laut.de-Kritik
Ein zuckersüßes Gesöff, das mehr als nur den Gaumen kitzelt.
Review von David HutzelDie vier Düsseldorfer hätten den Namen für ihr zweites Album nicht treffender auswählen können. "Spumante" – das steht nicht nur für italienischen Schaumwein, sondern für ein ganzes Lebensgefühl. Denn die 14 Songs auf dem Album kommen so süffig und gaumenkitzelnd daher, dass man den Kelch mit dem süßen Gesöff permanent gen Himmel heben möchte. Prost!
Bereits vor dem Release von "Spumante" überschlugen sich die Kollegen, es war von der "German Riviera" die Rede, von Sommer und Sonnenschein, und das sogar noch mit philosophischem Anspruch. Nur sollte man in dieser Platte aber zunächst nur das Offensichtliche sehen: "Spumante" ist eine überaus hübsche Aneinanderreihung von Banalitäten, bricht mit gängiger Ästhetik und hievt andere Kunstgriffe hingegen gezielt in den Vordergrund.
Dem Titeltrack beispielsweise wohnt eine Lässigkeit inne, wie man sie vielleicht sonst nur von italienischen Schlagerbarden wie Fabrizio de André und Al Bano erwarten würde: Einfach mal die wohlgebräunten Beine von den Wogen italienischer Fluten umzüngeln lassen. Genau diesen Nerv trifft nun eine Band aus Düsseldorf, im Jahr 2016.
Wenn sich deutsche Bands an italienischem Schlager versuchen, dann endet das meist auf Mottopartys im Dorfgasthaus, wo dann den Mittfünfzigern im Gondoliere-Kostüm gegen 20.30 Uhr auffällt, dass man vielleicht statt der Live-Band doch lieber die Doppeldisc "Italo-Hits-Collection" aufgelegt hätte. Zurecht! Nicht so mit Stabil Elite.
Fernab der Schlager-Kerbe fordert "Jugend Ohne Gott" zum frivolen Tanz auf und beerdigt Yung Hurns Vocoder-Skills schneller, als selbiger "Bianco" hauchen kann. Das sagt generell schon viel über "Spumante": Mehr bleibt mehr, und von allem zu viel ist sowieso besser. Synthiewände bauen sich auf, das Soundbild wechselt teils sehr schnell zwischen Men At Work-Melodien ("Tief Im Westen") und Genesis-Breaks ("Fairlight CA") – alles stets tanzbar.
Aus der Verknüpfung von Klischee-Kitsch der letzten dreißig Jahre formen Stabil Elite gekonnt etwas Neues. Aus dem Funk, dem Jazz, den Saxophon-Lehrstunden, mit denen sie ihre Synthie-Wolken immer wieder überquellen lassen, entsteht schließlich ein Album, das viel mehr ist, als nur neuer Kitsch: Stabil Elite zitieren nämlich nicht nur die Pop-Geschichte, sie spinnen sie weiter, deuten sie um und pervertieren sie. Das macht schließlich Lust: Auf mehr Schaumwein, mehr kokosölgetränkte Haut und das Funkeln der Adria-Sonne.
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