laut.de-Kritik
Ein halbes Pfund Gitarrenrock, 1 Tüte Reggae, etwas Jazz und ein Liter Disco
Review von Gurly SchmidtOb sich da jemand unseren Genre-Guide angeschaut hat, bevor die Platte produziert wurde? Sashas neue Scheibe "...you" klingt ganz gewaltig danach. Ein grosses Stückchen Ballade, 100 Gramm Soul, ein halbes Pfund Gitarrenrock, 1 Tüte Reggae, zwei Einheiten Jazz und ein Liter Disco.
Aber rauskommen tut keine Mischung im Sinne einer kulinarischen Köstlichkeit, sondern Häppchen. Zwölf kleine Häppchen, die zwar in sich stimmig und wohlgeformt, aber als Ganzes gesehen grandios sinnlos aneinandergereiht sind. Ein roter Faden ist nicht zu erkennen: Kein Menü, eher ein Nutella-Salami-Brot mit einem halbtrockenen Weisswein. Und du fragst dich: Was ist nun eigentlich Sashas Musik? Was ist sein Stil? Wo bin ich?
Erholt man sich vom Schmerz der Zusammenstellung, kann man dazu übergehen, die Random-Taste zu betätigen und die Häppchen einzeln als Entitäten zu betrachten. "Let me be the one", die Einstiegssingle auf "...you" klingt ganz nach Sasha, wie man sich ihn vorstellt. Der Klang einer akustischen Gitarre ist die weiche Einstimmung in ein träumerisches Liebeslied, der Sashas Stimme passend zu begleiten vermag. Der Background Chor kann mit "ahahaha" das Nötige beisteuern, um den Song als einen guten, moderat beschwingten Popsong zu gestalten.
Weiter geht's mit "Love is all around" und hier tun die Harfenklänge ihr bestes, um uns in Sashas Märchenwelt zu entführen. Was an diesem Song und zeitweise auch in allen anderen so gewaltig stört, ist, dass Sasha nicht zu wissen scheint, dass man beim Singen die Töne nicht auf einem Konsonanten hält. Und wenn er "spinnnnnnnnnnnnnn" singt, hört sich das schon richtig komisch an. "Take good care" weckt einen dann auf, denn hier wurden echte E-Gitarren ausgepackt, auch wenn das Piano diese bewusst wieder in gewohnte Bahnen lenkt.
Dann ein Ausflug zu den Backstreet Boys: "Something Stupid" kann die Wunderknaben-Klänge klasse imitieren und die Mädels im Hintergrund hören sich ziemlich nach Amiland an. Aber nichts gegen das, was dann kommt: "Chemical Reaction" haut einen vollkommen um. Jamaica! Karibik! Kokospalmen! Raggae-Pop und der Hintern wackelt!
Nach zwei vollkommen überflüssigen Disco-Songs kommt dann der Track mit der Messerspitze Country-Gewürz, danach wird man in vorweihnachtliche Stimmung versetzt ("Don't you forget me"), "Owner of my heart" plänkelt nichtssagend dahin und bei "It ain't that bad" will Sasha uns wohl mit Kneipenjazz-kurz-vor-der-letzten-Bestellung überzeugen, dass alles wirklich nicht so schlecht sei. Der Kreis schliesst sich bei "Reach inside", einer klangvollen symphonischen Ballade, die dann schon wieder nach Sasha klingt und es vermag, das Kuddelmuddel, das sich bis dahin darbot, ein wenig zu beruhigen.
Schade eigentlich: Die Songs an sich sind gar nicht so übel, aber diese Mischung, die von allem verkaufsträchtigen ein wenig klaut, ist wirklich deutlich zu platt.
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