laut.de-Kritik
Irish Folk trifft auf Indie, Pop und Rock'n'Roll.
Review von Andreas DittmannShane McGowan hat mittlerweile garantiert keine Zähne mehr, und die Dubliners müssen nach dem Tod von Banjo Spieler Barney McKenna am 5. April 2012 jetzt ohne Gründungsmitglieder auskommen. Währenddessen zerschmachten vier Grinsebacken mit langen weißen Kleidern irische Traditionals. Es steht also schlecht um die Musik von der grünen Insel. Welch Glück, dass es noch die zuverlässigen Chieftains gibt, die zu ihrem 50. Geburtstag keine dicke fette Best-Of-Box herausbringen, sondern einfach ein neues Album. Löblich.
Die vier alten Iren sind dafür bekannt, dass sie gerne und häufig mit anderen Musikern aus den unterschiedlichsten Stilrichtungen kooperieren, und so tummeln sich auch auf "Voice Of Ages" Indie-Folker, Americana-Haudegen und Volksmusik-Traditionalisten. Auf der illustren Gästeliste stehen Bon Iver, The Decemberists, The Low Anthem, The Civil Wars, Imelda May oder Paolo Nutini.
Ein ansehnlicher und unterschiedlicher Haufen, der dem Irish-Folk von Song zu Song eine neue Note verpasst. Klar, der Grundstock aus Bodhrán, Fiddle und Pipes bleibt natürlich - große Genre-Sprünge kann man damit nicht machen - aber Tracks wie "Carolina Rua" mit Imelda May zeigen, dass dem Folk auch eine pomadige Haar-Tolle stehen würde, so cool und lässig groovt und swingt der Song. Mit "Lundu" bringt Carlos Nunez den Folk sogar auf den Dancefloor.
Bon Iver und Lisa Hannigan lassen es eher ruhig und entspannt angehen, während The Civil Wars ("Lily Love") und The Decemberists ("When The Ship Comes In") mit ihren Gitarren-dominierten Songs im Pub-Flair schwelgen. "Peggy Gordon" mit den Secret Sisters zeigt den ollen Celtic Women, wie man mehrstimmigen Frauengesang nicht im puren Kitsch ersaufen lässt.
Durch die vielen mitwirkenden Künstler fehlt ein roter Faden, die Platte wirkt mehr wie ein Sampler als wie ein richtiges Album. Das ist am Ende aber auch schon egal, denn "Voices Of Ages" ist äußerst liebevoll gestaltet, auch wenn richtige Höhepunkte fehlen. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag liebe Chieftains.
2 Kommentare
Wunderschönes Album!
Habe mir gerade "Down in the Willow Garden" (mit Bon Iver) angehört und habe noch feuchte Augen *seufz*
Ich mag die Typen, aber hier wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie doch langsam alt werden - irgendwie fehlt der drive, der sie und ihre Mucke geradezu natürlicherweise (fast) immer auszeichnete...