laut.de-Kritik

Emotional und frei von überinszenierter Weinerlichkeit.

Review von

Obwohl Shearwater bereits 2001 ihr erstes Album vorlegten, besitzen sie quasi noch immer den Status eines Geheimtipps. "Rook" als mittlerweile viertes Album wird daran wahrscheinlich nichts ändern – erfreulicherweise schert sich die Band nicht um massenkompatibles Songwriting. Und legt dafür Songperlen vor, die auf ganz einzigartige Weise gefangen nehmen und zu aufregenden Entdeckungen einladen.

Der Opener "On The Death Of Waters" gibt bereits weite Teile des zehn Songs umspannenden Werks vor. Verhalten inszeniert, mit litaneihaftem Gesang ausgestattet, explodiert der Titel gegen Ende in ein Rock-Gitarren-Gewitter, bevor er mit verhaltenen Piano-Tupfern sachte ausklingt. Der Track "Rooks" variiert den wehmütigen Grundton, doch hier im Uptempo-Gewand mit Folk-Einsprengseln und verweht vorbeihuschender Trompete. "Leviathan, Bound" tickt im Schlagzeug uhrwerkartig über ein stimmiges Gemisch von E-Gitarren, Streichern und dezentem Glockenspiel.

Jonathan Meiburgs intensiver, oft mit hoher Kopfstimme eingebrachter Gesang bewegt emotional, doch stets frei von überinszenierter Weinerlichkeit. Behutsam, mit suchenden, bedächtigen Schritten erkundet er auf zielsicherer Wanderung die Seele seiner Songs. Echte Emotionalität statt plakativem Emo eben.

"Home Life" rumpelt mit trockenen Beat-Sticks durch den Song-Saal, anschließend irren die "Lost Boys" mit dezent-vertracktem Walzer-Schlagzeug durch eine melancholische Wüste. Dagegen kommen die "Century Eyes" rüde rumpelnd in der Manier von Spätfünfziger-Garagenrockern daher. "The Snow Leopard" verbleibt ruhig, eindringlich, Piano-dominiert und perfekt abgerundetem Gitarren-Fadeout. "The Hunter's Star" als beschließende Nummer schleicht sanft mit weicher Streicherarbeit und verhaltener Drum-Begleitung in den Hörer-Arm.

In ihrer Gesamtheit vermitteln die Shearwater-Arbeiten aufs erste Hinhören eine fast karge Atmosphäre – doch nur auf den ersten, flüchtigen und somit trügerischen Blick. Denn mit fortschreitender Dauer und sich öffnendem Auge entspringen den zunächst manchmal spröde anmutenden Skizzen immer neue, zunächst versteckt aufblühende Arrangement-Blüten. Filigran konfiguriert sind die Arbeiten indes stets mit kräftigem Alternative-Rückgrat ausgestattet, man trifft sogar auf dezente Orchester-Einlagen.

"Rook" taugt nicht zu oberflächlicher Betrachtung, nicht als rasch verschlungener Musik-Burger für nebenher. Zeit und Aufmerksamkeit des Hörers belohnen Shearwater mit Gespür für Stimmungen und melancholisch-verwunschenen Textwelten. Diese einzigartige Mixtur aus Folk, Rock, gelegentlichen Country-Tupfern und gediegenem Songwriting besticht vielmehr durch seine effektive Instrumentierung sowie der schlichten Schönheit und organischen Harmonie der einzelnen Tracks.

Trackliste

  1. 1. On The Death Of Waters
  2. 2. Rooks
  3. 3. Leviathan, Bound
  4. 4. Home Life
  5. 5. Lost Boys
  6. 6. Century Eyes
  7. 7. I Was A Cloud
  8. 8. South Col
  9. 9. The Snow Leopard
  10. 10. The Hunter's Star

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