laut.de-Kritik
Für diese Lady lässt man alles stehen und liegen.
Review von Andreas BättigWas uns auf "Begin To Hope" begegnet, ist herzerweichend, köstlich, leicht und macht verdammt gute Laune. Bereits bei "Fidelity" schmilzt das Herz dahin. Regina Spektor singt so ungezwungen, so verträumt und mit einer Leichtigkeit, die ansteckend ist: "I hear in my mind all these voices, I hear in my mind all this music and it breaks my heart". Wenn eine Sängerin Hoffnung macht, dann ist es Spektor. Ihre Lieder sind nicht so schwer wie die der Songwriterkolleginnen Beth Gibbons oder Anna Ternheim, von Belanglosigkeit kann jedoch nicht die Rede sein. Es ist die Mischung aus Sensibilität, Theatralik und Optimismus, die den Hörer warm umhüllt.
Eine zerzauste Bett-Wohlfühl-Atmosphäre ruft Spektor selbstbewusst mit ihren Beats, Klavier und den Streichern hervor. Man will diese Platte umarmen, ihr Aufmerksamkeit schenken und schlussendlich für besondere Momente aufheben. Kein Wunder also, dass Julian Casablancas von der New Yorkerin begeistert war und sie vor vier Jahren auf die ausverkaufte Nordamerika-Tour der Strokes mitnahm.
Im Gegensatz zu "Soviet Kitsch" sind die Arrangements auf "Begin To Hope" opulenter. Spektor experimentiert, reflektiert, mischt Rhythmen mit Streichern und Klavier. Dass sie aber noch immer diese 'Eine Frau und ein Piano-Performance' perfekt beherrscht, zeigt sie bei "Samson". Die Violinen halten sich dezent im Hintergrund. Leidenschaftlich, jedoch zurückhaltend und in ihren Gedanken versunken, singt die geborene Russin Zeilen, die zeitlos sind: "You are my sweetest downfall. I loved you first." Man muss kein Romantiker sein, um sich spätestens hier einzugestehen, dass Spektor einfach nur verdammt berührt. Please. Repeat.
Die Kissenschlacht kann bei "On The Radio" beginnen. Ein bisschen poppiger als zuvor fusionieren Saiten- und Tastenklänge zu einem vorantreibenden Beat. Die Sängerin kokettiert und lässt den Hörer schmunzeln. Verdammt viel Soul beinhaltet "20 Years After Now". Wie ein Stück aus einem romantischen Gruselfilm beginnt das Lied verzaubert. Immer wieder tauchen winzige, verspielte Klangfetzen auf, Beats erscheinen plötzlich und verschwinden wieder im Nichts. Einzig der Gesang Spektors sowie das Klavier bilden einen roten Faden.
Mit "Lady" folgt gegen Schluss ein Stück, das das Jazz-Herz aufblühen lässt. Man stelle sich vor: Ein alte, verrauchte Bar, voll gestellt mit vielen winzigen Souvenirs aus vergangenen Tagen, der Rauch legt sich wie ein Schleier über den Raum. Eine Frau sitzt im Halbdunkel in einer Ecke am Piano. Sie fordert mit ihrer Stimme die volle Aufmerksamkeit. Das Bier wird in Ruhe gelassen, die Zigarette bleibt im Aschenbecher. Man lauscht den Worten, horcht der Klaviermelodie. Es ist die Aura einer Lady, die den Raum füllt. Das Saxophon deutet sich im Verlauf des Stücks jeweils nur kurz an, beendet aber den Song mit einem virtuosen Solo. Die Lady verlässt die Bar mit dem Wissen, ein Album kreiert zu haben, das unglaublich fesselt.
1 Kommentar
Super anzuhören, wenn man nur nicht verstünde, was die Gute da singt.
Die Texte erinnern mich an einen - ungenannten - Siebzehnjährigen der entdeckt hat, dass es in seinem Leben Dinge gibt, die nur er erlebt hat. Darum sammelt er in seiner Lyrik möglichst viele unverständliche und zusammenhanglose Banalitäten und hält das ganze dann für Weltverständnis und emotionale Tiefe. - Bissi dünn, das.
Ich bin sehr gespannt, was die Frau Spektor noch machen wird, und freue mich auch drauf, und bis dahin werde ich einfach versuchen, nicht so genau hinzuhören. Schön ist die Musik allemal!
Ich persönlich find' das ja auch toll, dass immer mal wieder ihre klassische Klavierausbildung durchschimmert. Das wertet die Geschichte nochmal ein wenig auf.
Mein Fazit: Schöne Platte, nur auf Japanisch oder Swaheli fänd' ich sie noch besser. ;^)