laut.de-Kritik

Im Vergleich glänzt Nickelback wie pures Gold.

Review von

Tom Albrecht bediente schon als Produzent die Regler für Roger Cicero, Bela B., Christina Stürmer und Barbara Schöneberger und wollte sich eigentlich mit einer Künstleragentur selbständig machen, bis er Sarah Bühler begegnete. Die Grafik-Designerin ermutigte ihn, nach zwei Soloalben im Deutschpop gemeinsam unter dem Namen Soolo Musik zu machen. Wahrscheinlich ein großes Missverständnis auf Albumlänge.

In "Zu Zweit" singt Albrecht "wir bleiben solo" mit der spontanen Anmerkung "zu zweit" und so zeigt sich das Traumpärchen im weiteren Verlauf der Platte als "unzertrennlich". Der Song schraubt sich mit künstlichem Piano und elektronischen Einsprengseln zu einem euphorischem Refrain mit Doppelgesang hoch. Am schlimmsten und geistig so gehaltvoll wie eine Frauenserie auf SIXX sind aber die Mutmach-Phrasen. An dem Muster ändert sich auch die weiteren rund 45 Minuten kaum was. Musik so harmlos wie ein Groschenroman mit Happy-End.

Wenn in "Tage Aus Licht" eine saftlose Gitarre auf schlagerhafte Elektrobeats trifft und die Turteltäubchen davon singen, sich für den Moment fallen zu lassen, kommt bodenloser Fremdscham auf. Die beiden haben Lebensweisheiten parat, für die sich das NEON-Magazin längst zu schade wäre. In "Genau Das" resümieren beide, so viel verpasst zu haben, aber dass ihre Begegnung - als Fügung des Schicksals - dem Leben endlich einen neuen Sinn gibt. Man hat danach das unweigerliche Bedürfnis, sich eine dreistündige Arthaus-Milieustudie anzuschauen, um auch nur ansatzweise auf den Boden der Realität zurückzukehren.

Die Single "Wenn Wir Alt Sind" beschwört, voneinander loszulassen. Irgendwann sieht man sich wieder - vielleicht im Altersheim - weil es das Schicksal nun mal so will. Im Song "An Die Vermissten" reflektiert Sarah darüber, die alten Freunde noch längst nicht vergessen zu haben. Ich empfinde mittlerweile ehrliches Mitleid mit ihnen.

Der Track bietet mit filigranem Pianoarrangement, sanften Chören, aber zu dick aufgetragenem, orchestralem Höhepunkt wenigstens ein wenig Abwechslung, bleibt aber auch der einzige Ausflug aus dem beliebigem Deutschpopschema für Formatradiostationen. Dagegen stellen sich Songs von Nickelback als pures Gold dar.

Textlich dreht sich das Liebeskarussell bis zum Schluss unaufhaltsam weiter. Das Duo lässt sämtliche Höhen und Tiefen in einer Beziehung Revue passieren. Sie lieben, streiten, trennen sich und finden wieder zueinander - das hormonelle Wechselbad scheint die beiden nur mehr zusammenzuschweißen. Bis dass der Tod euch scheidet.

In "Glas" besteht die leise Hoffnung, dass Tom und Sarah endlich voneinander loslassen. Jedoch sollte man die Zeile "Vielleicht ist es nicht zu spät" unbedingt als Warnung verstehen, dass "Tage aus Licht" nicht das letzte Lebenszeichen dieser beiden Seelenverwandten sein wird. Ohne diese folgenschwere Begegnung wäre dem Hörer einiges erspart geblieben.

Trackliste

  1. 1. Zu Zweit
  2. 2. Tage Aus Licht
  3. 3. Genau Das
  4. 4. Von Weitem
  5. 5. Wenn Wir Alt Sind
  6. 6. An Die Vermissten
  7. 7. Sieben Milliarden
  8. 8. Feuer Zurück
  9. 9. Jung Sterben
  10. 10. Auch Schon Alles
  11. 11. Übertreiben
  12. 12. Keine Meiner Waffen
  13. 13. An/Aus
  14. 14. Glas

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