laut.de-Kritik
Bemerkenswertes Comeback nach 25 Jahren.
Review von Michael EdeleTja, nun ist es also da, das dritte Sanctuary-Album, und ich als beinharter Nevermore-Fan müsste es eigentlich hassen. Immerhin ist die Sanctuary-Reunion zumindest teilweise für den Split von Nevermore verantwortlich. Das Problem ist nur: ich vergöttere "Into The Mirror Black", die letzte Sanctuary-Scheibe vor dem Split - und damit VOR der Geburt von Nevermore.
Willkommen also im Hier und Jetzt. Was erwartet uns nach der Rückkehr? Wird Warrel wieder zu seinen markerschütternden Schreien und dem extremen Kopfgesang zurückkehren? Sind wir ehrlich, damit konnte man kaum rechnen. Immerhin sind seit dem letzten Album 25 Jahre vergangen, und auch wenn das letze Album locker den test of time besteht - die Jungs selber sind ja auch älter geworden.
Was man auf "The Year The Sun Died" zu hören bekommt, ist aber definitiv Sanctuary. Bereits im Opener "Arise & Purify" kommt der bansheeartige Gesang von Warrel bestens zum Einsatz. Die Gitarrenarbeit von Lenny Rutledge und dem Sean Blosl-Ersatz Brad Hull ist mittlerweile mehr auf Groove ausgelegt (man höre nur "Question Existence Fading"), besticht aber immer noch mit treffsicheren Riffs und kernigen Melodien.
Wie immer ist es Warrels Gesang und seine Melodieführung, die aus guten Songs großartige machen. Dass die Songs - obwohl sie merklich simpler strukturiert sind, als die meisten Nevermore-Tracks - dennoch genügend Inhalt bieten, um als Grower bezeichnet zu werden, versteht sich von selbst. Dennoch werden vor allem die Gitarrennerds natürlich den spieltechnischen Unterschied zwischen Jeff Loomis und der Sanctuary-Fraktion schmerzlich bemerken. Gerade in Sachen Soloarbeit.
Was gerade dem balladesken "I Am Low" oder der direkt daran anschließenden Bombe "Frozen" nichts von der Klasse nimmt. Überhaupt gibt es auf dem Album keine Nummer, die auch nur ansatzweise als Ausfall bezeichnet werden könnte. Allein "One Final Day (Sworn To Believe)" fällt merklich aus dem Rahmen und ist ein wenig arm an Höhepunkten.
Wenn man bedenkt, dass Sanctuary sich Anfang der 90er strikt geweigert haben, sich dem Grunge anzunähern, wundert man sich über "The Dying Age" doch ein wenig. Doch auch hier gilt: man muss manchen Songs ein paar Durchläufe geben.
Nach dem kurzen Instrumental "Ad Vitam Aeternam" geht es mit melancholischen Titeltrack auch schon in die Endrunde. Ein würdiger Abschluss für ein richtig starkes Comeback-Album. Ob ich mir jetzt allerdings weitere Sanctuary-Alben wünschen soll, oder eher eine Nevermore-Reunion, das weiß ich jetzt immer noch nicht.
3 Kommentare
man kann ja so selten sagen: "da habe ich jetzt ein vierteljahrhundert drauf gewartet!" aber hier passt das mal.
Bansheeartig? Wat?
Ich bin von der Platte leider doch ziemlich - enttäuscht ist vielleicht ein etwas hartes Wort, aber, doch - enttäuscht. Das ist zwar Jammern auf allerhöchstem Niveau, weil "Into The Mirror Black" als Messlatte quasi nicht erreichbar ist, so emotional aufgeladen wie die Scheibe heute ist kann man als Fan nun echt nuicht mehr sagen was daran objektiv Genialität und was "hineingeliebt" ist. TYTSD hat zwar wieder sehr große Momente, die Klampfen killen sehr oft, Melodien und Sounds sind ausgesprochen originell und atmosphärisch. Aber die Songs sind mir zu oft nach Schema zusammengestrickt. Und bei den Gesangsmelodien hat sich Herr Dane für meine Begriffe verdammt wenig Mühe gegeben. Insgesamt fehlt da das dunkle Feuer. Ich gönne der Band jeden Cent, wer ein Werk wie "ITMB" schrieb soll sich gern an Musik dumm und dusselig verdienen. Wäre aber schön, wenn die Musik dann nicht ganz so deutlich nach "irgendwie weiter" klingt