laut.de-Kritik
Memes für den Nervous Rap-Durchbruch.
Review von Yannik Gölz"Will he perform if he got money right in front of him?" fragt Remble seinen Hörer in den ersten Lines seines Debütalbums. Die Line ist so generisch, wie sie absolut eingängig ist – und wenn man nicht auf sich aufpasst, wird der zugehörige Song "Touchable" den Rest des Tages im Kopf bleiben. Remble ist die Sorte Rapper, die auch zwischen Dutzenden Newcomern durchschlägt. Er hat eine Delivery, die in jedem Fall eine Reaktion auslöst. Er klingt besorgt, fast ein bisschen hysterisch, aber spricht dabei trotzdem mit einem dünnen Lack Ruhe jede Silbe millimeterpräzise aus. Songs wie "Gordon R Freestyle" haben sich aus diesem Grund augenblicklich über TikTok verbreitet. Dass das alles trotzdem mehr als ein Gimmick ist, beweist er nun mit "It's Remble": Sein Debüt holt alles aus dem Sound heraus, was man herausholen kann.
Witzigerweise ist er ja auch gar nicht so sehr Unikum, wie man als nicht-LA-Rap-Fan vermuten würde. Sein größter Einfluss kommt wohl von seinem Labelboss Drakeo The Ruler, der an der Westküste in den letzten Jahren das Nervous Rap-Subgenre etabliert hat. Das hört sich auch genau so an, wie man es vermuten würde: Paranoide Synthesizer-Beats, grummelnde Trap-Grooves und Rap zwischen angespanntem Reden und Flüstern. "I Mean It" und "Touchable" sind Meisterklassen dieser Formel: Unter ihrem skurrilen Sound lauert eine glaubhafte Dunkelheit, Rembles angespannte Tonlage und die Glocken und Spitzen im Beat erhöhen instinktiv die Herzfrequenz.
Aber auch, wenn Remble unerklärlich gut in Hooks ist, verlässt sich diese Platte nicht auf die Suche nach dem nächsten viralen TikTok-Snippet. Viele Songs bestehen nur aus einem einzelnen, langen Part, auf dem er nicht nur genuin kleine, überzogene Stories erzählt, sondern auch wirklich Bar für Bar runterspittet. "I tried to tell you my story, but you didn't really listen" rappt er dann auf "Ruth's Chris Freestyle" über einen zweiminütigen, beeindruckend dichten Verse und lässt keine Frage zu seinen Rap-Ambitionen offen. Zum Abschluss betritt Drakeo The Ruler mit seiner unverwechselbaren, gepressten Flüsterstimme den Song und verbreitet eine Aura, wie es nur ein echter OG könnte.
Es entsteht einfach eine einzigartig dichte Atmosphäre auf "It's Remble", vielleicht weil seine oberflächliche Cartoonhaftigkeit so absurd mit der Ernsthaftigkeit der Themen und der Stimme kollidiert. So überzeichnet er das Straßenleben auch darstellt, es bleibt eben doch kein Funken Zweifel, dass das nicht einen sehr wahren Kern hat. Wenn er dann auf Songs wie "Firesticc (feat. B.A.)" "You spent a band on the gun you are dying with" rappt, entsteht das Gefühl eines absurdistischen Hard-Boiled-Romans, den das Nervous Rap-Genre ab und zu überraschend gut darstellen kann.
Vielleicht hilft es auch, dass Sound und Produktion dank lokaler Produzenten-Köpfe wie Laudiano und 10Fifty die Platte frisch und kurzweilig halten. Es gibt die schlichten Banger, auf denen Groove und Energie in den Vordergrund gerückt werden, aber dann tragen manche Songs aber auch ein reales Gefühl von Depression und Trauma in sich. "Ask Madden" oder "Never Tell" bringen OG-LA-Sounds an den Start, die aber mit schrägen Harrmonien und gelegentlichen Dissonanzen noch besser in die Atmosphäre des Tapes eingepasst werden.
Remble ist der Durchbruchs-Artist einer extrem spannenden Szene, weil er den Nervous Rap-Sound perfekt massentauglich aufbereitet hat, aber trotzdem all seine Qualitäten in endlos markanten One-Linern und Hooks abruft. Es tut gut zu sehen, dass ein Rapper aus einem recht linearen Sound immer noch ein geiles, kurzweiliges Tape machen kann, das alle Facetten eines Sounds erkundet und weiterentwickelt. Wenn das so weitergeht, könnte ein ernster Vorbote für den modernen Untergrund-Sound von der Westküste bis Detroit darstellen.
2 Kommentare
Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.
Solides Debütalbum fürn Newcomer… Hoffe mal das der aber nicht gleich ein Fall-Off wird, da er viel Konkurrenz in der Westcoastszene hat… Sein Flow ist aber vielversprechend…