24. November 2010

Listening-Session auf dem Bierbike

Interview geführt von

Tankard und ihr Manager Buffo sind dafür bekannt, dass sie sich gern was Ausgefallenes und Witziges einfallen lassen, wenn es um die Präsentation eines neuen Albums geht. Nun steht die Veröffentlichung von "Vol(l)ume 14" bald an und die Truppe lädt zur gemeinsamen Tour mit dem Bierbike durch Frankfurt.Klingt an sich ja nach einer netten Idee. Wenn man letztendlich aber auf dem Gefährt sitzt und einer von maximal drei Leuten ist, die das Ding mit der eigenen Muskelkraft vom Platz bewegen, sieht die Sache schon wieder anders aus.

Der laut.de-Redakteur und ein Bekannter der Band sind es jedenfalls auf dem ersten Teil des Trips, die das Bier direkt nach Genuss wieder ausschwitzen, während sich der Rest der Radler wohl nur der Form halber auf den Pedalen abstützt. Sänger Gerre, Gitarrist Andy und Basser Frank lassen sich derweil durch Frankfurt chauffieren und sprechen dem ausgeschenkten Bier und Äppler zu. Die beiden Flaschen Mineralwasser im Fußraum haben nur Alibifunktion und bleiben komplett unangetastet.

Zwar muss nach dem ersten Stopp auch die Band selber mal ran, doch dem nach wie vor nur die Hälfte von früher wiegendem Gerre sollte mal jemand erklären, dass man Pedale nach vorne – nicht nach hinten – treten muss. Drummer Olaf ist leider nicht mit von der Partie, befindet sich der zum Zeitpunkt dieser Aktion doch im Krankenhaus. Der Drummer leideran einer starken Dermatose.

Während es auf der Tour durch Mainhatten schon über die Bordlautsprecher einen Vorgeschmack auf das Album gab, bekommt man anschließend im Speak Easy, dem inoffiziellen Hauptquartier von Tankard, die Scheibe noch mal auf einer entsprechenden Anlage auf die Ohren. Als es dann zum kurzen Interview geht, glüht der Sänger schon wieder über Betriebstemperatur und Andy führt den Großteil des Gesprächs, in welches sich später auch Frank einschaltet.

"Es ging darum, mit Tankard mal was anderes zu probieren"

Gerre, du hast doch vorhin schon auf dem Bierbike getönt, dass du einen Lieblingssong auf dem Album hättest. Welcher ist das denn.

Gerre: Na eigentlich sind es ja zwei. Das ist zum einen "Weekend Warriors" und zum anderen … äh … wie hieß den der ander noch mal? Die Ballade ...
(Gerre ist derweil schon wieder abgelenkt und mit drei anderen Leuten gleichzeitig im Gespräch)

Ok Andy, seid ihr an "Vol(l)ume 14" denn anderes rangegangen, als an die vorherigen Scheiben?

Andy: Bewusst würde ich das nicht behaupten. Allerdings behaupte ich als Gitarrist und Bandmitglied natürlich, dass sich das Resultat von der vorherigen Scheibe unterscheidet. Aber "Thirst" und "The Beauty And The Beer" haben sich meiner Meinung nach auch schon unterschieden, was einige Rezensenten aber nicht unbedingt so gesehen haben (lacht).

Das ist inzwischen eure 14. Scheibe. Seid ihr da nicht mittlerweile an einem Punkt, an dem ihr sagt: Wir wissen selber am besten wie wir klingen wollen und übernehmen die Produktion entsprechend auch selbst?

Andy: Nein, auf keinen Fall. Das ist enorm wichtig für uns, dass da ein Außenstehender dabei ist, der das Ganze überwacht und vielleicht noch ein paar Idee mit einbringt. Wir sind meist schon viel zu sehr in die Songs eingefahren und da ist es wichtig, dass jemand von außerhalb nochmal drüber schaut. Ich bin der Meinung, dass es viel zu oft in die Hose geht, wenn man alles selber in die Hand nehmen will. Ich bin beispielsweise ein großer Yngwie Malmsteen-Fan. Als der angefangen hat, seine Sachen selber zu produzieren, kam dabei nichts Großes mehr heraus. Man hört das oft selber gar nicht mehr so genau, ob da manche Sachen wirklich in der Art funktionieren, wie man sich das vorgestellt hat oder nicht.

Eure Produzenten haben also einen tatsächlichen Einfluss auf eure Songs?

Andy: Ja sicher, zumindest in gewissem Maße und wenn es um Details geht. Als wir dieses Mal ins Studio gegangen sind, war allerdings schon sehr viel von dem Material fertig. Von daher lag die Hauptarbeit des Produzenten Michael Mainx dieses Mal darin, immer noch ein wenig mehr aus uns heraus zu kitzeln und darauf zu achten, dass gewissen Details entsprechend hörbar sind. Was unseren Stil oder unsere Songs an sich angeht, da wissen wir natürlich schon genau, was wir haben wollen. Aber um unsere Songs soundtechnisch in Szene zu setzen, brauchen wir auf jeden Fall die Hilfe eines Produzentens. Das würden wir uns selber nie zutrauen.

Und nach welchen Kriterien sucht ihr euch die Leute aus, oder kommen die auf euch zu?

Andy: Mal so, mal so. Tankard sind ja jetzt auch keine Unbekannten mehr und wenn wir mit dem jeweiligen Produzenten dann ins Gespräch kommen, wissen die, wie wir bisher geklungen haben und können sich in der Richtung dann orientieren. Wenn die uns dann nen besseren Sound als auf dem vorherigen Album verpassen – um so besser (lacht). Micha war beispielsweise unsere Idee. Da sind wir von uns aus auf ihn zugegangen und haben ihn gefragt, ob der da Bock drauf hat.

Wieso seid ihr nicht einfach wieder zu Andy Classen gegangen?

Andy: Naja, wir haben mit Andy jetzt vier oder fünf Scheiben aufgenommen und irgendwann ist es einfach an der Zeit, mal wieder was anderes zu machen. Das liegt jetzt aber nicht an Andy, bitte schreib das auch so. Ich persönlich war mit Andys Arbeit und ihm als Menschen immer absolut glücklich. Es ging uns einfach darum, mit Tankard mal wieder etwas anderes zu probieren und ich denke, dass dieser Schritt der Band gut getan hat. Was aber nicht heißen soll, dass wir nie wieder mit Andy arbeiten würden, ganz im Gegenteil.

Ich weiß noch, dass meine erste Aufnahme mit Tankard bei Harris Johns war. Da habe ich persönlich sehr darunter gelitten, dass Harris einfach einen bestimmten Tankard-Sound im Ohr hatte und diesen auch durch drücken wollte. Das war für mich damals nicht ganz einfach. Als wie dann zu Andy gegangen sind, war der viel offener für andere Sounds und hat mehr mit mir zusammen gearbeitet. Dass wir jetzt mal wieder was anderes ausprobieren, liegt einfach daran, dass wir uns nicht auf Althergebrachtes verlassen wollen. Wie das Resultat letztendlich ausgefallen ist, kann ich momentan noch gar nicht beurteilen, das werden wir dann sehen.

"Ich wundere mich oftmals, dass viele vom typischen Tankard-Sound reden"

Gerre, was ist eigentlich aus deinem Versuch geworden, bei deiner Lieblingstelenovela "Sturm der Liebe" eine Gastrolle zu bekommen?

Gerre: Das ist alles noch in Arbeit. Aber ich kann jetzt schon versprechen, dass ich auch nach meinem glorreichen Auftritt in der Serie nach wie vor Sänger bei Tankard bleiben werden. Trotz aller Unsummen, die mir vom deutschen Fernsehen geboten wurden, bleibe ich dem Metal und meiner Band treu. Ich verweise an dieser Stelle erneut auf einen meiner Lieblingssongs "Weekend Warriors", weil so geht’s ja nicht (lacht). Tankard ist und bleibt somit mein Hauptbetätigungsfeld.

Aber eigentlich bist du viel zu geil für die Band, oder wie?

Gerre: Ne, eigentlich bin ich viel zu schlecht für die Band. Ich wundere mich eh schon lange, warum die Jungs die ganzen Jahren mit so nem miesen Sänger weiter machen.

Andy: Das liegt ganz einfach daran, dass wir bislang noch keinen besseren gefunden haben, der die Namensrechte an Tankard in der Tasche hat (lacht). Aber drehen wir den Spieß grad mal um: wie findest du denn die Scheibe?

Also auf dem Bierbike war ich ja so ziemlich als Einziger mit Treten abgelenkt und der Sound war nur dürftig, aber nach dem ersten Durchlauf hier in der Kneipe würde ich sagen: typischer, guter Tankard-Stoff mit ein paar Überraschungen vor allem in Sachen Gitarrenarbeit.

Andy: Aha, ok. Ich wundere mich oftmals darüber, dass viele Journalisten auch bei Songs und Alben vom typischen Tankard-Sound reden, die für mich damit nur wenig zu tun haben. Das ist mir besonders bei den Reviews zu "Thirst" aufgefallen. Da bin ich und auch unser Roadie Harald der Meinung, dass die sich deutlich von den anderen Sachen unterscheidet.

Lass mich raten, Harald ist der Gitarrenroadie und spielt auch selber in einer Band Gitarre?

Andy: Ja, stimmt schon. Das fällt Gitarristen dann natürlich besonders auf. Allerdings haben wir auch bandintern immer wieder Diskussionen über einzelne Riffs und Songs, ob die überhaupt noch nach Tankard klingen, oder ob das schon zu sehr im Power Metal-Bereich ist. Vor allem Frank ist da sehr bedacht darauf, dass wir unseren Stil halten und wirklich Thrash Metal spielen. Aber ich denke mal, ein gewisses Maß an Weiterentwicklung müssen wir uns selber zugestehen und die Fans werden das wohl ebenfalls tun.

Frank: Kar, das ist auf jeden Fall so. Wir haben ja auch keinen Bock, immer nur das selbe Album aufzunehmen. Ich finde auch, dass Gerre auf der Scheibe ein paar sehr coole Sachen mit seiner Stimmer angestellt hat, die er sich bislang nicht zugetraut hat. Das gilt aber für uns alle, wie ich immer wieder erstaunt feststellen muss (lacht). Wenn ich mir die Scheibe im Auto anhöre – was tatsächlich der einzige Platz ist, an dem ich als Vater von drei Kindern noch in Ruhe Musik hören kann – dann entdecke ich immer wieder neue Aspekte und Kleinigkeiten in den Songs. Und das, obwohl ich ja an sämtlichen Songs und den Aufnahmen beteiligt war, haha.

Dann auch an euch noch kurz, passend zur Buchmesse die Frage, welches Buch euch in letzter Zeit beeindruckt hat.

Gerre: Rock Hard (allgemeines Gelächter)

Frank: Ich les grad die Kommissar Beck-Romane und auch die Perry Rhodan-Romane, allerdings nur die gebundenen Ausgaben. Da hasst mich meine Frau für, weil die Silberbände die ganze Bude belegen. Was mich als Einzelbuch sehr beeindruckt hat, war Der Medicus von Noah Gordon. Wenn man aber mal was total Abgedrehtes lesen will, ist immer noch Franz Kafka ne sichere Nummer.

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