Porträt

laut.de-Biographie

Sandow

Viele Menschen aus der ehemaligen DDR haben vermutlich mal den Song "Born In The GDR" der Cottbuser Band Sandow gehört. Jedoch hat diese Alternative- und Avantgarde-Formation weitaus mehr als nur diese eine Nummer von 1989 zu bieten. Ihr Schaffen unterschätzt man leider kläglich.

Sandow - Entfernte Welten Aktuelles Album
Sandow Entfernte Welten
Die Lausitzer hinterfragen systematische Zwänge.

Dieses Lied, das auf ein gigantisches Konzert Bruce Springsteens vor 160.000 Zuschauern ein Jahr zuvor in Ostberlin Bezug nimmt, hat man dabei oft als eine Lobeshymne auf den eigenen Staat missverstanden. Deswegen erscheint 1998 auf ihrer EP "Born" eine neu eingespielte Version dieses Songs. Sie arbeitet die Ironie des Textes konkreter heraus.

Sandow rufen Sänger, Gitarrist und Texter Kai-Uwe Kohlschmidt, der sich später auch als Autor, Komponist und Regisseur für Hörspiele, Feature, Theater und Film einen Namen macht, sowie Chris Hinze, der, wenn er nicht gerade mit seinem Gitarrenspiel brilliert, diverse Alltagsgegenstände wie eine Kettensäge oder einem Presslufthammer in den Songs bedient, 1982 als 13-jährige Jugendliche im gleichnamigen Cottbuser Stadtteil ins Leben. Später stoßen Tilman Berg an den Drums und Tilman Fürstenau als Bassist/Cellist zur Band.

Mit nicht öffentlichen Konzerten sowie Zug- und Fahrradtourneen wagen die vier Musiker ihre ersten Gehversuche. Durch die 1988 in die Kinos kommende Musikdokumentation "flüstern und SCHREIEN", die mehr als eine Million Zuschauer in der DDR sehen, füllen die Lausitzer plötzlich größere Hallen in Ostdeutschland.

Mit ihrer rebellischen Punk-Attitüde macht sich die Formation nicht immer Freunde. Das Musiktheaterstück "Aufbruch Und Aufruhr" mit einem Drehbuch Kai-Uwe Kohlschmidt stößt im selben Jahr bei der DDR-Führung alles andere als auf Begeisterung. Sie veranlasst mehrere Proberaumrazzien samt Festnahme. Das Stück verbietet man nach drei Aufführungen.

1989 nehmen die Cottbuser für das Staatslabel Amiga ihre erste Platte "Stationen Einer Sucht" mit dem Radiohit "Born In The GDR" auf, die man wegen seines für die Kulturfunktionäre brisanten Inhaltes erst nach der Wende offiziell veröffentlicht. Nach dem Mauerfall besticht die Band durch Vielfältigkeit. So führt man 1990 die Performance "Ngoma" mit insgesamt 500 Trommlern auf.

Weiterhin gehen sie mit Rio Reiser und Die Toten Hosen auf Deutschlandtournee. 1991 teilen sich die Lausitzer auf dem Bizarre Festival mit Iggy Pop und The Ramones die Bühne.

Sie schreiben mit "KänGuru" (1991) eine Theaterproduktion. "Schluss Mit Dem Gottesgericht", ein Hörspiel für den SFB, kommt 1993 auf dem Markt. Ein Jahr später treten Rammstein, zu diesem Zeitpunkt noch völlig unbekannt, bei der Live-Tournee der Lausitzer als Vorband auf. Außerdem bleibt von ihren ursprünglichen Punk- und New-Wave-Wurzeln nicht mehr all zu viel übrig.

Kontinuierlich kommen weitere Einflüsse hinzu, die Sandow verinnerlichen und zu etwas Neuem zusammensetzen. Ihre Musik greift die wuchtige Klangästhetik von Laibach und Test Department genauso auf wie die noisigen Gitarrenklänge der Swans.

Ihre poetischen Texte beleuchten die emotionalen Zustände des Einzelnen innerhalb eines gesellschaftlichen Systems. Sie fungieren als Gedankenströme, die sich erst nach einer gewissen Zeit zu einem vollständigen Bild formen. Diese Entwicklung erreicht mit "Stachelhaut" von 1999 ihren Höhepunkt. Im selben Jahr löst sich die Band aufgrund persönlicher Differenzen auf.

Die Wiedervereinigung Sandows erfolgt 2007. Lars Neugebauer ersetzt Tilman Berg an den Drums. Das erste Reunion-Konzert findet mit dem Filmorchester Babelsberg in der Nikolaikirche Potsdam statt. Mit der Beteiligung des Soundtüftlers Z.A.P. entsteht im gleichen Jahr die Platte "Kiong - Gefährten Der Liebe". Tilman Berg kehrt 2010 wieder zurück. In der Folge verlassen Lars Neugebauer und Z.A.P. die Band. Danach wenden sich die Cottbuser einem Hörspiel zu, "Im Feuer" (2012).

Bis zum nächsten Studioalbum "Entfernte Welten" müssen sich die Fans dennoch lange gedulden. Die Scheibe finanzieren sie 2016 per Crowdfunding. Die Platte greift in den Lyrics Kai-Uwe Kohlschmidts Erfahrungen in Papua-Neuguinea mit der Künstlergruppe Mangan 25 auf und besitzt das übergeordnete Thema einer neuen Weltordnung.

Das Album erscheint im Herbst 2017. Sandow beweisen aufs Neue, dass sie noch längst nicht alle Ausdrucksmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Zwischen dadaistischer Poesie, rauen Industrial-Rock-Klängen und Hörspiel-Expeditionen durch die Wüste gibt es eine Menge zu entdecken.
So klingen die Lausitzer auch vier Dekaden nach der Gründung so abenteuerlustig wie eh und je.

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