Porträt

laut.de-Biographie

Seryoga

Was hierzulande als Newcomer durchgeht, gilt anderenorts bereits als gefeierter Superstar. 2006 greift Seryoga mit einer für den internationalen Markt produzierten Fassung seines Albums "Russia's No. 1" auch abseits seiner Heimat nach der Rap-Krone. In Russland, Weißrussland und der Ukraine blickt der ehemalige Boxer gleichzeitig auf platin-dekorierte Alben, mehrere Nummer-1-Singles und einen ganzen Arm voll Auszeichnungen zurück.

Musikspecial Russland: Russisch ist rap-bar Aktuelle News
Musikspecial Russland Russisch ist rap-bar
Ja, ja, dein Mütterchen! Auch wenn der einstige Erzfeind den Hip Hop erfunden hat: Im Osten fällt er auf fruchtbaren Boden.

Sergej Vasilevic Parhomenko entstammt einer weißrussischen Arbeiterfamilie. Geboren am 8. Oktober 1976, wächst er in Homel nahe der ukrainischen Grenze auf. Obwohl er Weißrussland immer als seine Heimat betrachten wird, übersiedelt er nach Kiew und verlegt seinen Lebens- und Arbeitsschwerpunkt in die Ukraine. In Weißrussland landen seine Songs ob reichlich enthaltener Gesellschaftskritik auf dem Index. Den Verkaufszahlen tut dies wie üblich keinen Abbruch.

Beeinflusst von Rockmusik, die in Russland eine lange sozialkritische Tradition hat, macht sich Seryoga zur Aufgabe, dem russischen Hip Hop aus den Kinderschuhen zu helfen. "Wenn die amerikanische Hip Hop-Szene ein erwachsener, 40-jähriger Mann ist, die deutsche Szene ein gut geformter, 25-jähriger junger Mann, bei dem 'alles vorne ist', wie mein Onkel sagt, also die Zukunft noch vor ihm liegt, dann ist die russische Szene ein Sechs- bis Siebenjähriger, der noch dazu etwas unterentwickelt ist, mit einem sehr unsicheren, wackligen Gang. Kurz gesagt: Er braucht humanitäre Hilfe", analysiert er im Interview mit MTV die Situation. Diese Unterstützung auf dem internationalen Parkett anzuwerben: Ein hehres Ziel.

Zunächst macht sich Seryoga aber daran, seine Heimat zu erobern. Sein Debüt-Album "Moj Dvor", das 2004 auf den Markt kommt, schlägt wie eine Bombe ein. Seine enorme Popularität unter den Fans auf der Straße öffnet Seryoga die Türen ins als korrupt verrufene russische Musikgeschäft. Vermutlich spielen daneben beste Beziehungen zu diversen Geschäftsleuten eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wie auch immer: Seryoga nimmt kein Blatt vor den Mund und verpackt den dreckigen post-sowjetischen Alltag in scharf geschliffene Texte. "Moj Dvor" springt in Russland, Weißrussland und der Ukraine auf Platz 1 der Charts. Allein in Russland werden über 900.000 Einheiten verkauft. Seryoga kassiert die MTV Russia Awards in den Kategorien "Best Hip Hop Act" und "Best New Artist" und wird in Weißrussland zum Künstler des Jahres erkoren.

2005 veröffentlicht Seryoga ein Remix-Album und schreibt für den Kino-Hit "Shadow Boxing" ("Boi S Ten'yu") drei Songs, darunter "King Ring", der später Pate für sein eigenes Label stehen wird und ihm zudem eine Nominierung für den besten Film-Song bei den MTV Russia Movie Awards einträgt. Seryoga verbindet hier seine drei großen Leidenschaften Musik, Kino und Boxen. Auch, als er die Handschuhe schon längst gegen das Mikrofon getauscht hat, bleibt er als Hobby-Boxer seinem Sport treu. Das Gerücht, er sei Sparringpartner der Klitschko-Brüder gewesen, verweist er allerdings im Interview mit rap4fame ins Reich der Legenden: "Ich war definitiv nicht der Trainingspartner der Klitschkos und kenne sie auch nicht einmal persönlich. Ein paar Leute meines Sicherheitsteams haben früher in der gleichen Halle wie die Klitschkos geboxt, als diese noch nicht berühmt waren. Das ist der einzige Bezug."

Seryoga wird diesmal gleich für vier MTV Russia Awards nominiert und holt, neben diversen anderen Preisen, die Trophäen für den besten Hip Hop-Künstler und den beliebtesten Klingelton. Als einer der angesagtesten Acts bietet sich Seryoga an: Im darauffolgenden Jahr moderiert er das Spektakel der Preisverleihung höchstselbst und präsentiert dabei einen eigens für die Award-Show verfassten Track.

Zuvor ist allerdings noch einiges geschehen: Noch im Jahr 2005 bringt Seryoga, der nebenbei bemerkt fließend Deutsch spricht, in Zusammenarbeit mit dem Berliner Produzenten Gilmano sein zweites Studio-Album "Discomalyariya" heraus. Ein knappes Jahr später präsentiert er das Werk um acht neue Tracks und vier Remixe erweitert in einer Neuauflage. Irgendwann zwischendurch findet sich noch Zeit für einen Song zum Action-Film "Dnewnoj Dosor".

Seryoga - Russia's No. 1 Aktuelles Album
Seryoga Russia's No. 1
Russlands Superstar lehrt deutsche Rapper das Fürchten.

In seiner Heimat hat Seryoga die Spitze der Fahnenstange erreicht. Ihm steht der Sinn nach weltweitem Ruhm. Wieder gemeinsam mit Gilmano produziert er mit "Russia's No. 1" erstmals ein Album für ein internationales Publikum. Remix-Versionen seiner russischen Hits, diverse englischsprachige Parts und ein dickes Feature sollen helfen, die Sprachbarriere zu überwinden. Ein erster Testballon steigt in Deutschland: Mit Partner Azad lässt Seryoga die Single "2Kaiser" auf die Republik los.

"Ich habe Azads Werdegang seit seinen Tagen bei 3p, schon seit etwa 1999, beobachtet. Er stand mir seelisch am nächsten", erklärt Seryoga seine Wahl. Er lädt Azad zu sich nach Kiew ein. Innerhalb von zwei Tagen entsteht ein mächtiger Kollabo-Track. Azads Rückflug nach Hause verzögert sich um einen Tag: Alkohol, insbesondere "Jorsch", ein Cocktail aus Chili-Wodka und Bier, erweist sich nicht unbedingt als Getränk für Zwerge, wie der Frankfurter feststellen muss. Seryoga gelassen gegenüber rap.de: "Wodka schmeckt nicht, Wodka ist einfach ein Seelenzustand." Ein Seelenzustand, der Azad offenbar noch einige Übung abverlangt.

"Russia's No. 1" erscheint in Deutschland im Dezember 2006. Untermalt von melancholischen, getragenen Beats, in die reichlich traditionell osteuropäische Elemente einfließen, liefert Seryoga Club-Rap sowie Parodien auf Club-Rap, garniert mit zwingenden, grimmig vorgetragenen Reim-Salven. Wenn das die "Kinderschuhe" des russischen Hip Hops sein sollen, darf man vor den ausgewachsenen Tretern bereits jetzt in Deckung gehen.

Seryoga profiliert sich derweil als Hans Dampf in allen Gassen: Er übernimmt kleine Rollen in Filmen, bastelt an einer Kinoproduktion (ihm schwebt ein im Hip Hop-Milieu angesiedelter Streifen vor), vermarktet seine eigene Kollektion von Kangol-Caps, denen er auf "Russia's No. 1" einen kompletten Song widmet, und unterzeichnet einen Vertrag mit der US-Modefirma Rocawear. Sein eigenes Label "King Ring" geht einen internationalen Vertriebs-Deal mit EMI ein. Ein neues Mixtape wird für Anfang 2007 ins Auge gefasst. Neben Azad und einigen amerikanischen MCs sollen hier die deutschen Kollegen Kool Savas, Samy Deluxe und Sido an den Start gehen.

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