laut.de-Kritik
Angela und der Sexroboter.
Review von Mathias MöllerBerlins wohl noch punkigste Punkband ist größenwahnsinnig geworden. So viel steht fest. Nicht nur, dass sie bereits ihre zweite Best-Of rausbringen, nein, jetzt fordern sie ihre Anhänger auch noch ganz offen zum Lesen subversiver Texte auf. Kreuzberger Kultur-Apostel? Naja, ganz so schlimm ist es dann doch nicht. Die Platte ist eine Single- und B-Seiten-Sammlung, aber das Booklet hat es schon in sich.
Der gute Tuberkel, dessen Brötchengeber die werten Kollegen vom Punkpflichtmagazin Ox sind, zeichnet verantwortlich für den Schundroman "Schöne Scheisse", eine leicht krude, aber unterhaltsame Geschichte über die Terrorgruppe, den Journalisten Burg, und eine politische Verschwörung. Das Ende der Geschichte kann hier leider nicht verraten werden, ach, lest doch selbst. Der volle Roman liegt allerdings nur der ersten Auflage bei.
Durch die Geschichte in der hübschen Heimatroman-Verpackung rückt die beiliegende Platte erst mal ziemlich in den Hintergrund. Sollte sie aber nicht, sind hier doch - neben den Singles - ein Großteil der Stücke versammelt, die es von 1998-2004 aus verschiedenen Gründen nicht auf die Alben geschafft haben. Mühseliges Single-Sammeln kann man sich also sparen. "Schöne Scheisse" hat sie (fast) alle.
So sammeln sich hier bekanntere Songs wie die Hymne an die Vorsitzende einer Volkspartei "Angela", das kurze, aber sehr pointierte "All Comic Heroes Are Fascist Pigs (A.C.A.B.)" oder der bis jetzt wohl einzige "Hit" der Band, der Titelsong des Films "Oi Warning!", "Stay Away From The Good Guys". Ähnlich wie im dazugehörigen Buch lassen die Terrorgruppe auf "Schöne Scheisse" kaum eine sexuelle Ungewöhnlichkeit aus, "Pubertät" oder das unter dem Pseudonym Dog Summer veröffentlichte "Bananenrepublik" sind dann doch leicht geschmacklos.
Die Fixierung auf Sex und Geschlechtsteile zieht sich kreuz und quer (bei "Neulich Nacht" sogar queer) durch die Sammlung, darum gehts auch bei dem einzigen neuen Track, der Sexroboterfantasie "Fischertechnik". Das Punk-Urthema Politik wird da eher am Rande berührt, und sogar ein echtes "Scheisslied" findet sich auf "Schöne Scheisse". Macht ja auch Sinn.
Das Ganze schließt nach für Punkverhältnisse imposanten 77 1/2 Minuten mit der Coverversion von "Sunny". Trotz der mit 26 Stücken sehr komplett geratenen Rundschau über die letzten sechs Jahre dürfte "Schöne Scheisse" eher etwas für geschmacksresistente Terrorgruppen-Anhänger sein als für den Punkeinsteiger. Nicht, dass der am Ende noch verdorben wird.
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