Singer/Songwriter auf effektierte Gitarren und Atmosphäre. Nachdem mit "Homecoming" der Anfang gemacht ist, tauscht Lamontagne bei "Hey, No Pressure" die Akustikgitarre gegen eine fuzzlastige E-Gitarre, ein bluesiges Rockriff übernimmt.

Lamontagne hat Zeit. Hier muss nichts auf den Punkt kommen. Die Stücke gravitieren um sich selbst - und das passt gut zum Albumtitel: "Ouroboros" ist eine Schlange, die ihren eigenen Schwanz frisst. So geht es Lamontagne hier weniger um kompakte, greifbare Songs, sondern viel mehr um Stimmungen und Atmosphäre. Letztere ist meist düster, das Schlagzeug schleppt sich stoisch voran, alles bleibt zumeist im Mid-Tempo, steigert sich in Dramatik zunehmend.

Gelegentlich ist das zeitliche Ausufern - bei aller Qualität der Stücke - ein wenig zu viel des Guten. Vor allem der Opener hätte in halber Länge ebenso gut, wenn nicht sogar noch ein wenig besser funktioniert, auch "The Changing Man" ist mit sechseinhalb Minuten nicht unbedingt zeitökonomisch. Das ist aber auch schon alles, was es an "Ouroboros" zu bekritteln gäbe, denn ansonsten ist der Longplayer eine durch und durch geglückte, selbstversunkene Introspektion durch Schattenlandschaften.

Eines der großartigsten Stücke der Platte ist "While It Still Beats", das sich - erneut im schleppend-mittleren Tempo - zwischen Euphorie und Dunkelheit symphonisch verdichtet, ehe "In My Own Way" dann wie ein Durchatmen wieder einen Gang runterschaltet und, ähnlich dem Opener, wieder auf Akustikgitarre setzt. "I'll Spend My Day in my own way", heißt es da, bevor ein atmosphärisches, an David Gilmour erinnerndes Solo einsetzt.

Apropos Gilmour: Pink Floyd, beziehungsweise deren Geist, sind hier in vielen Punkten omnipräsent. Das eben genannte "While It Still Beats" eröffnet auch den zweiten Teil der Platte, den Lamontagne programmatisch und dem progressiven Psychedelik-Anspruch Rechnung tragend in zwei Abschnitte geteilt hat, die sich voneinander allerdings nicht wirklich unterscheiden. Einzig die Dynamik von Stücken wie "Hey, No Pressure" im ersten Teil erreicht der zweite Teil nicht mehr.

Das Finstere, Mystische auf "Ouroboros": es steht Lamontagne gut.

Trackliste

  1. 1. Part One - Homecoming
  2. 2. Part One - Hey, No Pressure
  3. 3. Part One - The Changing Man
  4. 4. Part One - While It Still Beats
  5. 5. Part Two - In My Own Way
  6. 6. Part Two - Another Day
  7. 7. Part Two - A Murmuration Of Starlings
  8. 8. Part Two - Wouldn't Make It A Lovely Photograph

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