laut.de-Kritik

Sind das die neuen Propheten des Multimedia-Zeitalters?

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Das Berliner Trio Rechenzentrum konnte sich gleich mit seinem ersten Release ins Zentrum der elektronischen Musikszene katapultieren. Ein fulminanter Start, wie ihn sich wohl jede Band wünscht. In diesem Jahr nun beweisen Rechenzentrum, dass sie nicht umsonst von einer gefeierten Performance zur nächsten reisen. Ob sie nun die lange erwarteten Propheten des Multimedia-Zeitalters sind, wie manch ein Feuilletonist glauben machen mag, muss jeder für sich beantworten. Fakt ist, dass es Rechenzentrum mit "Director's Cut" gelingt, ihrem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Bild und Ton gehen hier eine so enge Liaision ein, wie noch nie zuvor im Bandkontext - und das zählt.

Bislang scheiterten die Multimediakünstler bei ihren Releases regelmäßig an den eigenen, visionären Vorstellungen von einer Bildermusik der Zukunft. Kein Wunder, dass Live-Auftritte von jeher weit mehr als lediglich ein zweites Standbein waren. Dank ihrer Performances konnten Rechenzentrum unter Beweis stellen, dass bei weitem nicht alles, was auf intellektueller Ebene lebhaft andiskutiert wird, Illusion bleiben muss. Hier funktionierte das Wechselspiel von Sound- und Bildebene auf geradezu beispielhafte Art und Weise. Einzig für die adäquate Konservierung fehlte ein geeignetes Medium. Klar, dass sich die Herren begierig auf ein neues Format wie die DVD stürzen würden, das es endlich erlaubt, bebilderte Soundtracks in hochwertiger Qualität zu produzieren.

So kommt "Director's Cut" als CD-DVD-Doppelpack. Der erste Silberling ist eine normale CD mit lediglich der Tonspur drauf, während die zweite Scheibe auf der einen Seite die Pal-Version, auf der anderen Seite die NTSC-Version von "Director's Cut" enthält. Die flächigen Ambient-Arrangements zu Beginn von "Director's Cut" finden so in abstrakten Form- und Farbspielen ihren Widerhall, die sich durchaus auch hin zu gegenständlichen Filminhalten entwickeln können, um so die assoziative Kraft der Musik zu konkretisieren. Dann wieder stehen die Bilder mit ihrer gebrochenen Rhythmik im Kontrast zu den straighten Beats von minimalen Tech-House-Tracks wie "Benshi". Einem Plot im eigentlichen Sinne folgen die Bilder jedoch nie. Vielmehr vermitteln sie im Wechselspiel mit der Musik den Eindruck eines sich ständig wandelnden, häufig an- und auch wieder abschwellenden Stroms an Informationen.

Rechenzentrum machen hier vor, wie Musikvideos jenseits des alltäglichen MTV-Gesäusels aussehen können, wenn man die Formensprache des jeweiligen Mediums jenseits konkreter Gegenständlichkeit auslotet und aufeinander bezieht. Klar, dass dies eine sehr intellektuelle Angelegenheit ist. Langeweile kommt deshalb aber noch lange nicht auf.

Trackliste

  1. 1. Gaujaq Totale
  2. 2. Lye
  3. 3. Tiefenschärfe
  4. 4. Slate
  5. 5. Bleichbadüberbrückung
  6. 6. Nelson Reshoot
  7. 7. Projektor
  8. 8. Benshi
  9. 9. Synchron
  10. 10. 35mm
  11. 11. Paramount
  12. 12. Hommage
  13. 13. Happy End

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