laut.de-Kritik
Purple Rain in den Straßen von Manhattan.
Review von Dominik KrausLove Is Hell. In der Tat kann das, was einst so wunderbar und verheißungsvoll begann, im Laufe der Zeit zu einer recht ungemütlichen, ja geradezu höllischen Sache werden. Ein Umstand, der schon so manchem Künstler zu kreativen Schüben verhalf und speziell Ryan Adams sehr zu bewegen scheint, ist sein neuester (Beinahe-) Longplayer doch bereits Part 2 seiner persönlichen Liebeshölle.
Waren es auf Part 1 noch acht Tracks zum Thema Lieben und Leiden in NYC sind es auf dem zweiten Teil nur noch sieben Stücke, die es zusammen jedoch auf immerhin ca. 26 Minuten bringen. 26 voller Minuten voller Gefühl und Sehnsucht und abgeklärter Refkexion. Passend dazu ist "Love Is Hell", im Gegensatz zu seinem letzten "echten" Album "Rock'n'Roll", sehr stark akustisch orientiert. Wanderklampfe, Piano, auch mal Kontrabass und sparsamer Drumeinsatz prägen den Sound des größten Teils der Platte.
Eine Ausnahme bildet hier lediglich "City Rain, City Streets", wo die Gitarre mal ein bisschen Strom bekommt und Adams beweist, dass er ein Meister des Smiths-esken Songrwriting ist. Ansonsten sind die in Songform dargereichten Episoden seiner N.Y.C. - Zeit, in denen er sich unter anderem als Pizzabäcker und in guter alter amerikanischer Tradition als Tellerwäscher verdingte, sehr feinfühlig vorgetragene Stücke, die sich vor allem im Singer/Songwriter-Kontext bewegen und sich zum Teil sogar ganz sachte dem Jazz nähern.
Nicht zuletzt ob dieser Songwriter- und Singer-Qualitäten wurde ja er von etlichen Magazinen bereits mit dem etwas vorschnellen Ehrentitel "The new Bob Dylan" bedacht. Eine Einschätzung, die nach Hören von "Please Do Not Let Me Go" oder auch "English Girls Can Be So Mean" tatsächlich nicht ganz falsch erscheint. Sehr behutsam und angenehm auf den (minimalen) Punkt hin produziert, entfalten die rundum gelungenen Songs eine wohlig melancholische, auf keinen Fall jedoch traurige oder gar depressive Stimmung.
So drängt sich überhaupt der Verdacht auf, dass die Zeit in Manhattan für Herrn Adams vielleicht nicht immer ein Zuckerschlecken (na ja, Tellerwäscher ...) war, es sich aber trotz der so gemeinen englischen Girls durchaus dort leben ließ. Schließlich sind amouröse Abenteuer nicht das Schlechteste, was einem widerfahren kann. Eine Zeit lang verliefen diese offensichtlich sogar im berühmt-berüchtigten Rock'n'Roll Hotel "Chelsea", in dem bereits Lou Reed seine Orgien feiern durfte, und wo man noch immer von Zeit zu Zeit in der Bar auf Typen wie Genesis P. Orridge trifft.
Eben dieser Brutstätte des Rock'n'Roll Lifestyle ist auch der spektakulärste Track der Platte gewidmet: "Hotel Chelsea Nights". In der Strophe eigentlich ein Cover von Princes "Purple Rain", entwickelt es sich zu einem Heartbreaker allererster Kajüte, um zwischenzeitlich einem an den legendären Ed Hazel erinnernden Guitar-Monsterdelay-Freakby Asyl zu gewähren, bis es den Hörer schließlich wieder in seine wohlig-warmen E-Piano Arme schließt. Sehr schön. Alles in allem eine sehr schöne E.P. (ist wohl das richtige Wort hier), die sich hervorragend eignet, sich in der kalten Jahreszeit zu Hause bei Kerzenlicht in der Liebeshöhle einzukuscheln.
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