laut.de-Kritik

Kastratengesang im Glanz der Disco-Kugel, Teil zwei.

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"We are all disciples of Rock'n'Roll", verkündete Scissor Sisters-Schlagzeuger Paddy Boom jüngst im Interview. Nun gut, kümmelspalterisch, wie die Musikjournaille ja bekanntermaßen unterwegs ist, dürfte diese an seiner Aussage doch einiges zu kritteln haben. Schließlich sonnen sich die Amerikaner gerne und ausgiebig in den Strahlen, die die Discokugel aufs Parkett wirft. Traditionellen Rock'n'Roll sucht man da vergebens.

Eher noch Kollege Funk, New Wave-Anleihen sowie die auch für die Schwestern scheinbar unverzichtbaren Balladen. Das Spalten des Samens der Doldenblütler lassen wir an dieser Stelle aber sein und wenden uns dem Bett im Kornfeld zu. Die ersten Takte von "I Don't Feel Like Dancin'" erinnern nämlich sachte an Drews' Coverversion der Bellami Brothers-Nummer "Let Your Love Flow", ehe stampfende Beats das Kommando übernehmen und den Titel des Songs erfolgreich ad absurdum führen.

Das Spielen mit allerlei cheesigen Effekten scheint der Truppe Gefallen zu bereiten. Synthiedrum-Attacken purzeln die Tonleiter hinunter, dass man Giorgio Moroder im Hintergrund wissend lächeln sieht. Das animiert nicht nur dezent zum Arschwackeln. Aushängeschild Jake Shears zelebriert seinen Kastratengesang wieder ausgiebigst. Das kann und darf einem sicher auf die Nerven gehen, sollte aber nicht vom unterhaltsamen Songmaterial ablenken, das "Ta-Dah" bereit hält.

"She's My Man" holt noch einmal zum Anschlag auf den Dancefloor aus, ehe die New Yorker mit "I Can't Decide" dem Kabarett huldigen. Neben den Tanzboden-Brennern charakterisiert diese Seite der Schwestern wohl am trefflichsten, was die Band ausmacht. Vorhang auf für die Unterhaltungsrevue. Obwohl nicht ganz jugendfrei: "Fuck and kiss you both at the same time", dideldideldumm dideldei ... Multitasking sozusagen. Wie auch das melancholisch fröhliche "Intermission", in dem sich Sir Elton - Gott sei es gedankt - nur darauf beschränkt, Autorencredits einzuheimsen und ein wenig auf seinen Flügel einzuklöppeln. Danke Elton!

Auf wirklich mitreißende Klopfer der Marke "Laura" oder "Take Your Mama" verzichteten Shears, Matronic und Co. leider. Uptempo-Disco und Hi Energy-Funk aus dem Dunstkreise von Philly und Studio 54 prägen die tanzbare Seite des Albums. Alles andere als uninteressant, wie das schwülstige "Ooh" und darauf folgend auch "Paul McCartney" zeigen. Ja ja, Paulchen. Mit etwaigen Erwartungen spielen die Sisters anscheinend gerne, denn an beatleesker Statt kleiden sie die Phantasien um Paul in eine heftig bumsende Funk-Nummer mit einer exaltierten Bläser-Orgie gen Ende.

"Land Of A Thousand Words" gestattet das Entzünden des obligatorischen Feuerzeugs bzw. Wunderkerze zur noch obligatorischeren Ballade. Viel mehr kommt aber nicht rüber, Tränendrüsensport eben. Wer's für das Trainieren des Selbstmitleides benötigt, bitteschön. Dann doch lieber Blondie-Hommagen wie "Kiss You Off", wo Ana Matronic endlich einmal aus dem Schatten Shears' heraus treten darf.

Den großen Überhit hat "Ta-Dah" zwar nicht auf der Pfanne. Spaß macht der zweite Scissor Sisters-Schlag aber dennoch.

Trackliste

  1. 1. I Don't Feel Like Dancin'
  2. 2. She's My Man
  3. 3. I Can't Decide
  4. 4. Lights
  5. 5. Land Of A Thousand Words
  6. 6. Intermission
  7. 7. Kiss You Off
  8. 8. Ooh
  9. 9. Paul McCartney
  10. 10. Other Side
  11. 11. Might Tell You Tonight
  12. 12. Everybody Wants The Same Thing

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