laut.de-Biographie
The Chats
"That chap looks like a rat", ist noch eines der freundlicheren Statements, als The Chats mit "Smoko" im Jahr 2017 zum ersten Mal auf der großen Bühne Youtube auftreten - ihre EP "The Chats" von 2016 hatte vorher kaum jemand wahrgenommen. Sänger Eamon Sandwith samt seinem ikonischen Topfschnitt-Vokuhila ist im Video so unfassbar jung, aggressiv und gleichzeitig dank Sonnenbrille distanziert, dass es einem schlicht die Sprache verschlägt - woher nehmen die diese Chuzpe? Das fragen sich angesichts des Videos der Regisseuse Mattisse Langbein auch quasi alle "Coolen" des Musikbusiness - von Dave Grohl bis Josh Homme hagelt es Lob und Begeisterung.
The Chats sind ein weiterer Beleg dafür, dass eine schulische Bildung an katholischer Einrichtung ein verlässlicher Weg zur Distanzierung von christlich-konservativem Gedankengut ist. Josh Price, Eamon Sandwith, Treynane McCarthy und Matthew Boggis treffen sich in der Musikklasse des St Teresa's College in Noosa, Queensland, mitten in der beschaulichen Sunshine Coast der australischen Ostküste. Mehr Vorort geht selbst im globalen Vergleich kaum, und so bleibt den vier Australiern (nach McCarthys Abgang nur noch drei) kaum etwas anderes als die gepflegte Rebellion. Schon der Bandname weist die Richtung: "that's chat" sagt der Australier abfällig über ekelige Dinge.
Australien und Brisbane im Besonderen haben mit Bands wie den Cosmic Psychos und Vampire Lovers durchaus eine lange und stolze Punkgeschichte, die 2017 aufgelösten Royal Headache dürfen in dieser Auflistung natürlich nicht fehlen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die jungen Herren aus Australien einen reinen Punk suchen, der in seiner Rotzigkeit Ausflüge zu Pop, Alternative oder Metal vermeidet, wo er kann. Die Aussies bezeichnen ihren eigenen Sound als "shed rock" und beziehen sich u.a. auf die Lokalmatadoren King Gizzard & The Lizard Wizard- am Ende ist es Punk mit Mut zur Melodie.
Die Chats nutzen den Erfolg von "Smoko" und schieben 2017 "Get Ya!!" hinterher. Es folgt eine kleine schulisch bedingte Pause, bis sie 2019 einen Globaldeal mit Universal schließen und zeitgleich das eigene Label Bargain Bin Records gründen. So früh in der Karriere ein bemerkenswert eleganter Schritt, um kommerziellen Erfolg und DIY zu verbinden. Es folgen Auftritte im Vereinigten Königreich und eine nationale Tour durch Australien. "I Hope Scott's House Burns Down" greift den australischen Premierminister, dem einige eine Mitschuld an den Buschfeuern 2019-20 ankreiden, frontal an und stellt den ersten Ausflug der Chats in den Polit-Punk dar, der weitreichend wahrgenommen wird.
2020 folgt dann das Debüt "High Risk Behaviour", das kommerziell überzeugt und von der globalen Musikpresse wärmstens aufgenommen wird. 2021 bekommt es den AIR Award für das 'Best Independent Punk Album'. Kompromisse gehen The Chats auf dem stellenweise chaotischen, überbordenden und ekelhaften Album nicht ein.
Ende 2021 kommt es zu einer Zäsur in der Bandgeschichte: Gründungsmitglied und Gitarrist Josh Price wird gegen Josh Hardy ausgetauscht, aus unbekannten Gründen. Mit Hardy an den Saiten kommt mehr technische Finesse in den Sound, wie das 2022 veröffentlichte, harte und stringente "Get Fucked" zeigt.
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