laut.de-Kritik

Man möchte glauben, dass er den Hip Hop retten kann.

Review von

Zwei Seelen wohnen, ach, in seiner Brust. T.I., der sich früher einmal T.I.P. nannte, trennte sich bereits lange vor seinem Durchbruch von dem P in seinem Namen. Zu hoch erschien die Verwechslungsgefahr mit dem einst wesentlich bekannteren Kollegen Q-Tip von A Tribe Called Quest. Während letztere bedauerlicherweise dem schleichendem Vergessen anheim fallen, könnte es für T.I. kaum besser laufen: Explodierende Plattenverkäufe und die Grammys im Regal rechtfertigen durchaus ein gerüttelt Maß an Größenwahn.

Für sein viertes Album holt T.I., der erfolgsgewohnte King of the South, sein ungeschliffeneres Alter Ego wieder aus der Mottenkiste. "Die ultimative Konfrontation" soll es geben, wenn beide Seiten seiner Persönlichkeit aufeinander treffen, so das Konzept hinter "T.I. Vs. T.I.P." - das trotz gelungener bildlicher Umsetzung im erfreulich nobel und ausführlich gestalteten Booklet nicht ganz aufgeht.

T.I.P., der junge Wilde, der Dealer, ein Straßenjunge in Unterhemd und Kappe, starrt in den Spiegel. Zurück blickt, gewandet in edlen Zwirn, der Geschäftsmann T.I.. Beide erhalten auf "T.I. Vs. T.I.P." Redezeit. Allein: So unterschiedlich, dass eine Begegnung der Brüder für Zündstoff sorgen würde, sind sie gar nicht gestrickt.

Der eine erkämpft sich seinen Weg nach oben, der andere kostet die Früchte des Erfolgs aus. Für beide gilt: Man selbst hat es, alle anderen dürfen logischerweise kacken gehen. Ausgiebig wird mit der Knarre gefuchtelt, auf dicke Hose gemacht und mit dem Erreichten geprotzt. Autos, Schmuck und Weiber - seit jeher die Statussymbole derer, denen der Neid der Umstehenden lieb, teuer und ein Schützenfest ist.

T.I. reimt und flowt zu sattsam bekannten Themen in einer Weise sicher, dass man sich beim Kopfschütteln darüber, was in einigen anderen Fällen unter "Rapskills" abgehandelt wird, schier ein Schleudertrauma holt. Ordentliche Reime, Rhythmusgefühl ... alles im Überfluss vorhanden. Der Gleichmut, mit dem T.I.(P.) seine Zeilen herunter reißt, vermittelt zwar einerseits den Eindruck unerschütterlicher Gelassenheit, ermüdet auf Albumlänge allerdings dennoch, da Modulationen und damit Abwechslungsreichtum verloren gehen.

Besonders deutlich wird dies in direktem Vergleich mit seinen Featurepartnern: Ein Jay-Z bringt in "Watch What You Say To Me" zwar nicht annähernd so viel Wucht in der Stimme mit wie sein Gastgeber, wirkt durch bessere Betonung dafür aber auch lange nicht so eintönig.

Wo wir gerade beim Thema sind: Bei der Auswahl seines Hofstaates hat sich der König des Südstaatenraps natürlich nicht lumpen lassen. Da tummeln sich große Namen: Wyclef Jean gibt im Crunk-haften "You Know What It Is" T.I.s Hofnarren und Hypeman, der mit Zwischenrufen die Stimmung anheizt, und hat auch in "My Swag", dessen Synthies direkt aus den 80ern zu stammen scheinen, die Finger im Spiel. Nelly darf mitspielen, und neben Alfa Mega feuert Busta Rhymes in "Hurt" Wortsalven ab, dass ich mich frage, ob dieser Mann möglicherweise ein Maschinengewehr im Maul hat. Eminem dagegen macht diesmal nicht nur als Produzent sondern ausnahmsweise einmal auch als Rapper keine glückliche Figur: "Touchdown" entpuppt sich als die ödeste Nummer des ganzen Albums.

Was der Rap-Performance stellenweise an Vielseitigkeit fehlt, gleichen die Beats aus. Den Reglern verschiedener Produzenten entsprungen, fahren sie ein ganzes Arsenal unterschiedlicher Effekte und Stimmungen auf. "You Know What It Is" erinnert an eine erdigere, dunkler gefärbte Version von Dr. Dre-Klassikern wie "Nuthin' But A G-Thang" oder "Next Episode". "Watch What You Say To Me" arbeitet mit Gitarren- und Hammondorgel-Klängen.

Bläser und Piano begleiten durch "Show It To Me" und das hochgradig entspannte "Don't You Wanna Be High", in dem T.I. das Blaue vom Himmel in Verbindung mit einem ordentlichen Rausch verspricht. Synthetisch wird es in "Respect The Hustle", einer Danja-Produktion, die mir in ihrer Übersichtlichkeit wesentlich besser gefällt als das (ebenfalls von Danja stammende) vollgestopfte Instrumental zu "Tell 'Em I Said This".

T.I.P.s Geschichte über "Da Dopeman" vertont Mannie Fresh mittels Streichern, hallenden Claps, dicken Bässen und einer Ahnung von Klavier und fängt die herrschende Stimmung damit perfekt ein: "Bet all you see is tats, money, grills and chains / But if you scratch the surface you can feel the pain." Die Ungerührtheit des Vortrags passt hier hervorragend zur aufgezeigten Zwangsläufigkeit, mit der sich das Geschehen im Kreis dreht. Die großartig platzierte E-Gitarre in "Big Shit Poppin' (Do It)" verdanken wir ebenfalls Mannie Fresh. (Jawohl. Ich, Dani Fromm, verwende die Vokabel "großartig" im Zusammenhang mit einer E-Gitarre. Sieh einer an!)

Wenn sich die aufgestaute Energie aus klassischen Streichern und bombastischen Orgeln unter der Regie Just Blazes in einen ploppenden Rhythmus und T.I.s Wortschwall ergießt, und der Retter in der Not mit dem Mic in der Hand antritt, um einem gefährdeten Genre mit fliegenden Fahnen zu Hilfe zu eilen, dann möchte man es beinahe glauben: "Help Is Coming". Also "say hello to the man, who can save hip hop"!

Trackliste

  1. 1. Act I: T.I.P.
  2. 2. Big Shit Poppin' (Do It)
  3. 3. Raw
  4. 4. You Know What It Is
  5. 5. Da Dopeman
  6. 6. Watch What You Say To Me feat. Jay-Z
  7. 7. Hurt feat. Alfa Mega & Busta Rhymes
  8. 8. Act II: T.I.
  9. 9. Help Is Coming
  10. 10. My Swag feat. Wyclef Jean
  11. 11. We Do This
  12. 12. Show It To Me feat. Nelly
  13. 13. Don't You Wanna Be High
  14. 14. Touchdown feat. Eminem
  15. 15. Act III: T.I. Vs. T.I.P. The Confrontation
  16. 16. Tell 'Em I Said That
  17. 17. Respect This Hustle
  18. 18. My Type

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10 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    ich geb euch recht es kommt nich an King ran und trotzdem find ich das album unterbewertet ... und was ich an der kritik kritisieren möchte ist die aussage zu touchdown aber meiner meinung nach is es ein super track ... d.h. mein lieblingstrack auf dem ganzen album, lyricmässig kommt T.I. natürlich nicht an andere Rapgrössen ran doch soundmässig überzeugt es mich ziemlich

  • Vor 16 Jahren

    gemessen an dem, was sonst aus den USA zum grössten Teil zur Zeit veröffentlicht wird, ist auch T.I. vs. T.I.P ein Klasse Album. Kaum filler drauf, 4 Points hättens auch sein können

    aber die Review geht schon klar, Touch Down find ich net so schlecht

    King ist natürlich unerreicht

  • Vor 16 Jahren

    King ist unerreicht. Geb euch allen Recht. Find das Album trotzdem ziemlich cool.