laut.de-Biographie
Tankard
Wie meinte einer mal so treffend: "So lange in Deutschland noch Bier gebraut wird, so lange werden wir Tankard auch nicht los." Scheint was Wahres dran zu sein, weswegen man sich um die Zukunft der Frankfurter wohl keine Gedanken machen muss. Schließlich dürfte die Gerstensaftproduktion in nächster Zeit wohl kaum zum Erliegen kommen.
Die erste Flasche Bier köpfen Andreas Fritz Johannes Geremia, kurz Gerre (Vocals), Basser Frank Robert Thorwarth, die beiden Gitarristen Axel Katzmann und Bernhard Rapprich sowie Drummer Oliver 'O.W.' Werner in der zehnten Klasse des Goethe-Gymnasiums 1982 in einem Proberaum unterhalb der Matthäus-Kirche in Frankfurt. Nachdem sie sich zuerst mit Namen wie Vortex oder Avenger abgeben, bleibt Tankard (zu deutsch: Bierkrug) hängen.
Noch bevor sie den ersten Gig in der Schule reißen, auf dem sie den Saal in Windeseile leer räumen, fliegt Bernhard auch schon raus. Als ihrer Mischung aus Thrash und Punk zuträglicher erweist sich da Andy Bulgaropulos, der den nun vakanten Posten an der zweiten Klampfe übernimmt.
1984 absolvieren Tankard mit den späteren Metal-Urgesteinen von Sodom und Destruction einen Gig in Sindlingen. Anschließend geht ihnen ein Deal mit SPV nur knapp durch die Lappen, weil sie live einfach richtig scheiße waren. Dass Sodom an dem Abend einen Vertrag bekommen, lässt sich vermutlich nur dadurch erklären, dass bei denen keiner mit einem blauen Strickpullover mit Hirschgeweihen auf der Bühne stand. (Dafür aber mit Topffrisur und 20 Kilo Nieten.)
Aus purer Verzweiflung holen Tankard sich also einen Manager ins Boot: Buffo Schnädelbach, der als Schreiberling bei Rock Hard schon eine steile Karriere hinter sich hat. Scheinbar macht er seinen Job gar nicht so schlecht, denn die Frankfurter setzen bald ihren Otto unter einen Vertrag mit dem Berliner Noise Records Label und schroten 1986 dort ihr Debüt "Zombie Attack" ein. Zwar bekommen Tankard im Laufe der folgenden Jahre die obskure Labelpolitik von Noise Records genauso zu spüren wie Helloween und Konsorten, jedoch ist der erste Schritt hin zum Erfolg getan.
Der nächste stellt sozusagen eine Frage auf Leben und Tod, denn die Debatten zwischen EU und BRD um die geplante Verwässerung des Bier-Reinheitsgebots animiert unsere Helden zum Konzeptalbum "Chemical Invasion". Hier tritt erstmals Sebastian Krüger in Erscheinung, der mit seinen genialen Covers und Karikaturen von unzähligen V.I.P.s längst zu den Großmeistern gehört.
Vorwiegend in der einheimischen Presse - aber auch auswärts - fahren Tankard mit ihrer zweiten Scheibe und der Mischung aus Thrash, Punk und jeder Menge alkoholisiertem Humor gute Kritiken ein. Also kein Grund, für "The Morning After" eine große Kurskorrektur einzulegen. Tankard erhöhen einfach ein wenig die Schlagzahl, verbessern den Sound und pappen ein weiteres geniales Krüger-Cover drauf.
Bevor Tankard 1989 mit "Hair Of The Dog" ihr nächstes Langeisen veröffentlichen, erscheint die "Alien"-EP, die zum ersten Mal das zukünftige Maskottchen der Band zeigt: einen versoffenen, vierarmiges Außerirdischen. Ein absolutes Meisterwerk! Auf Tour gehts daraufhin mit Deathrow, ehe O.W. an den Drums die Sticks niederlegt. Seinen Platz nimmt fortan Arnulf Tunn ein.
Mit "The Meaning Of Life" schaffen die Frankfurter Saufziegen ihr bis dato bestes Werk und schreiben mit "Space Beer" ein kleines Stück Geschichte. Das Album entert sogar die Charts und sorgt bei denen, die die Band bisher nur belächelt haben, für offene Münder.
Langsam ist es auch an der Zeit, mit einem Live-Album ums Eck zu kommen, was Tankard mit "Fat, Ugly, And Live", das sie auf der Tour mit Rumble Militia und Napalm aufgenommen haben, auch tun. Den Titel haben sie sich von einem unschönen Artikel in einer britischen Zeitung ausgeliehen, die die Band als "fat ugly german bastards" bezeichnete. Eine gesunde Portion Selbstironie bildet schließlich seit jeher ein Markenzeichen der Band.
Rechtzeitig zum zehnjährigen Bandjubiläum erscheint "Stone Cold Sober", ein Zustand, den die Biervernichter zum letzten Mal wohl mit zwölf erlebt haben. Stiländerungen gibt es keine, dafür beweisen sie mit dem instrumentalen "Of Strange People Talking Under Arabian Skies" endgültig, dass sie ihre Instrumente mittlerweile durchaus beherrschen.
Ebenfalls bemerkenswert ist der mit deutschen Texten versehene Song "Freibier" und die gelungen Coverversion von J. Geils "Centerfold". Für stellenweise ungewohnt ernste Stimmung sorgen die fünf Frankfurter Spaßbacken mit den Texten von "Two-Faced". Mit der Scheibe touren sie zusammen mit Xentirix und den Megalomaniax sogar in der Türkei und in Bulgarien.
Dass zu viel Ernst nur bedingt ihrem Naturell entspricht, scheinen sie auch selbst zu merken, denn im selben Jahr erscheint das erste von zwei neuen Tankwart-Alben "Aufgetankt". Darauf vergreifen sich die Jungs, inzwischen mit Olaf Zissel an den Drums, an bekannten deutschen Partysongs und hauchen ihnen neues Leben ein.
Bis zur nächsten Scheibe, die stilecht mit "The Tankard" betitelt ist, bleibt Axel auf der Strecke. Die Frankfurter machen als Quartett weiter. Das wirkt sich aber keinesfalls als Schwäche aus, denn Gerre und Co. wirken variabler als je zuvor, was nicht zuletzt am starken Gesang liegt.
Aus welchem Grund auch immer verzichten Tankard fortan auf die Zusammenarbeit mit ihrem langjährigen Haus- und Hofzeichner Krüger. Mit dem ein Jahr später erscheinenden zweiten Tankwart-Album "Himbeergeist Zum Frühstück" sorgen sie dafür, dass bis dato unsäglich schnarchige Schlager auf einmal auch für den partybesessenen Metaller hörbar sind.
Bei allem Spaß müssen Tankard aber einsehen, dass sich ihre Fans mit der Ausrichtung von "The Tankard" nicht so ganz abfinden wollen. So gehen die Jungs mit "Disco Destroyer" anno 1998 auch wieder back to the roots und treten das Gaspedal erneut kräftig durch. Wer Textzeilen wie "From Frankfurt to Frisco I destroy all discos" schreibt, muss Kult sein!
Für Klampfer Andy ist das die letzte Veröffentlichung mit den Bierkrügen. Ihn zieht es nach Berlin, wo seine Familie schon weilt. Nach kurzer Suche findet sich aber Ersatz in Andy Gutjahr. Mit ihm geht das Quartett 2000 wieder in die Vollen und gibt den Fans, was sie verlangen: Kräftigen Thrash mit einem Schuss Punk und Sauftexten. Das Bier-Model auf dem Cover dürfte zwar nicht unbedingt zu einem Zuwachs unter der weiblichen Fanschar gesorgt haben, aber das war wohl auch nie das Ziel.
Mit dem Erscheinen von "B-Day" heißt es schließlich, auf 20 Jahre Tankard zurückzublicken. Mit Andy Classen haben sie erstmals eine neuen Produzenten, der Harris Johns ersetzt und den Suffköppen einen erstklassig fetten Sound zurecht schustert. Die Zeit der Experimente ist vorbei, es gibt wieder gepflegt auf die Schnauze.
So überrascht es nicht weiter, dass sich daran auf dem mittlerweile elften Studioalbum "Beast Of Bourbon" nichts ändert. Tankard haben ihre Durststrecke in den 90ern überstanden und sehen der Zukunft, vermutlich mit einer Gerstenkaltschale in der Hand, gelassen entgegen. Im Mai 2004 fahren sie für ein paar kurze Abstecher zusammen mit Hatework und Irreverence nach Italien und spielen darüber hinaus nur ein paar Einzelgigs.
Dafür stehen sie Ende Mai 2006 schon wieder mit der neuen Langrille in der Hand da. Auch "The Beauty And The Beer" gibt es ein Dutzend Songs auf die Ohren, zu denen man genau so gut Bier gurgeln wie headbangen kann. Obwohl die meisten Konzerte im Laufe des Jahres wieder eher Einzelgigs sind, kommen sie dabei doch ganz gut in Europa herum. Genauso verhält es sich auch 2007, doch ein Blick auf den Kalender macht auf einmal klar: Tankard gibt es schon seit 25 Jahren!
Das ist nicht nur ein Grund, ein paar weitere Biere zu köpfen, sondern auch einer, um ein besonderes Album einzuspielen. Unter dem Banner "Best Case Scenario: 25 Years In Beers" nehmen sie ein paar Songs ihrer ersten Scheiben neu auf und lassen für die Special Edition noch 18 befreundete Bands diverse Klassiker covern. Combos wie Abandoned, Manticora, Sacred Steel oder Courageous liefern ihre Versionen ab. Bevor das Album Ende August erscheint, spielen sie ihren Jubiläumsgig auf einem Boot und auf dem Summer Breeze 2007 in Dinkelsbühl.
Nach einer eher ruhigen Phase beginnen Tankard im Mai 2008 mit der Produktion des nächsten Studioalbums, die im September abgeschlossen ist. Wieder einmal zeigen sie sich von ihrer durstigen Seite und nennen die Scheibe konsequent "Thirst". Allerdings gibt es auf dem Album auch ernste Töne: Der Inzest-Fall von Amstetten ist ihnen durchaus einen tiefgründigen Song wert und auf dem zwei Jahre späteren Nachfolger "Vol(l)ume 14" greifen sie 2010 die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko in einem Song auf. Während Gerre sich den Mond zum Vorbild nimmt und regelmäßig deutliche zu- und abnimmt, liefern sie derweil konstant ihren kaltschalengeeigneten Thrash Metal in Form neuer Alben ab, darunter "A Girl Called Cerveza" (2012), "R.I.B." (2014) und "One Foot in the Grave" (2017).
2022 steht das 40-jährige Bandjubiläum der hessischen Thrasher an: Das 18. Studiowerk "Pavlov's Dawgs" erfüllt die Erwartungen problemlos.
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Bester Bier-Metal!